Vinylliebhaber kennen die Music On Vinyl (Parlophone) Reihe natürlich längst und wissen die liebevolle und hochwertige Pressung auf 180 g Vinyl zu schätzen. Wenn allerdings eine Platte aus dieser Reihe ganz laut nach Farbe schreien dürfte, dann sicher mein ganz persönlicher ultimativer Fischer-Z Favorit. Der Ruf blieb allerdings (leider) unerhört, anstatt im passenden Rot präsentiert sie sich klassisch Schwarz. Schwamm drüber, denn schließlich kommts ja auf den Inhalt an. Immerhin hat es noch ein Beiblatt mit Texten ins Cover geschafft, ein (nicht ganz unpraktischer) Downloadcode lag allerdings, zumindest meinem Exemplar, nicht bei.
1981 erschien "Red Skies OverParadise" als drittes Album der britischen Formation um John Watts und schaffte es in der damaligen Bundesrepublik Deutschland auf den sechsten Platz der Albencharts. Damals, wir erinnern uns, war Deutschland noch geteilt und Berlin noch von der Mauer umgeben. Diese ganz spezielle Situation inspirierte Musiker und Künstler – so auch Fischer-Z. Ihr "Berlin" lebt von Gegensätzen. Stampfende Monotonie steht einer zarten Zerbrechlichkeit gegenüber. Eine Liebeserklärung an diese Stadt, die auch zig Jahre später, lang nach dem Mauerfall, immer noch bestehen kann. »Young faces new ideals, in search of paradise.
They merge into the history, the theatre of memories
that make up the feel of
Berlin...«
Weit weniger liebevoll ist der nächste Song, die Singleauskopplung "Marliese". Heutzutage würde man wahrscheinlich von 'Stalking' sprechen, bei dieser unterkühlten, um nicht zu sagen fiesen, Abrechnung mit der Angebeteten; eine der wenigen 'privaten' Nummern dieses Longplayers.
So wie auch das "Bathroom Scenario". Ein Lied über Anti-Baby-Pillen im Badezimmer und den Verlust des Geheimnisvollen und Mystischen. All diese Tiegel und Töpfe, die Illusionen rauben und wie ernüchternd zu viel Offenheit sein kann. Privat und doch auch Spiegel des Zeitgeists.
Trotzdem war ich fast ein bisschen erstaunt, wie politisch "Red Skies Over Paradise" insgesamt ist. Und doch – so verwunderlich ist das gar nicht. Die 'ach so coolen' 80er waren, zumindest in meiner Wahrnehmung (als Teenie), geprägt von allgegenwärtiger Furcht vor einem möglichen Atomkrieg. »Down in their bunkers under the sea.
Men pressing buttons don't care about me.« singt Watts im Titelsong und fängt damit ein entscheidendes Stück des damaligen Zeitgeists ein. So wie auch in "Batallions Of Strangers" und "Cruise Missiles", weitere Songs über den kalten Krieg. Die ganz großen Ängste haben sich glücklicherweise nicht erfüllt.
Angst bis hin zur gepflegten Paranoia war aber in dieser Zeit und auch auf dieser Platte Thema. "You'll Never Find Brian Here" zeugt davon. Brian (wer auch immer), der ahnte, dass sie (wer auch immer) kommen würden und deshalb weggelaufen ist, sich versteckt. Dieses Gefühl, dass du mit dem schlimmsten rechnen müsstest und vom Staat und seinen Vertretern in Uniformen nichts Gutes zu erwarten ist, schlägt sich auch in "Wristcutters Lullaby", dem Schlaflied des Selbstmörders, nieder.
80er-Weltsicht oder Teenie-Lebensgefühl? Spielt eigentlich nicht wirklich eine Rolle, denn auch die Musik selbst ist nach all den Jahren immer noch hörenswert: Rock mit etwas Wave, der sich aber doch ziemlich erdig anhört, sogar dann, wenn die Keyboards abheben. Auch wer mit Wave eher wenig am Hut hat, sollte ein Ohr riskieren. Wer sie von damals noch kennt und schon lange nicht mehr gehört hat, kann hier beim Wiederhören Spaß haben und nostalgisch werden.
Und wenn heute ein Teenie fragt, wie es denn so war in den achso coolen 80ern – hey, hier ist der Soundtrack dazu.
Nach "Red Skies Over Paradise" trennten sich die Wege der verbliebenen Bandmitglieder; Keyboarder Steve Skolnik war bereits zuvor ausgeschieden. John Watts veröffentlichte Solowerke als John Watts und als Fischer-Z (solo), mit dem Projekt Cry und als Fischer-Z (Band) mit anderen Mitmusikern. 2004 gab es eine kurze Reunion für die "Garden Party"-DVD, aktuell ist ein neues Album angekündigt. Doch was auch immer nachgekommen ist und nachkommen mag, mein ganz persönlicher Fischer-Z-Klassiker ist und bleibt "Red Skies Over Paradise" - auch in Schwarz!
Line-up:
John Watts (vocals, guitars, keyboards)
Steve Liddle (drums, backing vocals)
David Graham (bass, bass pedals, backing vocals)
Tracklist |
Side A
01:Berlin
02:Marliese
03:Red Skies over Paradise
04:In England
05:You'll Never Find Brian Here
06:Battalions of Strangers
Side B
01:Song & Dance Brigade
02:The Writer
03:Bathroom Scenario
04:Wristcutter's Lullaby
05:Cruise Missiles
06:Luton to Lisbon
07:Multinationals Bite
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