Gary Fletcher / Human Spirit
Human Spirit Spielzeit: 49:32
Medium: CD
Label: BGO Records, 2007
Stil: Blues

Review vom 26.06.2007


Joachim 'Joe' Brookes
Bestens bekannt als Bassist der Blues Band, hat es Gary Fletcher nach drei Jahren geschafft, sein zweites Solowerk vorzulegen. Spielte er seinen Erstling noch fast im Alleingang ein, präsentiert er sich auf "Human Spirit" mit seiner eigenen semiakustischen Band und spielt nicht einen tiefen Ton. Den Bass überließ er seinem Sohn Jack Fletcher und es gibt ein Wiederhören mit dem Schlagzeuger der Blues Band, Rob Townsend.
Das Quartett wird vervollständigt durch den Gitarristen John Evans, einem Urgestein der britischen Musik-Szene, der in jungen Jahren z.B. zusammen mit Elvis Costello in der Band Flip City spielte.
Soweit, so gut.
Fletcher lud einige exquisite Gäste für dieses Album ins Studio ein. Sein Blues Band-Kollege Paul Jones an der Harp ist da nur einer. Mit Dennis Greaves (guitar) und Mark Feltham (harp) sind auch 50% Nine Below Zero mit von der Partie.
Gespannt sein darf man auf die Beiträge von Micky Moody, Bernie Marsden und Steve Simpson (Roger Chapman, Frankie Miller ).
Wer glaubt, durch die Gäste gäbe es auf diesem Album ordentlich was auf die Ohren, ist schief gewickelt, genauso wie bei dem Gedanken, "Human Spirit" sei ein billiger Abklatsch eines Blues Band-Albums, zumal mit Dave Kelly ein weiteres Mitglied für einen Track die Slide-Gitarre bedient und aus dem Dunstkreis der Band Lou Stonebridge Akkordeon und Piano spielt.
Natürlich versteht es Gary Fletcher sich in der musikalischen Idiomatik des Blues, der für ihn in seiner Jugend prägend war, auszudrücken. Darüber hinaus zeigt er sich aber auch als Meister, Lieder in einer Singer/Songwriter-Manier zu schreiben.
Somit ist die Richtung dieser CD definiert und alle Musiker folgen dem von Fletcher, manchmal durch seine negativen Erfahrungen der letzten Jahre, bestimmten Weg.
Hier sei besonders der Unfall seines Sohnes Jack, wenige Tage vor dem 11. September 2001, erwähnt. Bereits auf der ersten Solo-CD in "World Gone Crazy" thematisiert, findet es in "May You Now Find Peace" und "Solanki's Knife" eine berechtigte Fortsetzung. Zwei Songs, die Stellvertreter für den Singer/Songwriter-Ableger des Albums sind. Eine Gänsehaut nach der anderen bekommt man, ob der Intensität, der dichten Atmosphäre, die die Tracks erzeugen.
Ein Beispiel für die makellose Produktion, bitte nicht mit clean verwechseln, des Albums ist "Can't Get Arrested". Mit fünf Gitarristen, wobei Fletcher über die gesamte Platte hinweg nur akustische Klampfe spielt, ist einfach hervorragend. Locker groovend fließt der Song aus den Lautsprechern.
Melancholie pur ist "Born Too Pretty". Selten hat man einen derartig emotionalen Harp-Beitrag von NBZ-Mitglied Mark Feltham zu Ohren bekommen. Steve Simpsons Violine reiht sich da nahtlos in das Song-Arrangement ein und T-Lors spanische Gitarre setzt der Nummer die Krone auf.
Country-Feeling gefällig? Dann sind wir bei "You Can't Quit Your Love For Me" mit Steve Simpson an der Mandoline und Lou Stonebridge am Akkordeon angekommen. Beide Daumen zeigen steil nach oben, Herrschaften.
Ähnlich, nein genauso geht es einem bei "You Are True". Tempi- und Rhythmuswechsel bestimmen diesen Song, in dem sich die Harper Feltham und Paul Jones herrlich ergänzen. John Evans spielt eine rockig orientierte Gitarre. Der hat es drauf, das gesamte Spektrum des Genres und es geht ein dickes Lob an den Musiker.
Kommen wir zum Opener "Payback", in dem Micky Moody das Bottleneck überstreift und eine Slide-Gitarre in der Art eines J.J. Cale spielt. Der gesamte Song hat das Flair dieses Musikers, wenn man einen Vergleich ziehen möchte. "Payback" ist einer von drei Tracks, in denen Rob Townsend ausschließlich Kongas spielt.
Das Gespann Moody/Marsden ist dann in dem letzten Track der CD, "You Took Me To The Edge", zu hören. Im Rahmen der musikalischen Auslegung des Albums könnte man hier glatt von einem rockigen Beitrag der beiden Gitarristen sprechen; besonders das Marsden-Solo beeindruckt. Auch dieser lebt von tollen Tempiwechseln und hat einen super Groove.
"So Lonely" kennen wir bereits vom "Itchy Feet"-Album der Blues Band, aber Gary Fletcher interpretiert seinen eigenen Song hier etwas anders, wenn die Gitarren nicht so heftig aufspielen.
"Human Spirit" kommt eher auf Samtpfoten daher und gerade deswegen kann es in jeder Hinsicht punkten. Man könnte auch sagen: Hier liegt die Kraft in der Ruhe.
Allemal lohnenswert, sich auch mit den Soloprojekten der Blues Band-Mitglieder zu beschäftigen.
Eine willkommene entspannende Abwechslung in dieser lauten, manchmal zu lauten Welt.
Line-up:
Gary Fletcher (lead vocals, backing vocals, acoustic guitar)
Micky Moody (slide guitar - #1, electric guitar - #12)
Bernie Marsden (electric guitar - #12)
John Evans (electric guitar)
Bill Gautier (electric guitar - #3, backing vocals - #5)
Dave Kelly (slide guitar - # 3)
Dennis Greaves (lead guitar - #11)
Steve Simpson (electric guitar - #3, violin - #4, mandolin - #5, 7, 9)
T-Lor (spanish guitar - #4, backing vocals - #7)
Jack Fletcher (bass)
Rob Townsend (drums - #1, 2, 3, 4, 5, 7, 9, 10, 11, 12, congas - #1, 6, 8, percussion - #1, 9)
Mark Feltham (harmonica - #4, 10, 11)
Paul Jones (harmonica - #9, 11)
Lou Stonebridge (accordian - #5, 7, piano - #10)
Tracklist
01:Payback (3:29)
02:May You Now Find Peace (4:43)
03:Can't Get Arrested (3:42)
04:Born Too Pretty (5:18)
05:You Can't Quit Your Love For Me (3:59)
06:Wake Me When It's Over (3:04)
07:So Lonely (4:32)
08:Solanki's Knife (4:12)
09:A Lie Is A Lie (3:20)
10:Too Much (4:46)
11:You Are True (3:41)
12:You Took Me To The Edge (4:42)
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