Nach einem Labelwechsel zu Cyclops legen Frequency Drift, progressiver Geheimtipp aus dem Frankenland, den zweiten Teil ihrer musikalischen Science-Fiction-Geschichte "Personal Effects" vor. Und wer schon den sehr gelungenen ersten Teil von 2008 sein eigen nennen darf - eine bezaubernde Studie neo- floydiger Klangereignisse, eher Detail- als lautstärkenverliebt - der wird ganz schön überrascht sein, was der Nachfolger zu bieten hat. Der ist nämlich viel mehr als 'nur' eine Fortsetzung.
Sängerin Katja Hübner ist nicht mehr dabei - dafür hat sie gleich drei Nachfolgerinnen, die nun die Lead Vocals untereinander aufteilen. Auch auf der instrumentalen Seite hat man aufgestockt. Geige, Flöte und Electroharp gehören zum Inventar von Frequency Drift, bei denen White Willow-Gitarrist Jacob Holm-Lupo als Gast zusätzlich in die Saiten greift. Und dem kreativen Kopf der Gruppe, Songschreiber und Keyboarder Andreas Hack gelingt es, dieses Mal noch erheblich mehr Atmosphären zu erschaffen und noch viel mehr verschiedene Emotionen zu erzeugen als beim ersten Teil.
Die Musik von Frequency Drift ist von melancholischen, düsteren Stimmungen geprägt. Passend dazu spielt sich die Geschichte dahinter in einem finsteren, seelenlosen Zukunftsszenario im Jahr 2046 ab, in dem die Protagonistin River gegen das Regime der 'Diomedeidae Foundation' ankämpft. Viel mehr Infos gibt es aber nicht, auch keine Lyrics. Stattdessen schwarz-weiße Zeichnungen im Booklet, die dem Hörer als Anregung dienen sollen, die Story beim Hören der Songs selbst zu entwickeln. Diese Songs erzeugen automatisch Eindrücke einer sterilen, bis zum Ersticken lebensfeindlichen Umgebung, aber auch pulstreibender Dramatik, Verzweiflung im Kampf gegen die Zeit.
Es entsteht eine Mischung aus introvertieren, psychedelisch geprägten Abschnitten und druckvollen und dramatischen Herzschlag-Kapiteln, wo überraschend hart gerockt, aber niemals die klangliche Transparenz der detailverliebten Prog Rock-Kompositionen über Bord geworfen wird. Nur wenige Tracks auf dem Album bewegen sich recht konstant auf einem gleichbleibenden Energielevel. Dazu gehören auf der wehmütigen Seite "Inside" mit wunderschön ineinander fließenden Atmosphären, und auch das abschließende "Lasting Effects" mit elfenhaftem, süßlichem Gesang und zauberhaften Melodien.
Auf der anderen Seite überrascht das aggressivere "Flight", das mit einem rockigen Drive forsch nach vorn geht und auch gesanglich ein ziemliches Gegenstück zu den oft elegischen, balladenhaften Momenten bildet. Das Highlight in den härter rockenden Gefilden des Albums ist allerdings "Conflict" mit einer betörenden Hookline, gespielt von zwei Parallel-Gitarren, die einem ganz im Queensrÿche-Stil heiße und kalte Schauer über den Rücken jagen. Dazu ein druckvoller Drive aus frickeligen Brummel-Bässen und verproggtem Schlagzeug - und natürlich der wie auf dem ganzen Album großartige, auf der technischen wie auf der Ausdrucksseite brillante Lead Gesang aller drei Sängerinnen.
Andere Stücke wie "Awakening" oder "Put It Down" sind episch angelegt und vereinen gleich alle Facetten in sich. Highlight ist das famose "Deceit". Dieser Zwölfminüter bietet einen eindringlichen Refrain mit mehrstimmigem Gesang, eine epische Entwicklung mit Bombast, druckvollem Double Bass, dramatischen (Doppel-)Soli und hart rockenden Riffs, zerschnitten von melancholischen Breaks aus Streichern und Klavier. Anspruchsvoll, garniert mit fliegenden Rhythmuswechseln - komplex, aber nicht kompliziert und selbst in atmosphärischen, schwebenden Taktfolgen nicht im Geringsten Langeweile-gefährdet geht dieser fesselnde Longtrack nachhaltig unter die Haut.
Zu viele Vergleiche mit anderen Bands würden Frequency Drift, besonders den 'neuen' Frequency Drift auf "Personal Effects (Part Two)" kaum gerecht. Sicherlich könnte diese Scheibe Fans von IQ, Sylvan oder Magenta ansprechen. Letzten Endes führt für Liebhaber kreativer, tiefgehender Prog-Klänge aber kein Weg am Probehören (und dann wahrscheinlich auch am Kauf!) dieses Albums vorbei. Denn es sind neben den bezaubernden Melodien und intuitiven wie intelligenten Kompositionen vor allem die zahllosen Klangexperimente mit Gitarren, Gesang und Percussion-Elementen, die Andreas Hack zu einem wahren 'Mastermind' machen - und Frequency Drift zu einem Think Tank des modernen Prog Rock.
So geheimnisvoll, wie die Musik anmutet, so unnahbar scheint übrigens auch die Band selbst - Fotos gibt es jedenfalls keine.
Line-up:
Nicole Scharnagl (vocals)
Christine Mettner (vocals)
Kerstin Leidner (vocals)
Steve Hohenberger (guitar)
Christian Hack (guitar, woodwinds)
Sebastian Koch (guitar)
Jürgen Rennecke (bass, stick)
Andreas Hack (keyboard)
Wolfgang Ostermann (drums)
Barbara Jöris (violin)
Nerissa Schwarz (electroharp)
Guest musician:
Jacob Holm-Lupo (guitar)
Tracklist |
01:Message (2:30)
02:Deceit (11:51)
03:Conflict (7:00)
04:Inside (8:53)
05:Awakening (8:01)
06:Flight (5:43)
07:Put It Down (5:27)
08:Essence (6:35)
09:Lasting Effect (8:44)
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