Spielzeit: 66:38 (CD 1), 73:17 (CD 2) Medium: Do-CD Label: Warner Music Group/Rhino, 2007 (1966 - 1973) Stil: Soul/R&B Review vom 20.10.2007 Joachim 'Joe' Brookes

Jerry Wexler, der berühmte Produzent, hat ganz tief ins Archiv gegriffen und mit 35 Songs die Anfangsjahre (1966 - 1973) der Soul-Queen bei Atlantic Records dokumentiert. Die Zusammenarbeit mit dem Label währte insgesamt 13 Jahre.
Größtenteils handelt es sich um unveröffentlichte Outtakes oder Demos aus den Sessions zu acht Alben.

Den Auftakt macht ihre erste Atlantic-Single "I Never Loved A Man (The Way I Love You)" in einer Demo-Version. Die Platte verkaufte sich damals binnen weniger Wochen millionenfach. Deutlich im Vordergrund, natürlich neben der brillanten Stimme der Franklin, steht bei dem Track das Piano. Beeindruckend, welch ein Feeling die Sängerin versprüht.
Zwei weitere Demos setzen den Streifzug durch ihr einmaliges Song-Material fort. "Dr. Feelgood (Love Is A Serious Business)" ist Herzschmerz pur und das fünfminütige "Sweet Bitter Love" bildet die erste beeindruckende Ballade auf CD 1. Da braucht es nicht viel an Begleitung. Das Piano reicht völlig.

Es folgen vier Outtakes ihres 1967 erschienenen Albums "Aretha Arrives" und auch in großer Besetzung, mit sehr gelungener Bläserabteilung kommen die Songs herrlich rüber. In "The Letter" erklingt ein famoser Frauenchor und dieser Slow-Song macht Appetit auf mehr.
Das Aretha Franklin mit Leichtigkeit Fremdkompositionen zu ihrem Eigen machen kann, beweist sie mit der Version des Beatles-Songs "The Fool On The Hill", der eine deutliche R&B-Breitseite verpasst bekommt. Man höre sich nur das geschickt arrangierte Tamburin in der Nummer an. Im letzten Teil wird die Gitarre mit spanischem Flair gespielt und die Pianoläufe sind gelungen.

Mit "My Way" hat Wexler ein echtes Highlight gefunden. Ja, richtig, es ist der Sinatra-Klassiker, den die Sängerin grandios interpretiert.
Studio-Atmosphäre kann man auf dem Album satt spüren. So z.B. in "You're All I Need" mit seinen beiden Takes und definitiv ist davon auszugehen, dass die Nummern live im Studio eingespielt wurden.
Kaum zu glauben, mit "My Cup Runneth Over" findet sich ein Tom Jones-Song auf dem Album. Nicht im Entferntesten hätte man das bei diesem groovigen Track vermuten können.
Die erste CD schließt mit "Lean On Me", einer raren Single B-Seite. Hier wird ein rockiges Schlagzeug gespielt und abermals hören wir einen gigantischen Chor. Auch "Pleding My Love" ist einen seltene B-Seite.

CD 2 wird mit einem höllisch funkigen "Rock Steady", übrigens von der Protagonistin geschrieben, eröffnet und stellt einen echten Kontrast zum folgenden "I Need A Strong Man" dar, das von einer Wah Wah-Gitarre angetrieben wird und herrliche Breaks beinhaltet. Den Reigen der Outtakes vom "Young, Gifted And Black"-Album (1972) beendet "Heavenly Father" in bester Gospel-Manier.

Dann gibt es eine ganze Phalanx von Songs, acht an der Zahl, aus dem "Hey Now Hey (The Other Side Of The Sky)"-Album (1973), das von Quincy Jones produziert wurde.
Auch "Sweetest Mile And The Funkiest Style" ist starker Funk, wohingegen "This Is" schon in eine seichte poppige Richtung schaut. Ähnlich ergeht es dem Hörer mit "Tree Of Life". Der Chor wirkt jetzt zuckersüß und obwohl sich die Dynamik des Songs stetig steigert, ist da letztlich nur Franklins Stimme, die die Kohlen aus dem Feuer holt. "Do You Know" ist wieder etwas Versöhnliches für die Ohren, denn es kommt der pure Blues aus den Boxen. Besonders hervorzuheben ist das kurze a capella-Ende der drei Minuten. In "Can You Love Again" hört man nach vielen Tracks mit Pianobegleitung dann Keyboards, gespielt von Spooner Oldham. Perfekt eingefangene Bar-Atmosphäre liefert "I Want To Be With You" mit Keyboards und Piano. Applaus, Frau Frankin! Auch Leonard Cohens "Suzanne" drückt die Vokalmeisterin ihren Stempel auf, in dem sie den Track kräftig rhythmisiert und einen Gospel-Touch gibt. In einer alternativen Version lauschen wir dem verträumt groovenden "That's The Way I Feel About Cha". Die Keyboard-Linien perlen wie Tau von den Blättern und bieten einen perfekten Background fürs Klavier.

"Ain't But The One" ist ein Duett mit Ray Charles. Muss man hier noch Worte verlieren? Nein, einfach nur hören.

Mit vier Liedern aus den Aufnahme-Sessions zum "Let Me In Your Life"-Album nähern wir uns so langsam dem Ende einer tollen Doppel-CD. Streicher komplettieren jetzt den Sound und das ist nicht gerade my cup of tea.
Nur Franklin und das Piano beenden mit "Are You Leaving Me" dann endgültig einen Doppeldecker, der sich als sehr gelungen präsentiert.

Als Fan der Pianistin und Sängerin kann man bei "Rare & Unreleased Recordings…" getrost zugreifen, weil sich so einige Sahneteilchen in der Sammlung befinden und Jerry Wexler eine gute Auswahl getroffen hat. Dafür gibt es 7 von 10 RockTimes-Uhren.