Norwegen: Mystisch, wild, rau und traumhaft schön. Das Land ist eines dieser nordischen Länder, in denen viele Sagen zu Hause sind. Seltsame, wilde und übernatürliche Geschöpfe treiben dort ihr Unwesen. Vielleicht spülen deswegen gerade die skandinavischen Länder immer wieder geniale Bands auf den Kontinent. Bands, deren Metal so wild und ungezügelt ist, wie die Gegenden, in denen die Musiker leben. Oder Bands, deren Musik so dunkel, geheimnisvoll und spannend ist wie eine Horde Trolle, die des Nachts durch die Wälder schleichen.
Fatal Fusion kommen aus Norwegen. Die fünf Musiker sind seit 2008 zusammen und haben vor drei Jahren ihr Debüt in Eigenproduktion herausgebracht. Leider ging dieses erste Album "Land Of The Sun" warum auch immer an uns vorbei. Die Kritiken lesen sich sehr gut und die Platte war in der Sparte 'Best Debüt Album 2010' für die Prog Awards nominiert. Wie auch immer, das Label Karisma Records hat sich der Band angenommen und nun das zweite Werk mit dem Namen "The Ancient Tales" veröffentlicht. Und diese Musik ist umwerfend gut. So gut, dass ich das Debüt wohl besorgen muss.
Mangels Vergleichsmöglichkeit kann ich nicht beurteilen, ob und wie sich die Alben unterscheiden. Auf jeden Fall ist "The Ancient Tales" eine dieser Hammerscheiben, die man nicht jeden Tag auf den Tisch bekommt. Dass die Vergangenheit der Musiker in Classic Rock-Coverbands und Blues Bands liegt, ist nicht zu verleugnen. Dort haben sie ihr Handwerk gelernt. Manchmal blitzen diese Genres auch leicht durch. Das sind mal bluesy tunes, wenn auch - ganz proggy - eine schwere Orgel und Vogelgezwitscher das musikalische Märchen einleiten; das sind an Mark II gemahnende Orgel- und Gitarrengewitter. Aber überwiegen tut etwas anderes. Etwa eine traumhafte Sequenz à la Camel, die wie aus einem Elfenwald kommend einsetzt, wenn Lord und Blackmore ihre Orgie runterfahren. Dazu grunzt der Knut in bester Elchmanier und lässt sein diabolisches Lachen erklingen. Das ist wie ein Soundtrack beim Anmarsch einer Ork-Horde.
"The Ancient Tales", der Name ist Programm und wenn man sich die Götternamen anschaut, geht es transkontinental zu. Trotz der eingestreuten Hard Rock-Elemente liegt der Focus eindeutig auf dem Prog, denn nur dieser erlaubt es, andere Spielarten so tief zu verwurzeln. Das 'Fusion' im Bandnamen könnte ein Hinweis auf die Stilvielfalt sein, aber dann müsste logischerweise auch das 'Fatal' eine Bedeutung haben. Fatal ist hier aber nichts. Im Gegenteil. Neben Camel fallen mir die alten Klassiker von BJH und unbedingt die melodischen King Crimson-Sachen ein.
Hinzu kommt eine extrem starke Stimme von Knut Erik Grøntvedt, die ich gerne Mal bei einer Metallkapelle hören möchte. Bei einer, die grunzt und sägt und die ganz tiefen Keller bedient. Das ist übrigens auch auf der Habenseite von Fatal Fusion. Die Gitarre kann sägen, der Bass brodelt doommäßig und darüber liegt ein Hauch der großen Zeppelin-Klassiker aus der Phase "No Quarter" von Page & Plant. Ach ja, wir sind gerade beim altägptischen Gott Amenti ("Halls Of Amenti"). Vor dem Auge zieht eine Prozession weiß gekleideter Menschen zum Pharaonenthron. Dazu erklingt sirenenhaft ein Frauenchor und die süßlichen, orientalischen Melodien werden immer wieder von düsteren Einsprengseln der Marke Atomic Rooster oder Iron Butterfly heimgesucht. Die Prozession stockt, denn aus der Wüste reitet im Zeitlupentempo eine sägende Metallgitarre unbeirrbar durch den Sandsturm. Die weiß gekleideten Sirenen singen ebenso unbeirrt weiter. Jesses, das ist großes 3D-Kino. Ganz Großes!
Hut ab vor den Musikern, die solche Giganten komponieren. Auch an den Instrumenten stehen wahre Könner. Ob Erlend Engebretsen sein Keyboard nach Spinett, nach schwerer B3 oder spacig abdrehen lässt, es ist ein höchst emotionales Unterfangen, dabei zuzuhören. Gleiches gilt für Stig Selnes' Gitarre. Metal, Doom, Rock... er hat alle Spielweisen drauf und wenn Drummer Audun Engebretsen zusammen mit dem Tieftöner Lasse Lie das Netz webt, dann kann keiner entkommen.
Waren wir eben noch in Ägypten, so fühlt man sich plötzlich wie in der Kanzel eines Sternenkreuzers, der so viele Wurmlöcher passiert hat und nun einer Dimension gestrandet ist, aus der es kein Entrinnen mehr gibt. Man schaut, während symphonischer Prog-Bombast den Ohren schmeichelt ins All und harrt dem, das da Kommen wird. Es kommt schließlich eine Auenwiese, ein Spinett klimpert, Schmetterlinge fliegen einem verspielt um die Nase, halbnackte Nymphen trippeln durchs Gras. Bis das Einhorn den Kopf hebt, unruhig schnaubt und sich ein großes Klingonenschiff in Gitarrenfom frontal nähert ...
Fatal Fusion haben sich aus vielen musikalischen Welten nur die besten Zutaten besorgt, sie handwerklich und songwriterisch perfekt zusammengefügt und etwas Großes geschaffen. Respekt!
Line-up:
Audun Engebretsen (drums)
Erlend Engebretsen (keyboards)
Knut Erik Grøntvedt (vocals)
Lasse Lie (bass)
Stig Selnes (guitar)
Tracklist |
01:City Of Zerych
Welcome
The Dark Lord
Falling Into Darkness
The Shaman
Confrontation
Fall To Rise
02:Halls Of Amenti
03:The Divine Comedy
Dance's Descend
Inferno
Purgatory
Paradise
04:Tears I've Cried
05_The Ancient Tale
Eos
Helios
Astraaeos
Selene
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