Er kann sich nicht mehr daran erinnern, wer ihm den Nachnamen Haurein noch in Deutschland verpasst hat. Fest steht aber, dass Hanns Haurein von The Force genau weiß, wo er mit seiner Band hinmöchte. Und das bedeutet unermüdliches Arbeiten, ein neues Album und die Einbeziehung der Jugend in die 70er-Jahre. RockTimes sprach mit dem Schlagzeuger, nach dem das eigenproduzierte Album der international gemischten Band bei uns gut ankam.
RockTimes: Hallo Hanns, Glückwunsch zu Eurem ersten offiziellem Album. Erzähle mir ein bisschen darüber, woher die Band kommt, bzw. wo sie beheimatet ist.
Hanns:
The Force sind in der nord-westlichen Schweiz beheimatet, aber eine europäische Band. Unser Gitarrist Mark Elliot kommt aus Hull in Nord-England, unser Bassist, der Beat, kommt aus der Schweiz und ich bin eben Deutscher. Wir haben inzwischen noch einen zweiten Gitarristen, Dany Glinz, dazu genommen und er ist auch Schweizer. Den zweiten Gitarristen brauchten wir, damit unsere Songs auch live noch besser rüber kommen. Dany ist ein alter Kumpel von mir. Wir spielten schon in der 80ern zusammen, u.a. bei der Vera Kaa Band. Der Ursprung der Band liegt darin, dass ich aus den 80ern noch jede Menge Songs hatte. Vor einigen Jahren habe ich mir gedacht, dass diese Musik ganz sicher wieder kommt. Wir hatten dann in der Schweiz ein paar Sängerinnen angetestet, die das Material in hochdeutsch singen sollten. Und um zu testen, wie die Sache live kommt, hatte ich ein paar gute Musiker gesucht. Für die Tests hatte ich den Mark, der hier in einem Gitarrenladen arbeitete, und den Beat gefragt, den ich ja auch schon länger kannte. Wir haben die Proben dann durchgeführt, aber irgendwie wollte zu dieser Zeit niemand etwas hören, wo deutsch gesungen wird. Das war ungefähr 1-2 Jahre bevor Wir sind Helden und Silbermond auf den Markt kamen. Ich lernte dann noch etwas später Bob Tench kennen und dieser wollte mit uns Musikern ein bisschen jammen. Und bei diesen Proben merkten wir drei, also Marc, Beat und ich, dass das extrem gut miteinander harmonierte. Wir verstanden uns musikalisch untereinander sehr gut und wir mussten nicht lange üben. Das ging im Übungsraum sofort richtig los. Und so entstand dann The Force, in dem wir bis heute zusammen geblieben sind.
RockTimes: An welchen Projekten haben die Musiker von The Force bereits gearbeitet? Wo habt Ihr Eure Erfahrungen gesammelt?
Hanns: Mark ist ja erst seit ca. 6-7 Jahren in der Schweiz und war mit einer englischen Band auf Tournee. Er hat dann hier in Basel gespielt und ein Mädchen kennen gelernt. Mark war viel in der Londoner Szene unterwegs und ein sehr gefragter Studio-Gitarrist. Er arbeitete mit Nikki Moore ( Samson), Algy Ward ( Tank), Rory Gallagher, Phil Palmer ( Dire Straits) und Eric Clapton zusammen. Er ist einer, der immer 'on the road' oder im Studio war. Mark ist ein echter Rocker - und vor allen Dingen Blues-Fanatiker, was in Richtung Bonamassa und Stevie Ray Vaughan geht. Beat hingegen kommt eher aus der Metal- und Heavy Rock-Szene. Er spielte hier in der Schweiz in einer Band mit dem Namen Red Mothers Painkiller. Mit dabei war Manni Maurer ( ex-Krokus). Ich war sehr davon beeindruckt, wie sich Beat auf der Bühne gibt und von seiner Art, zu spielen. Nach über 30 Jahren, die ich in verschiedenen Bands gespielt habe, hat es noch nie so gut funktioniert, wie mit uns dreien. Da weiß der eine, was der andere denkt. Wir schreiben unsere Songs auch sehr schnell, meistens dauert es nicht länger als 4 - 5 Proben, bis das Lied steht. Die ganze Geschichte ist sehr kreativ und das macht unheimlich viel Spaß.
RockTimes: Wie würdest Du Euren Stil bezeichnen und welche Bands bzw. Musiker haben Euch beeinflusst?
Hanns:
Mich persönlich haben die End-60er und der Anfang der 70er sehr beeinflusst. Zu dieser Zeit hatte mich die Musik richtig in ihren Bann gezogen. Was ich als Nachteil der heutigen Generation sehe. Wir haben damals nicht diese Unterschiede gemacht. Ich bin zum Beispiel unheimlich auf Yes oder Emerson, Lake & Palmer abgefahren. Aber gleichzeitig stand ich auch auf Black Sabbath und Led Zeppelin. Wir hatten einfach offene Ohren für alles. Ich bin kein Fan von Keyboards, aber trotzdem haben mir ELP extrem gut gefallen. Heute ist das anders. Selbst im Metal-Bereich. Die Jungs stehen zum Beispiel auf Death-Metal und kommen schon nicht mehr zurecht, wenn sie AC/DC hören. Ich finde das sehr schade, denn das ist leider sehr einspurig. Das sieht man heute auch an den Plattenverkäufen. Bands wie Led Zeppelin konnten auch nur so viele Platten verkaufen, weil eben viele Leute auf ihre Musik standen, und das waren eben auch Fans, die auf Yes oder King Crimson abgefahren sind. Diese Zeiten sind vorbei. Hörer, die heute auf irgendeine skandinavische Death Metal-Band stehen, werden sich wohl kein Album von Molly Hatchet oder Lynyrd Skynyrd kaufen. Deswegen sprechen wir in diesem Bereich auch nur noch von Minderheiten, denn die große Masse erreichst du zumeist nicht mehr.
Ich sage immer, dass wir 'Blues Based Rock' spielen. Unsere Wurzeln liegen schon stark im Blues aber auch im Heavy Rock. Der Mix ist es dann. Ohne Blues geht gar nichts.
RockTimes: Wird es bei dieser Dreierbesetzung bleiben oder habt Ihr vor, einen zweiten Gitarristen oder vielleicht sogar einen Keyboarder in die Band zu holen?
Hanns: Also ein Keyboarder ist absolut nicht in der Planung. Was ich allerdings sehr toll finde, ist dieser Hammond-Orgel-Sound, was ja auch bei Deep Purple so gut gepasst hat. Aber für uns ist das nichts. Einen zweiten Gitarristen haben wir mit Dany ja schon.
RockTimes: Wie sieht Eure Zusammenarbeit mit Bob Tench genau aus? Und wann wird es die nächsten gemeinsamen Auftritte geben?
Hanns: Wir probieren es zwischendurch immer wieder und wir telefonieren regelmäßig. Bob hat seine eigenen Sachen am laufen. Er ist viel in England oder auch in Amerika. Er wird von Bands gebucht, die einen Gitarristen für eine Tour brauchen. Er ist viel mit Mick Taylor und Peter Green unterwegs und wenn Du Dir anschaust, mit wem Bob Tench schon alles gespielt und aufgenommen hat, dann ist man sehr beeindruckt. Das fängt bei Jeff Beck an und geht über Van Morrison bis zu Humble Pie und den Animals.
Er ist ein toller Rocker und hat eine geile Stimme. Es macht extrem Spaß, mit ihm zusammen zu spielen. Er versucht viele Sachen, denn er lebt ja auch davon. Wir schaffen es einfach zeitlich nicht, öfter zusammen aufzutreten. Aber die Zusammenarbeit steht weiterhin voll auf unserem Plan.
RockTimes: Wie sehen Eure weiteren Pläne aus? Wird es Euch auch bei entsprechenden Events in Deutschland zu sehen geben?
Hanns:
Also, das Bestreben haben wir auf alle Fälle. Der Punkt ist einfach der, dass auch wir noch nicht von unserer Musik leben. Wir haben noch Jobs nebenher. Mark und ich machen schon so lange Musik. Und ich sage Dir ganz ehrlich: Ich kenne jedes beschissene Hotel zwischen Flensburg und Garmisch Partenkirchen und natürlich auch jede Raststätte. Ich habe viele Jahre meines Lebens auf der Straße verbracht. Und irgendwann konnte man das alles nicht mehr bezahlen. Das Geld reichte gerade, um mein Zimmer zu bezahlen. Ansonsten lief da nicht mehr viel. Vor ca. 10 Jahren sagte ich mir dann, dass das nicht mehr so weiter geht. Ich brauchte einen Job und musste von der finanziellen Seite aus gesehen wieder ein normales Leben hinbekommen. Heute ist die Sache inzwischen so, dass Mark und ich gerne auf Tour gehen, aber dadurch, dass wir nicht so bekannt sind, sollten zumindest Essen und Hotel stimmen. Denn die Gage ist wohl auf Grund unseres Bekanntheitsgrades in Deutschland noch nicht so hoch. Mal sehen, wie sich das alles so entwickelt. Diese Ochsentour, wie es so manche junge Band auf sich nimmt, also 8-10 Wochen an einem Streifen auf Tour zu gehen und dabei wenig bis gar nichts zu verdienen, dazu habe ich keinen Bock mehr.
RockTimes: Ich denke, Ihr werdet sicherlich Lust auf ein weiteres Album haben. Wird es sich stilistisch an das Debüt-Album anlehnen oder gibt es Überraschungen?
Hanns: Überraschungen, dass da plötzlich ein völlig neuer Sound kommt, wird es sicher nicht geben. Das neue Album wird vielleicht ein bisschen mehr in Richtung Rock gehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass mehr Einflüsse von Led Zeppelin dabei sein werden und vor allen Dingen könnte es etwas mehr in Richtung von "Stray Dogs" gehen. Und auch zweistimmige Gitarren, wie es Thin Lizzy gemacht haben, sollen verwendet werden. Mal sehen. Und wenn Du Dir den Eingangsriff von "Stray Dogs" anhörst, dann stimmt das schon, dass wir auch an AC/DC nicht vorbei kommen, denn die zählen auch zu unseren Haupteinflüssen und Lieblingsbands.
RockTimes: Durch die Besetzung mit einem Schweizer, Engländer und einem Deutschen kommt sicherlich stets eine gute Mischung an Ideen zusammen. Geht das reibungslos? Habt Ihr verschiedene Vorstellungen oder seid Ihr euch schnell einig, welche Ideen Ihr verwendet bzw. welche Songs Ihr spielen wollt?
Hanns:
Wir sind uns im Grunde genommen immer sehr schnell einig, obwohl wir verschiedene Einflüsse haben. Mark als Gitarrist fährt beispielsweise auch unheimlich auf Steve Lukather (Anm. der Redaktion: Toto) ab. Er mag die Saitenartisten, wobei mir persönlich das eigentlich vollkommen egal ist, ob jemand das Solo noch etwas schneller spielen kann oder nicht. Ich möchte einfach nur einen guten Song hören. Beat hört dann die Metal-Songs, welche auch nicht mein Ding sind. Aber wir haben Schnittpunkte, wo wir alle dann zusammen kommen. Mark und ich sind eben von Thin Lizzy und Led Zeppelin gemeinsam begeistert, also vieles aus den 70ern. Da gibt es insgesamt keine Probleme. Die Mischung macht es eben aus.
RockTimes: Wie sieht es damit aus, dass Ihr fest mit einem Label zusammen arbeitet? Zeichnet sich da etwas Genaueres ab?
Hanns: In Sachen Label zeichnet sich momentan nichts festes ab. Hier in der Schweiz haben wir einen amtlichen Vertrieb und unsere Platte steht in fast jedem Musikladen. Das ist allerdings nur die Schweiz. Im Ausland läuft die Sache über Internet-Mailorder-Vertriebe. In Deutschland kann man unsere Platte zum Beispiel über 'Bärchen Records' beziehen. Und die Vertriebe verkaufen erstaunlich gut, so dass wir da schon echt überrascht sind. Ansonsten ist die Sache 'Ausland' natürlich sehr arbeitsintensiv, so dass mir manchmal tatsächlich dafür die Zeit fehlt. Wir haben auch keinen Manager. Also, es könnte gewiss noch mehr laufen, aber dafür fehlen mir die Connections und eben auch die Zeit. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Wir sind mit dem zufrieden, was wir bisher erreicht haben. Das ist schon mehr, als wir uns eigentlich erhofft haben. Die neue Platte muss natürlich noch besser werden und das wird sie auch, da bin ich mir sicher.
RockTimes: Wie beurteilst Du die Schweizer Rocklandschaft? Ist ehrliche Rockmusik wieder im Kommen oder kämpft Ihr recht einsam in einem Metier, welchem Ihr Euch verschrieben habt?
Hanns: Mir ist aufgefallen, dass gerade, wenn wir live spielen, unheimlich viele Kids kommen und offensichtlich auf unsere Musik auch abfahren. Offenbar gibt es da auch wieder eine Nachfrage bei der jungen Generation. Für die jungen Fans ist unser Sound noch neu, die alten Hasen wissen natürlich, wie die Songs zu klingen haben. Für die Jüngeren sind die 70er fast noch unbekannt und da kommt vieles als neu rüber. Ich staune darüber immer wieder. Im 'Z 7' treten wir ja auch mit den älteren Bands wie Ten Years After oder Wishbone Ash auf und da sind dann extrem junge Kids bei den Konzerten, die auf diese Musik abfahren. Und ich finde, dass die Jungen dadurch doch einen richtig guten Einstieg in die Musik finden.
RockTimes: Steckt hinter eurer Musik nicht auch eine gewisse Lebensphilosophie? Was seid Ihr privat für Typen?
Hanns: Also ich bin ein langjähriger Biker und ich spielte auch schon mit Bands vor der Zeit mit The Force auf Biker-Festen. Das ist dann von mir schon eine gewisse Lebenseinstellung. Gefühle von Freiheit und auch ein bisschen Rebellentum gehören auch heute immer noch dazu. Ich bin ein Mitglied dieser Gesellschaft und das ist auch gut so. Aber ich schaue auch immer, dass ich mich möglichst am Rande dieser Gesellschaft bewege. Und das trifft auf die anderen Bandmitglieder ebenso zu. Die sind genauso drauf.
RockTimes: Dann möchte ich Euch jetzt wirklich die Daumen drücken. Vor allen Dingen, dass sich die ganzen Mühen lohnen werden. Und vor allen Dingen wünschen wir Euch viel Spaß mit Eurer Musik und den Fans, die sich hoffentlich weiterhin mit The Force beschäftigen werden.
Keep on rockin'!
Interview mit Hanns Haurein
Ralf "Jogi" Ruhenstroth, 09.06.2006
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