Trotz Umzugs- und Renovierungsstress ergaben sich fürs dritte April-Wochenende in dem im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg beheimateten Frannz Club, mit den Musikern Max Klaas, Björn Krüger, Layla Zoe und Freischladers 5 Live-Weggefährten Tommy Schneller fünf hieb- und stichfeste Gründe, die mich veranlassten, sämtliches Werkzeug beiseite zu legen, um einem der besten deutschen Blueser zum elften Mal die Ehre zu erweisen. Gründe vier ( Zoe) und fünf ( Schneller) erfuhr ich erst kurzfristig am ersten Veranstaltungstag durch einen Newsletter, den der Wuppertaler Ausnahmemusiker selbst in die Umlaufbahn schickte.
Vorab schien sich die Berliner Doppelveranstaltung in Rauch und Asche aufgelöst zu haben, denn Henriks bisheriger Berliner Veranstaltungsort, das Quasimodo, verkündete die bedauernswerte Absage des Musikers, und selbst gutes Zureden der Verantwortlichen des Klubs, so deren Homepage, konnten Freischlader nicht bewegen, doch noch im Quasimodo aufzutreten! Merkwürdig nur, dass Henrik Tage später auf seiner Internetseite mitteilte, dass er selbstverständlich in Berlin spielt, nur diesmal im Frannz Club. Durch die damit verbundenen Unannehmlichkeiten seiner Fans, senkte der Blueser die Eintrittspreise an der Abendkasse auf 'geschenkte' fünfzehn Euro! Mir sind die Hintergründe des Spielortwechsels nicht bekannt und auch nicht von allzu großer Bedeutung, deshalb dazu nur so viel: Der Frannz Club und alle Anwesenden der Gigs gingen an diesem Wochenende als 'Sieger' nach Hause!
Als Roadie Marc die Gitarren stimmt und diese mir das Gefühl vermitteln, es kaum abwarten zu können, endlich von 'Meisters' Händen liebevoll die Saiten gestreichelt zu bekommen, betritt der Hauptprotagonist das Podest des ostbezirklichen Klubs. Neben den bekannten Musikern, die ich erst kürzlich beim Rockpalast-Auftritt im TV sah, betritt ein mir völlig neues Gesicht die Bühne, dessen jugendliche Ausstrahlung mich auf eine Roadie-Praktikantenstelle tippen lässt. Ach nee, Moment mal! Als der Jungspund, der sich optimal für eine Nutella-Werbung eignen würde, sich hinter den Percussions nieder hockt, wird mir schnell klar: Hierbei handelt es sich um den erst 17-jährigen Max Klaas, dessen Darbietung mich innerhalb der folgenden zwei Tage nicht nur zu wahren Beifallsstürmen veranlassen wird, sondern auch einige Rätsel aufgeben soll!
Dass der grübelnde "What's My Motherfucking Name?"-Bandchef das Hauptaugenmerk der Trackliste auf sein neuestes Werk Still Frame Replay und das vorherige Album Recorded By Martin Meinschäfer legt, findet beim Publikum genauso Gefallen, wie die Ankündigung der kanadischen Sängerin Layla Zoe und Edel-Saxofonist Tommy Schneller! Dass Henrik zum Besten der europäischen Elite-Blueser zählt, muss ich nicht extra erwähnen. Eher die außergewöhnlichen Geschichten, die sich an beiden Abenden ereigneten. So z. B., als die rotblonde, tätowierte Sängerin Zoe die Bühne betritt und einigen männlichen Fans mit ihrem tiefen Dekolleté die Augen verdrehen lässt, begeistert mich mehr ihre Performance und ihr astreiner, rockiger, souliger Gesang, der mich spontan an Janis Joplin erinnert! Geschmeidig wie eine Raubkatze schleicht sie über die Holzplanken, lässt ihre Blicke nach potentiellen Opfern schweifen, um diese mit ihrem Zwerchfell in Trance zu versetzen und, so wie bei mir, für bleibende (positive) Schäden zu sorgen. Die Auftritte der Lady haben es in sich. Ebenfalls außergewöhnlich, als ich am zweiten Tag direkt direkt neben der Backstage-Tür und Sekunden vorm Auftritt Schnellers, mit ihm über seine Gage diskutiere! Diese befindet sich weit über der meiner Vorstellungskraft. Dass er anschließend einen absolut professionellen Auftritt hinlegt und seinem Saxofon die herrlichsten Töne heraus bläst, löst bei den Fans tosenden Beifall aus!
Nach dem ersten Gig und einer kurzweiligen Nacht vergeht die Zeit wie im Fluge und ehe wir uns versehen, stehen wir an der Bar des Klubs und lassen uns von zwei gepflegten 'Pilsetten' die Schluckmuskeln verwöhnen. Wer nun denkt, ein darauffolgendes Konzert einer Doppelveranstaltung ist genauso wie die erste Show, der wird aus dem Hause Freischlader eines Besseren belehrt. Selbst das Bühnenbild ist ein anderes und dass wir diesmal seitlich und direkt hinter Max stehen, offenbart uns zwei Lehrstunden in Sachen Percussion-Unterricht! Was ich fortan bestaune, kann ich selbst zwei Tage später kaum nachvollziehen. So war mir noch nie bewusst, wie viel Instrumente der Begriff 'Percussion' beinhaltet! Ob Schellenringe, Sticks, Handklappen, Trommeln, Bongos oder Rasseln - es ist mir unmöglich alle Spielgeräte seines Equipments aufzulisten! Oftmals zelebrierte er sein Trommelgewitter barhändig, dass selbst die viel zu früh verstorbene Drum-Legende John Bonham seine helle Freude gehabt hätte! Dazu sein unglaubliches Gespür für den Einsatz seiner Gerätschaften, die er, unter anderem bei der Maxiversion von "Bad Dreams (Wolkenwinde)", mit kunstvollen Handdrehungen vor seinen Mikros bestens in Szene setzt! Etliche bewunderungsvolle Augenkontakte seiner musikalischen Mitstreiter zollen ihm gehörigen Respekt und Anerkennung. Die erfahrenen Musiker genießen seine außergewöhnlichen Einlagen genauso wie wir! Doch gibt es eine Frage, die mich sehr beschäftigt: Welche Bedeutung hat der Sender in seiner linken Hosentasche?
Die Instrumente wissen bei den gesangslosen Einlagen erstklassige Geschichten zu erzählen, dessen Ausgänge immer positiv enden! Dass die Vorstellungen auch bei dem wichtigsten Menschen an meiner Seite, Conny, alle Hemmungen löst, beweist, als plötzlich hinter mir ein herzhaftes »HENRIK«
durch die Halle schallt, dass selbst der Angesprochene mit einem verwunderten »Ja?« antwortet.
Mischpult-Experte Meinschäfer sorgt für eine perfekte Beschallung und trägt so ebenfalls seinen Teil zum absoluten Gelingen des Spielwochenendes bei, wie Bassist Theofilos Fotiadis, der an der Seite seines 'Chefs' förmlich aufblüht, dem Holzhammer-Anästhesisten Björn Krüger, Hammond-Experte Moritz Fuhrhop und den oben genannten Gastmusikern. Einziger Wermutstropfen der Konzerte ist der, dass die Hendrix-Zugabe, nein, nein, diesmal kein "Foxy Lady" oder "Voodoo Chile", ziemlich schnell runtergeschrubbt wird, weil die nachfolgenden Gäste darauf bestehen, ihr Tanzbein zu schwingen.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: 1. Der Frannz Club erweist sich mit großer Bühne, exzellenter Akustik, tollen Schanktresen und moderaten Getränkepreisen als optimaler Veranstaltungsort. 2. Martin Meinschäfer sorgt an den Reglern seines Mischpults für einen ausgeprägten Sound: laut und dennoch ohrenfreundlich. 3. Das Line-up, mit der Erweiterung des jungen Percussion-Experten Max Klaas besticht mit internationalem Flair. 4. Die Einladung der Gastmusiker, die mit ihrer Qualität viel für ein denkwürdiges Konzert beitragen. 5. Die Besetzung mit Björn Krüger an der 'Schießbude' erweist sich, obwohl es hier in der Vergangenheit nie eine Schwachstelle gab, allein durch seine Körpersprache als Volltreffer. 6. Das perfekte mystische Zusammenspiel zwischen Stromgitarren und Fuhrhops Tastenelementen sowie Theos hintergründiges Bassgezupfe sorgen oftmals für pure Gänsehaut. 7. Die Berliner Fans, die zahlreich erscheinen, für allerbeste Stimmung sorgen und die Band nur ungern vom Podium entlassen und zu guter Letzt der Bandchef, der auf der Bühne glänzend Regie führt und wenn es darauf ankommt, sich seitlich am Rande der Bühne aufhält, um z. B. seinen Gästen nicht die Show zu stehlen! Auf den Punkt gebracht wurden die Anwesenden Zeitzeugen zweier Konzerte, die keine Wünsche offen ließen!
Dass uns Henrik abschließend mit einer tollen Geste überrascht, rundet ein perfektes Blues-Wochenende ab, das es mir anhand der vielen Highlights leider nicht möglich macht diese alle aufzulisten, es sei denn, unsere Leserschaft möchte demnächst einen Konzertbericht in Buchform.
RockTimes bedankt sich bei Henrik Freischlader für die problemlose Akkreditierung!
Line-up:
Henrik Freischlader (vocals, guitar)
Theofilos Fotiadis (backing vocals, bass)
Björn Krüger (backing vocals, drums)
Moritz Fuhrhop (backing vocals, organ)
Max Klaas (percussion)
Layla Zoe (vocals)
Tommy Schneller (vocals, saxophone)
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