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Bryan Ferry / The Bête Noire Tour
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Es passiert nicht alle Tage, dass von Bryan Ferry ein Konzertmitschnitt auf DVD erscheint. Denn abgesehen von "Live In Paris" (2000) und "Dylanesque Live: The London Sessions" (2007) sind bislang keine Live-Konzerte des einstigen Roxy Music-Frontmanns für das heimische Wohnzimmer erhältlich.
Mit diesem Missstand wurde nun endlich aufgeräumt, erschien doch im November 2008 unter dem Titel "The Bête Noire Tour" die aktuelle DVD des stimmgewaltigen und stylischen Anzugträgers. Dieser Silberling sollte allen Anhängern vorweihnachtliche Glücksgefühle bescheren, ist er doch mit massenhaft Live-Material sehr ordentlich gefüllt worden. Genau genommen handelt es sich dabei um mehrere, ausgewählte Mitschnitte aus den späten 1980er Jahren, sowie um ein komplettes Deutschland-Konzert von Anfang des neuen Millenniums.
Dabei wird schon die "Bête Noire"-Betitelung alteingesessenen Fans das Wasser in die Augen treiben und die Erwartungshaltungen deutlich hochschrauben. Der Hauptteil dieser DVD hält nämlich einen ursprünglich im Jahre 1989 unter dem Titel "New Town" veröffentlichten Konzertfilm bereit. Mitgeschnitten wurde - wer hätte es gedacht - natürlich bei den damaligen "Bête Noire"-Konzerten in Europa, deren Setlist neben Songs des damals aktuellen Werks ("Limbo", "New Town" und "Kiss And Tell"; 1987) vor allem Material des Vorgängers "Boys And Girls" (1985) enthielt ("The Chosen One", "Slave To Love", "Don't Stop The Dance", "A Waste Land", "Windswept" sowie den Titeltrack). Ergänzt um einige Roxy Music-Klassiker, ergibt das Ganze einen guten Überblick über die damalige Schaffensphase Bryan Ferrys.
Obwohl die Songs an verschiedenen Orten aufgenommen wurden (größtenteils in Deutschland und Frankreich), kommt es dem Zuschauer so vor, als handele es sich dabei um ein komplettes Konzert. Denn alles wirkt wie aus einem Guss, als wären die Titel direkt in dieser Reihenfolge bei einem einzigen Auftritt der damaligen Tour gespielt worden. Lediglich anhand der kurzen Städte-Impressionen in schwarzweiß, die hier und da zwischen den Nummern auftauchen, kann man Unterteilungen erahnen.
Was die Performance von Ferry und seinen neun Begleitmusikern angeht, so ist festzuhalten, dass sie die Musik für sich sprechen lassen. Es gibt weder nennenswertes Stageacting noch großartige Interaktionen mit dem Publikum. Dennoch kann man Ferry, der natürlich klassisch in 'suit and tie' auftritt, den Spaß an der Sache stellenweise sehr deutlich ansehen. Auffällig sind außerdem die beiden Gitarristen: Während der Stil Jeff Thalls darauf schließen lässt, dass er vielleicht lieber Metal-Musiker wäre, ist Neil Hubbard für die sphärischen Soli mit langgezogenen Tönen und viel Tiefgang zuständig.
Allgemein ist zu diesem Hauptteil noch zu sagen, dass er von ziemlich düsteren, vielleicht manchmal etwas blassen Bildern dominiert wird. Viel Farbgebung findet man zumindest nicht auf der Bühne, aber das war anscheinend auch nicht das Konzept von "Bête Noire". Positiv hervorzuheben ist die Aufnahme an sich, die komplett auf hektische, zackige Schnitte verzichtet, wie man sie heutzutage leider zur Genüge vorfindet.
Was ich als 'oberflächlicher Ferry-Hörer' etwas bemängele, ist die Songauswahl, denn wie eingangs schon erwähnt, bekommt man hier hauptsächlich Material von "Boys And Girls" sowie "Bête Noire" zu sehen und muss daher auf viele Klassiker verzichten. Allerdings war ein Best-Of-Programm sicher auch nicht die Intention des ursprünglich vor 19 Jahren erschienenen Filmes. Hier werden somit eher beinharte Fans bedient als Gelegenheitshörer zufriedengestellt.
Daher kommt mir der zweite Teil dieser DVD deutlich mehr zugute. Mitgeschnitten wurde am 31. August 2002 auf dem "Könixxtreffen" in München, anlässlich des 20. Labelgeburtstages von Virgin - Bryan Ferry hatte damals gerade sein Album "Frantic" (2002) veröffentlicht und präsentiert neben zwei Nummern davon (den beiden Dylan-Verneigungen "It's All Over Now, Baby Blue" und "Don't Think Twice, It's Alright") einen guten Querschnitt seiner Karriere inklusive vieler Hits. So gehört sich das auf einer Feier.
Ein bestens aufgelegter Frontmann (wieder im Anzug, natürlich) und seine Band (darunter die langjährigen Weggefährten Chris Spedding (Gitarre) und Paul Thompson (Schlagzeug)) rocken den bayerischen Sommerabend auf einer farbenfroh illuminierten Bühne - somit steht dieser Auftritt also auch rein optisch gesehen im krassen Kontrast zum "Bête Noire"-Mitschnitt.
Als Höhepunkt muss das leichtfüßige, direkt ins Ohr gehende "It's All Over Now, Baby Blue" genannt werden, zu dem Ferry das Harp-Solo beisteuert. Außerdem "My Only Love", bei dem sich der Frontmann selbst am Flügel begleitet und das zudem durch ein überaus gefühlvolles Gitarrensolo besticht. Darüber hinaus gibt es ein ausschweifendes Bottleneck-Solo bei "Both Ends Burning" und ein hochemotionales, balladeskes "Don't Think Twice, It's Alright", bei dem der Sänger zum Solo abermals die Bluesharp an die Lippen setzt.
Dass alle Klassiker ganz automatisch zu den Glanzmomenten zählen, muss ich hier eigentlich nicht gesondert erwähnen. Das Publikum nimmt sie dankend an und lässt sich zu Spontanreaktionen hinreißen, wie beispielsweise beim äußerst tanzbaren "Let's Stick Together", wo die Menge ausgelassen mitklatscht. Minutenlange Begeisterungsstürme zum Ende der Show machen dann auch dem letzten Zweifler klar, dass ein Bryan Ferry auch nach drei Jahrzehnten Musikkarriere noch lange nicht an Relevanz verloren hat. Zeitloses Liedgut à la "Oh Yeah! (On The Radio)", "Virginia Plain" oder "Love Is The Drug" ist jedenfalls Beweis genug dafür.
Fazit: Bryan Ferrys neueste DVD "The Bête Noire Tour" ist eine runde Sache. Hier haben sich die Verantwortlichen wirklich Gedanken gemacht und dabei netterweise die verschiedenen Hörerschaften bedacht. Denn während der Hauptteil eher eine Momentaufnahme darstellt, kann man den zweiten Part gut als schönen Karriereüberblick werten. Somit kommen hier also sowohl alte Fans als auch Gelegenheitshörer auf ihre Kosten.
Line-up:
(Bête Noire Tour): Neil Hubbard (guitar) Andy Newmark (drums) Luico Hopper (bass) Clifford Carter (keyboards) Steve Scales (percussion) Jeff Thall (guitar) Michelle Cobbs (background vocals) Ednah Holt (background vocals) Yanick Etienne (background vocals)
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