Welcher Liebhaber harter Musik kennt ihn nicht, den Irokesen-Totenschädel, das legendäre Markenzeichen der schottischen Hardcore Punk-Band The Exploited?! Seit mittlerweile 30 Jahren (die Band wurde 1980 in Edinburgh gegründet) steht dieses Symbol für eine der kompromisslosesten und härtesten Punk Rock-Bands der Welt, die seit etlichen Jahren nur noch von Frontsau Wattie Buchan (bürgerlich: Walter David Buchan) zusammengehalten wird, dem einzigen noch verbliebenen Originalmitglied.
Acht Studioalben hat diese Truppe bis heute veröffentlicht, von denen "Beat The Bastards" sicherlich das kommerziell erfolgreichste darstellt. Erschienen 1996, kam es zu einer Zeit auf den Markt, da die Punkszene von kalifornischen und schwedischen Skate Punk-Gruppen dominiert wurde und vom alten, nihilistischen Spirit der zweiten UK-Punkwelle der Achtziger kaum noch etwas übrig war. Der Wutbrocken "Beat The Bastards" war somit eine willkommene Frischzellenkur für alle ausgehungerten Fans und wurde von diesen somit wohlwollend aufgenommen - für The Exploited läutete er endgültig den zweiten Frühling ein, der sich auf dem Vorgängerwerk "The Massacre" (1990) bereits angekündigt hatte.
Wie viele meiner Altersgenossen lernte ich The Exploited genau mit dem Erscheinen von "Beat The Bastards" richtig kennen, auch wenn mir der markante Mohawk-Schädel schon einige Zeit vorher ins Auge gestochen war. Diese Scheibe war für mich damals das allerhärteste Stück Musik, das man sich überhaupt vorstellen konnte: Nach dem düsteren, verstörenden Intro, das in ein gemeines, zähneknirschendes »Who the fuck are you?« mündet, steigt die Band unmittelbar und ohne weitere Vorwarnung in den Titeltrack ein, der einem die simpel-prägnanten, knallharten Riffs unablässig um die Ohren haut und von der oberamtlichen Produktion Colin Richardsons gnadenlos durch die Lautsprechermembranen gedrückt wird. Der Song "Beat The Bastards" ist ein unglaublich passender Opener, dem aber weitere zwölf Granaten folgen.
Auf dieser Silberscheibe werden Hardcore Punk und Thrash Metal auf geniale Art und Weise vermischt und zu einem ohrenbetäubenden Klanggewand gemacht, das jedem Fan brachialer Gitarrenmusik die Tränen in die Augen treibt. Somit ist es nicht verwunderlich, dass The Exploited auch in Hartwurst-Kreisen anerkannt sind und geschätzt werden, denn die schnellen, bissigen Gitarrensoli tragen ihren Teil zur allgegenwärtigen Metal-Schlagseite bei. Größtenteils hauen uns Wattie und Band auf diesem Langeisen eine Auswahl superschneller Songs um die Ohren, die es verdammt noch mal in sich haben - kompromisslose, aggressive Titel wie "Law For The Rich", "System Fucked Up", "They Lie" oder "Fightback" machen unmissverständlich klar, wohin die Reise geht: Das hier ist alte Punk Rock-Kunst und somit natürlich 'very British'.
Wattie Buchan kotzt sich auch auf diesem Album sehr deutlich über die Missstände dieser Welt aus, und seine Texte haben, so einfach und stumpf sie auch sein mögen, 14 Jahre nach der Veröffentlichung von "Beat The Bastards" nichts von ihrer Relevanz verloren, sondern sind aktuell wie nie. Themen wie Korruption, Machtmissbrauch und Trostlosigkeit in der Konsumgesellschaft reihen sich hier aneinander. Einen Kreativitätspreis wird der Sänger für seine anklagenden Lyrics zwar niemals erhalten, trifft damit jedoch immer punktgenau den Nerv.
Bitterböse und voller Energie drischt die Punk-Ikone bellend auf alles und jeden ein, allen voran natürlich die britische Konservative: Eine Textzeile wie »There's a law for the rich/ A law for everyone like you and me« (aus "Law For The Rich") hat dabei angesichts von internationaler Bankenkrise und Manager-Raffgier gerade zurzeit besondere Brisanz und Brillanz; und als hätte Wattie die heute allgegenwärtige Überwachung durch den Staat vorausgesehen, textet er schon 1996: »Do you live in a TV nation/ Cameras focused on street situations/ Walk the streets they see what you do/ Police TV following you« (aus "Police TV").
Darüber hinaus wird in "Massacre Of Innocents" der damals brandaktuelle Bosnienkrieg thematisiert (»A single bloody act of terror/ Shattered war torn Sarajevo tonight/ Claimed the life of innocent children«), "Affected By Them" prangert die totale Abstumpfung von Teenagern durch die allgegenwärtige Mediengewalt an (»It's sad to say that children/ No longer scared of dead bodies/ Pass corpses every day/ No longer affected by them«), während "15 Years" eine knallharte Abrechnung mit der Regierung Margaret Thatchers ist (»Back in the city/ Got something to say/ Kick out the Tories/ Send them on their way«). Das treibende "Don't Blame Me" muss übrigens, gerade auch wegen seiner charakteristischen Bass-Figur und dem ausgefeilten Outro, als kompositorisches Meisterwerk unter den hier versammelten Songs angesehen werden.
Zwischen den Songs tauchen dann und wann übrigens sehr treffende Samples aus Filmen auf, z.B. aus Stanley Kubricks "A Clockwork Orange", die unglaublich gut zum düster-aggressiven Gesamtbild dieses Albums passen und beitragen.
Fazit: Für Spätgeborene sollte "Beat The Bastards" die ultimative Einstiegsdroge in die wütende Welt von Wattie Buchan und seinen Exploited sein, und alteingesessene Punk Rock-Recken kommen hier sowieso voll auf ihre Kosten - "Beat The Bastards" ist die Blaupause in Sachen Aggression und eine schallende Ohrfeige, ja, ein Schlag in die Magengrube aller Pop Punk-Freunde, denen hier auf 50 Minuten sehr deutlich gezeigt wird, wo der Hammer hängt. Dieses Album ist durch seine Kompromisslosigkeit und Brutalität der Inbegriff eines giftig-bitteren Stückes Musik und sicherlich eines der fiesesten Werke der neunziger Jahre überhaupt.
Line-up:
Wullie Buchan (drums)
Jim Gray (bass)
Jamie Buchan (guitar)
Wattie Buchan (vocals)
Tracklist |
01:Beat The Bastards (4:21)
02:Affected By Them (3:04)
03:Don't Blame Me (5:01)
04:Law For The Rich (3:20)
05:System Fucked Up (2:48)
06:They Lie (2:45)
07:If You're Sad (5:20)
08:Fightback (3:25)
09:Massacre Of Innocents (4:01)
10:Police TV (3:45)
11:Sea Of Blood (3:57)
12:15 Years (3:05)
13:Serial Killer (6:46)
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