Scheinen die gegebenen Verlockungen mit synthetischer Konfektionsware zum güldenen Vlies medialer Eintagsfliegen und rasanterem Reichtum anzulangen, für jugendlich unverbrauchte Musiker durchaus legitim, so erbietet sich deren zunehmend genetischer Drang nach übermenschlich primitivem und Bewusstsein vernebeltem Urzeitlärm als ein wertkonservatives Bedürfnis.
Eine solche blutjunge Musiker-Bande von Rock-Ingredienzien-Sammlern aus dem US-Bundesstaat Maryland ergab sich vor etwa zwei Jahren letztendlich ihrer musikalischen Obsession, mit einer bonbonfarbenen Rock'n'Roll-Tinktur aus Acid-kontaminierten
Instrumentierungen einstiger Hippie-Sehnsuchtsepochen und Siebziger Jahre-verwurzelten, okkult bleiernen Schwergewichten die Hirne braver Musikkonsumenten zu grillen.
Beflügelt von den erfreulichen Reaktionen auf ihre letztjährigen Auftrittsaktivitäten, welche selbige auch aufs mittlerweile maßstäbliche deutsche Blumenkinder-Fest nach Burg Herzberg verschlugen, und einem Morrison-vergeistigten Debüt beschwören The Flying Eyes mit ihrem neuesten Studio-Nachschlag umso mehr instrumentierte Vehikel unsterblicher Galionsfiguren aus einer Epoche, deren unbändige Sehnsucht nach dem Grenzenlosen oft genug nichtmusikalische Transportmittel ins Spiel brachte.
Die nach einer Science-Fiction-Gruselmär benannten Protagonisten bemühen sich diesmal erst gar nicht, mit den fast gänzlich ausgeschöpften und damit begrenzt musikalischen Vorgaben eine revolutionierende Konfektion zu erfinden, tummeln sich eine knappe Dreiviertel-Stunde in weltraumimaginierenden Dronen-Klängen, psychedelisch-bratzenden Saiten mit leicht blumigem Gestus und staubig übellaunigem Weltuntergangs-Rock.
Die Amis wildern bei ihren zehn Eigenkompositionen in jenen Rock-Aufbruch-Tagen, als sich halluzigener Kreativfluss und experimentelle Bewusstseinserweiterung nahtlos vermählten und Musik zorniger Jungspunde aus einem freien Geist geboren wurde.
Hier schweben wie von Geisterhand gezogene kaskadische Gitarren in unbändiger Lust am Erbe der kiffenden Altvorderen, zeichnen sich Muster durch die von wenig solistischen Eskapaden geprägte Soundküche, bei denen gelegentlich, angetrieben vom derben aber solide parzellierten Schlagwerk, ein Lysergsäurediethylamid-konservierter und mit dem Mikro kopulierender Morrison hervorlupft.
Während die Rhythmussektion vorwiegend ganz tief im Keller grundiert ist, kolorieren die
vom Wah-Wah zerfressenen Saiten mit Leichtfingrigkeit Will Kelly's rituellen, nahezu Mantra-artigen und von einer unendlichen Sehnsucht nach dem unverfälschten Zauber einstiger LSD-seliger Westküsten-Aussteiger geplagten Gesangsstil.
Die vier Hitzköpfe erliegen dabei glücklicherweise keiner nivellierenden und chaosglorifizierenden Garagen-Attitüde, sondern bemühen sich, trotz dröhnigem Konsens, ihre fließenden Studiogeburten mit melodischen Harmoniewölkchen fein zu justieren.
So betreiben selbige mit hypnotischer Repetition im wurzelschlagenden "Overboard" die rauschhaft musikalische Symbiose aus
Syd Barretts psychedelischen Traumata und sonnentrunkener Country Folk-Klangkost und eröffnen im finalen Abgang sogar noch leicht benebelte Wild West- Sehnsüchte. Auch wenn sich eine Wüstenstaub-verdunkelte Atmosphäre geradewegs motorisch durchs Blues-atmende Repertoire wälzt, entfalten sich nach jedem weiteren Durchlauf immer neue, raffiniertere Zugänge und kleine experimentierfreudige Details.
Der Konsument beamt sich per Knopfdruck mit diesem, auch stilecht auf Vinyl erhältlichen Hörtrip in ein kaleidoskopenes Universum und erfährt auf seiner schillernden Zeitreise ein
eigentümliches Déjà vu einer unsterblichen Valium-Rock-Ästhetik.
Insgesamt hätte dieser Produktion, wenn vielleicht auch gewollt, etwas mehr soundformatierter Druck gut getan, aber außer ihrer Lust am Ungeschliffenen besitzt die
noch blutleckende Viererbande genug freies Potential, dass man auch angesichts ihres absolvierten Ritterschlags im WDR-Rockpalast noch einiges erwarten dürfte.