Ned Evett / Middle Of The Middle
Middle Of The Middle Spielzeit: 48:14
Medium: CD
Label: Empty Beach Records, 2007
Stil: Rock

Review vom 26.06.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Irgendwann, so vor fünfzehn Jahren, hatte Ned Evett wohl die Schnauze voll, griff zur Zange und rupfte alle Bünde aus dem Griffbrett seiner Fender Stratocaster-Billig-Ausgabe.
Dann stand wohl eine Übungsphase an und mittlerweile ist er so etwas wie ein Meister auf der bundlosen Gitarre. Er entwickelte diese Art von Instrument so weit, dass es nun Exemplare mit Glashals gibt.
Die bundlose Gitarre ist sein Kind und John Frusciante von den Red Hot Chili Peppers besitzt ebenfalls eine solche Gitarre.
In Nashville geboren hat er mit dem Country nichts am Hut. Vielmehr legt er den Fokus mehr auf den Rock. Mit seiner Musik ist er auch so etwas wie ein Exot. Kaum einzuordnen und sehr vielfältig. Zuweilen macht er auch nicht davor Halt, in poppige Gefilde abzudriften.
Nach dem ersten Durchhören sitze ich vor den Speakern und komme zu dem Ergebnis, der CD erst einmal eine Ruhepause zu gönnen.
Einige Tage später wird "Middle Of The Middle" dann eine weitere Chance gegeben und jetzt zündet das Ding an manchen Sellen. Obendrein wird klar, dass er, besonders durch die Titel "Criss Cross Applesauce" und "Get Back To England" ein Fan der britischen XTC sein muss.
Natürlich steht Evett musikalisch auf eigenen Beinen, allerdings streift das Album hier und da XTC-Bereiche.
So z.B. im Opener "Faded Away", der richtig gut rockt und gegen Ende lässt der Gitarrist, als würde er mit drei seiner Instrumente spielen, ein kleines Unwetter los. Den Track eröffnet er mit einer akustischen Gitarre, die allerdings recht schnell von der E-Gitarre überlagert wird.
Ja, tolle Refrains mit Haftungsfunktion sind auch eine Spezialität von ihm.
Reales Schlagzeug gibt es nicht in jedem Stück. Zum Teil sind die Drums künstlich erzeugt und ersetzen in Gänze die Trommeln und Becken oder es gibt in Songs auch einen Mix aus beidem.
Durch die fehlenden Bünde soll ein Slide-Effekt erzeugt werden. OK, zuweilen ist das in unterschiedlichen Nummern, z.B. in "Soul Inside" zu hören, allerdings ersetzen die fehlenden Metallbegrenzungen am Gitarrenhals nicht das Bottleneck. Eine mit Metallröhrchen gespielte Gitarre hat einen eindeutigen Klang.
Sporadisch übertreibt er es mit dem poppigen Elementen. So ist "Do You Remember Your Life" mit artifiziellen Drums ein glatter Durchhänger. Ned ist eben manchmal zu nett.
»I'm a big star in my home town…«, so singt der Protagonist im Titelsong "Middle Of The Middle". Dieses Stück vertritt die romantische Seite eines Evett. Balladesk ruhig gehalten, offenbart er hier seine beeindruckenden Fähigkeiten als Sänger, der auch die hohen Tonlagen problemlos beherrscht.
"Every Ten" ist ein abwechslungsreich arrangierter Song mit einigen Tempi-Wechseln und Evetts 6-Saiter klingt hier ab und an so, als würde das Aufnahme-Band rückwärts abgespielt werden.
Umbau-technisch hat er sich zwischenzeitlich auch eine Dobro vorgenommen. Klingt nicht schlecht in "What's Become Of You", ist aber summa summarum nicht die Mitte der Mitte.
Mit dem folgenden Song, "Living Machine" kann der Evett-Musik-Kosmos nicht deutlicher werden. Nach dem entspannten Vorgänger rockt er jetzt die vier Wände…
Wer in einigen Stücken für die Keyboards zuständig ist, ließ sich leider nicht ergründen. Oder zaubert der Evett diese Sounds auch mit seiner Gitarren-Schöpfung?
"Shine Like A Diamond On Me": Geht da noch mehr an Klangvielfalt, weil deutliche Streicher-Elemente aufgefahren werden?
Den Mix aus langsamen und schnellen Parts serviert er im abschließenden "Curse Is On You". Sich überlagerende Gitarren, wie ein Schichtsalat, zum Teil mit metallischer Auslegung, konkurrieren mit einem Piano, das ein wenig an Joe Jackson erinnert.
Auf "Middle Of The Middle" punktet Ned Evett klar mit seiner rockigen Seite und so springe ich bei dem gesamten Album vor Begeisterung nicht gerade aus der Hose.
Ein gutes Album ist es schon und ohne Bünde pendelt sich die Platte bei
6-7 von 10 RockTimes-Uhren ein.
Line-up:
Ned Evett (fretless guitar, vocals)
Richard Aguirre (bass)
Bret Porter (drums)
Todd Chavez (drums)
Jeff Campitelli (drums)
Tracklist
01:Faded Away (4:51)
02:Fear (3:35)
03:Through It (3:19)
04:Do You Remember Your Life (3:18)
05:Soul Inside (3:30)
06:Middle Of The Middle (4:15)
07:Criss Cross Applesauce (3:34)
08:Every Ten (3:21)
09:What's Become Of You (3:37)
10:Living Machine (2:51)
11:Get Back To England (3:28)
12:Shine Like A Diamond On Me (4:03)
13:Curse Is On You (4:27)
Video:
Shine Like A Diamond On Me
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