Angespornt von den Erfolgen anderer Bands, machten sich Rodgers und Fraser daran, ihre Musik selbst zu schreiben. Besonders Andy Fraser, der auch schon mit Geschick und Durchblick die geschäftlichen Belange der Band in der Hand hatte, konnte sich mehr und mehr durchsetzen.
Im Januar 1969 begannen die Sessions für das 2. Album, einfach "Free" betitelt.
Die Arrangements wurden viel ausgefeilter und Fraser's Basslinien erschienen fast als zweite Leadgitarre. Rodgers erinnert sich: "Wir nahmen immer mehr den Blues heraus". Koss musste sich seine Gitarrenparts von Andy lehren lassen, was er hasste. Der sensible Koss suchte frustriert Heilung in Alkohol und Drogen.
Das Album bot insgesamt eine Mischung aus (etwas) Blues, Rock und vor allem einen Klang, der stark vom Soul durchtränkt war, geradezu geschaffen für die beiden Pauls: Koss erzeugte nicht weniger Gänsehaut mit den Klängen seiner Les Paul, als Rodgers mit seinem beeindruckenden Stimmorgan.
Um die Platte zu promoten, gingen Free erstmals auf Tour in die USA, wo sie als Vorgruppe von "Blind Faith" gebucht waren. Wegen dem Wirbel um diese Supergruppe waren alle Konzerte natürlich ausverkauft. Kossoff war ganz aus dem Häuschen auf der selben Bühne zu stehen; wie der von ihm verehrte Eric Clapton.
Als dieser sich nach einem Konzert an Koss wandte und ihn fragte, wie er sein berühmtes, herzzereissendes Vibrato spiele, sagte der nur noch kopfschüttelnd: "You must be fucking joking" und war unheimlich stolz auf das Lob und die Begeisterung Claptons.
Im Spätsommer verpassten sie es, in "Woodstock" zu spielen. Eine solche Chance nicht genutzt zu haben war mehr als ärgerlich und sollte in Zukunft nicht mehr passieren. Zurück in England begannen eine Reihe von Sessions über Songs, die sie "on the Road" geschrieben hatten, in Hotelzimmern, ja selbst im Umkleideraum der Konzerthallen.
Das Resultat war nichts weniger als eine der besten Platten der Rockmusik: "Fire and Water" wurde endlich der erträumte Verkaufshit, allem voran natürlich "All Right now", das auch heute noch zu den Monster-Hits des Rock gehört und immer gehören wird. Über Nacht wurden die vier Jungs, noch keiner 20 Jahre alt, zu absoluten Superstars.
Diese Platte war ursprünglich auf 8-Spur gemischt. Island bestand aber darauf, mehrere Änderungen vorzunehmen, so dass alle Songs in das damals neue 16-Spur Format überspielt wurden um dann Overdubs vorzunehmen. Besonders der Titelsong litt darunter mit enger Stereoperspektive.
Aber musikalisch war jeder Song überzeugend, neben "All Right now" (das in der ausgekoppelten Singleveröffentlichung in einem total anderen Stereo-Mix und dem wegfallenden Solo von Koss veröffentlicht wurde - was diesen unendlich kränkte) wurden vor allem Andy Frasers Bass-Drama "Mr. Big" und das ruhige, pianogetragene und unter die Haut gehende "Heavy Load" zu Standards, an denen sich andere messen lassen mussten.
Wie es aber oft so ist im Leben hatte der grösste Erfolg auch den grössten Rückschlag zur Folge: Innerhalb der Band nahmen die Spannungen zu, Egos gerieten aneinander. Fraser versuchte noch mehr aufzutrumpfen und der zurückhaltende Koss zog sich wegen der Misstimmungen und dem Machtgehabe von Rodgers und Fraser immer mehr Drogen rein.
Im Sommer 1970 traten sie dann auch auf einem grossen Open-Air Festival auf, das historisch betrachtet kaum weniger wichtig als Woodstock war: "Isle of Wight", wo die Zuschauer "Free" neben den Who, den Doors, Ten Years After, Jethro Tull, Taste und vielen anderen Stars als gleichberechtigt angesehende Band erlebten konnten, von der Welle des Erfolgs angetrieben. "Free" war eine feste, begeisternde und eingespielte Einheit, die auch ihren Konkurrenten Respekt einflösste.
Als Jimi Hendrix am 18. September 1970 starb, war dies ein tragischer Moment für Paul Kossoff. Selbst schon im Dschungel von Drogensucht gefangen zeigte er erste grosse Selbstzweifel: "He's done it all, what point in my even playing?". Der Tod von Hendrix trieb den schon bestehenden Keil weiter in's Gefüge der Band - emotional und musikalisch. Die Jahre ununterbrochenden Tourens und Aufnehmens hatten alle Verteidigungslinien niedergerissen.
Free veröffentlichten ihr neues Album "Highway", das den Vorgänger noch überragen sollte. Aber sowohl die daraus gezogende Single The Stealer, als auch das Album selbst, konnten das überragende Meisterwerk "Fire and Water" nicht mehr toppen.
Vermarktungstechnisch war die Platte ungünstig gestaltet, neben unklaren Bildern der Jungs war nur noch der Schriftzug "Highway" auf dem Cover zu sehen, was darin gipfelte, dass in einer zeitgenössischen Review proklamiert wurde: "Neue Band namens Highway klingt wie Free"...da hatten einige Strategen geschlafen.
Der Druck wurde so gross, dass sich die vier darauf verständigten, die Band aufzulösen. Allerdings wollten sie vorher die schon gebuchte Tournee durch Australien und Japan hinter sich bringen, die auch grossen Erfolg hatte, hauptsächlich, weil die Spannungen direkt in Musik umgesetzt und auf's Publikum losgelassen wurden.
"Die vier Mitglieder von Free haben entschieden, die Band aufzulösen um Solo-Karrieren anzustreben" war der lapidare Satz des Label-Sprechers. Gerade als My Brother Jake die Charts raufkletterte, machten sie es wahr. Für den Sommer wurde von Island ein Free Livealbum angekündigt.
Und diese Live-Platte, mitgeschnitten im Sommer 1970 in England, übertraf alle Erwartungen. Free waren ja eine Live-Band par excellence und hier zeigte sich, wie reif und auf den Punkt sie spielten. Sie waren in der selben Liga wie alle anderen grossen Bands, ohne Frage. "Get where I belong" war ein übriggebliebender Studio-Track, den man noch auf das Live-Album packte.
Rodgers stellte sich eine Band namens "Peace" zusammen, Fraser bastelte sich die Gruppe "Toby". Seltsamerweise war es der von der Trennung am meisten gebeutelte Koss, der am weitesten kam: Zusammen mit seinem Freund und Beschützer Kirke, dem texanischen Keyboarder John "Rabbit" Bundrick und dem japanischen Bassisten Tetsu Yamauchi wurde das Album Kossoff, Kirke, Tetsu and Rabbit eingespielt.
Koss liebte es, mit einem Keyboarder zu spielen, da er wieder in seine Soli einsteigen konnte ohne sich auf Rhythmusarbeit konzentrieren zu müssen. Als die Platte im März 1972 veröffentlicht wurde, stiess sie aber auf taube Ohren. Mit "Anna" war eine Ballade von Kirke vertreten, die Jahre später auf "Straight Shooter" von Bad Company wieder auftauchen sollte.
An der anderen Front gab es nach dem Split natürlich auch das Songwriter-Gespann Rodgers/Fraser nicht mehr, und dies war den Bemühungen von Peace und Toby auch anzuhören, beide Bands konnten keinerlei Aufmerksamkeit erregen.
Eine Wiedervereinigung von Free war nicht mehr realitätsfremd. Jedes Bandmitglied scheint einen anderen Standpunkt zu haben, warum sie sich wieder aufrappeln konnten. Aber der depressive, drogengeschwängerte Abstieg von Paul Kossoff war sicher einer der Hauptgründe. Dies sah er selbst so und Fraser erzählt: "Alleine die Tatsache, Koss wieder lächeln zu sehen, wäre Grund genug gewesen, die Band wieder zu formieren"
Free taten, was sie am besten konnten: Auf der Bühne stehen und spielen. Am 23. Januar 1972 waren sie in der ehrwürdigen Royal Albert Hall gebucht, wo die Band begeistert aufgenommen wurde. Nur Koss konnte nicht so richtig, er hatte vor der Show einige Pillen geschluckt und fiel mehrfach fast in's Schlagzeug. Er hatte auch so seine Schwierigkeiten mit Akkorden, die er schon tausendfach gespielt hatte. Aber das Publikum war so angetan, Free wieder erleben zu können, dass dies "verziehen" wurde.
|