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Sleepy John Estes / On 80 Highway
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"On 80 Highway": Wir schreiben das Jahr 1974 und Sleepy John Estes sowie sein Kumpel Hammie Nixon (harp, kazoo, vocals) stehen kurz vor ihrer ersten Reise nach Japan. Nur der Blueser
B.B. King tourte vor ihnen im 'Land der aufgehenden Sonne'. Am 19.07. war das Chicagoer Sound Studio Ort der Zusammenkunft und die knappe Stunde Country Blues wurde live eingespielt.
Zwei Musiker, gut gelaunt und locker aufspielend bringen bestens bekannte Songs zu Gehör. Das gesamte Album erinnert an die zigfach geschilderte Situation, dass Blueser auf der Veranda vor dem Haus sitzen und, sich gegenseitig inspirierend, einfach Songs spielen, die ihnen so in den Kopf kommen. Menschen, die vorbeigehen, bleiben stehen und hören zu. Genau diese Szene läuft im Kopf, wenn man diese Platte hört. Höchst authentisch ist nicht nur die Musik, sondern sind auch die beiden 'Talks' ziemlich am Anfang beziehungsweise Ende des Silberlings. So bekommt man das Gefühl bei einem Konzert der beiden Protagonisten in der ersten Reihe zu sitzen. Alles hat den Wirkungsgrad der Spontanität und das Buch, in dem die fünfzehn Songs stehen könnten ist geprägt von jeder Menge Eselsohren und Gebrauchsspuren.
Der Gospel "When The Saints Go Marching In" ist unglaublich spartanisch und voller Melancholie. Nixon spielt seine traurige Harp und nicht nur hier singen die Beiden zusammen. Für "Corinna Corinna" wechselt er zur Kazoo und beider Gesang ist fein Kanal-getrennt. Bei manchen Tonfolgen, die Nixon auf dem Kazoo fabriziert, hat er durchaus den Schalk im Nacken und man kann sich eines Lächelns nicht erwehren. Auf die Spitze treibt er es in "I'll Be Glad When You're Dead". Intonieren beide Männer den Text, kann man nicht unbedingt von einem perfekten Duett sprechen, denn sowohl Estes als auch Nixon bleiben in ihrem ganz persönlichen Feeling für die Taktung. Da darf der eine auch ruhig mal einen Ton länger halten als der andere. Das Nixon-Kazoo-Solo ist vor Individualität fast nicht zu toppen, denn er 'singt' auch noch durch die Pergament-Membran.
Bei dem Duo Estes/Nixon fällt einem natürlich ein anderes Doppel aus diesem Genre ein:
Sonny Terry & Brownie McGhee. Allerdings sind Sleepy sowie Hammie noch ein ganzes Stück bodenständiger. Mit seiner Gitarre kann Sleepy auch richtig klasse grooven und andererseits frech rhythmisieren. Allen Songs liegt eine unglaubliche Leidenschaft zugrunde und eine Nummer wie "Do Lord Remember Me" ist mit einer hingebungsvollen Passion gespielt worden. Da lassen sich irgendwelche im Studio anwesende Leute glatt zum Rhythmus-Klatschen hinreißen und auch das gerät in sympathischer Weise aus den Fugen. Die beiden eigenen Stücke "Mary Come On Home" sowie "Brownsville Blues" gehen Tempo-mäßig in höhere Gänge und es ist verständlich, dass letzterer Song besonders ambitioniert vorgetragen wird, lebte er doch in diesem Ort.
Etwas schlüpfrig darf es dann auch sein: "Potatoe Diggin' Man". Hier ist Estes' Gesang mal nicht von seinem 'Gemurmel' geprägt. Seine Stimme lässt sich zwischen der von Big Joe Williams sowie Bukka White einordnen. Zugegeben, es ist schon schwierig, den beiden Konversations-Nummern zu folgen. Aber diese kleine Einschränkung in Form von zwei Minuten soll die Klasse von "On 80 Highway" nicht beschneiden.
Klar ist auch, dass diese Platte wahrscheinlich nur einen kleinen Hörer-Kreis interessieren wird. Die allerdings bekommen in Sachen rustikal und live, ohne Publikum eingespielten Country Blues ein erheblich gut geschnürtes Packet in die Hände. Der Klang des Albums ist entsprechend schön analog und so spartanisch wie die Musik ist auch das Booklet. Auf der inneren Doppelseite sind die Linernotes des Delmark-Label-Chefs Bob Koester zu lesen.
Diese Platte ist auch nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit zu hören.
Für die "On 80 Highway"-Performance der beiden gestandenen Blueser sollte man sich nichts anderes vornehmen. Vielleicht noch ein Getränk in Reichweite und dann das Album genießen.
Line-up:
Sleepy John Estes (acoustic guitar, vocals) Hammie Nixon (harmonica, kazoo, vocals)
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