Chris Farlowe
Live In Concert 2006, 9. April 2006
KUBA-Halle Wolfenbüttel
KUBA-Halle
Chris FarloweEndlich klappte es mal. Schon einige Male gastierte mit Chris Farlowe einer der größten Blues- und Soulsänger der letzten Jahrzehnte in meinem persönlichen Einzugbereich, doch immer wieder kam mir irgend etwas dazwischen, und ich musste ständig passen.
Chris FarloweDoch heute war alles anders. Zugegeben, ein Konzert am Sonntag ist nicht unbedingt der günstigste Termin, doch für einen musikbesessenen RockTimes-Redakteur natürlich kein Hindernis. Ort des Geschehens war die Wolfenbütteler 'KUBA-Halle', ein Club, der in unregelmäßigen Abständen immer wieder sehr interessante Bands auf die Bühne holt. Da hier auch noch sehr viele andere Aktivitäten wie Kabarett und diverse Kleinkunstsachen zum Tragen kommen, herrscht ein etwas anderes, intimeres Klima vor, als in anderen reinen Musik-Lokalitäten. Der Saal ist fast vollständig mit kleinen Tischen und Stühlen bestückt, und die Bühne befindet sich etwa in gleicher Höhe mit den Zuschauerplätzen. Kurzum ein idealer Ort für Konzerte, bei denen nicht wildes Bangen sondern konzentriertes Zuhören angesagt ist.
Chris FarloweUnd genau dafür ist ein Mann wie Chris Farlowe ja geradezu prädestiniert. Seit etlichen Jahren lässt der Shouter sich nun schon von der Norman Beaker Band begleiten, die für ihn die ideale Ergänzung sowohl auf der Bühne, als auch im Studio bilden. Die Band ist perfekt aufeinander eingespielt und kann somit ohne Schwierigkeiten einen Mann wie Chris Farlowe richtig in Szene setzen. Ohne jegliche übertriebene Showeffekte sorgen Namensgeber Norman Beaker an der Gitarre, Bassist John Price, Paul Burgess an den Drums, Keyboarder Dave Baldwin sowie Saxofonist Lenny für eine solide Grundlage für diesen starken Sänger.
Chris FarloweKurz nach 21.00 Uhr ist es dann soweit. Das zweiteilige Konzert beginnt zunächst ohne die eigentliche Hauptperson. Dabei stellt sich heraus, dass der kleine Gitarrist aus Manchester auch über eine richtig gute Stimme verfügt, mit der er sich nicht verstecken muss. Sofort stellt sich das richtige Bluesfeeling in der recht gut gefüllten Halle ein. Nach dem einleitenden Song betritt Chris Farlowe unter großem Applaus des Publikums die Bühne. Inzwischen 65 Jahre alt, wirkt er körperlich natürlich nicht mehr so ganz fit. Augenscheinlich ist er nicht wirklich gut zu Fuß und bewegt sich deshalb recht vorsichtig vor seinem Mikrofonständer.
Chris FarloweDoch kaum kommen die ersten Töne seiner Stimme aus den Boxen, herrscht Faszination pur bei allen anwesenden Chris Farlowe-Fans. Diese typische Röhre hat nur dieser Mann, und daran hat sich auch nach fast vierzig Jahren on stage nichts geändert. Im ersten Teil des Konzertes gibt es einen Querschnitt durch die gerade erschienene Live-CD Hungary For The Blues und somit einen Wechsel zwischen ruhigen, gefühlsbetonten Balladen und erdigen Bluessongs auf die Ohren. Sichtlich gut drauf sorgte Farlowe zwischen den Titeln durch seine unnachahmlichen Ansagen in einer herrlichen Mischung aus deutschen und englischen Wortspielereien immer wieder für Heiterkeit auf den Rängen. Höhepunkt des ersten Sets war dann der "Stormy Monday Blues" aus seligen Colosseum-Tagen. Und auch dieses Stück bewältigte Chris Farlowe mit Bravour.
Chris FarloweAuch den zweiten Teil des Gigs begann die Norman Beaker Band wieder solo, und nach dem Erscheinen des Meisters waren nun die älteren Stücke aus der langen Solokarriere des britischen Sängers zu hören. Natürlich kam dabei sein größter kommerzieller Erfolg "Out Of Time", geschrieben von Mick Jagger, am Besten an. Ich persönlich möchte aus diesem Konzert aber den Small Faces-Klassiker "All Or Nothing" aus der Feder des unvergessenen Steve Marriott hervorheben, der ideal zur Stimme von Chris Farlowe passt. Ganz stark auch die Zwiesprache zwischen Voice und Gitarre, schon lange ein Markenzeichen Farlowes und hier perfekt von Norman Beaker unterstützt.
Chris Farlowe Nach etwa 100 Minuten verabschiedeten sich die Musiker von ihren Fans und ließen ein gut aufgelegtes Publikum zurück, das ein schönes und entspanntes Konzert miterlebt hatte und nun Chris Farlowe freundlich und dankbar verabschiedete, nachdem er zum Schluss a capella noch einmal seine große Stimme aufblitzen ließ.
So ging für mich ein ganz besonderer Abend zu Ende.
Nachdem ich 1971 Colosseum auf dem Höhepunkt ihrer Karriere live erleben durfte, folgte dann etwas später ein Konzert mit Atomic Rooster und Chris Farlowe am Mikrofon.
1994 war ich bei der Colosseum-Reunion-Tour dabei, und nun dieser Auftritt mit der Norman Beaker Band. So hat sich der Kreislauf geschlossen, und ich habe Chris Farlowe bei jeder Etappe seiner langen Musikkarriere einmal live gesehen.
Und es muss nicht das letzte Mal gewesen sein!
Bilder vom Konzert
Chris Farlowe      Chris Farlowe


Chris Farlowe - Live In Concert 2006, 9. April 2006, KUBA-Halle Wolfenbüttel
Jürgen Bauerochse, 12.04.2006