"Still Frame Replay", da werden bei mir Erinnerungen wach, die sich am 24. Februar 2007 ereigneten. An diesem Tag ging ich zu einem Joe Bonamassa-Konzert und wurde angenehm überrascht, als dieser Henrik Freischlader als Support aufspielen ließ. Diese erste Begegnung mit dem, schon damals einem der besten, deutschen Blueser, begeisterte mich dermaßen, dass ich alle Hemmungen verlor und Henrik nach Beendigung des Konzerts in meiner Begeisterung in Grund und Boden textete. Die Konstellation, den Autodidakten Henrik mit dem US-Ausnahmemusiker Bonamassa spielen zu sehen, erzeugte in mir den Wunsch, dass dieses Zusammentreffen keine Eintagsfliege sein möge. Nun, fast auf den Punkt vier Jahre später ist es soweit!
Henriks letztes Werk Tour 2010 Live ist noch gar nicht so lang her, da erscheint schon das Nachfolgealbum. Beim Opener und gleichzeitigen Titeltrack "Still Frame Replay" steuert Bonamassa die Solo-Attacken auf einer Stromklampfe bei und verleiht schon allein deswegen dem Song eine Besonderheit.
Das Teil hat schon mal gesessen und ich vermute stark, dass alle Magazine, Musik-Fachzeitschriften, Rundfunkanstalten und TV-Sender nach der Begutachtung des Silberlings sich positiv äußern werden. So frage ich mich, wie ich meine Rezension interessant gestalten und von der Allgemeinheit etwas abheben kann? Ich meine, es ist doch jedem Musik-, Rock- und Blues-Fan klar, dass der Wuppertaler über markante Stimmbänder, außergewöhnliche Fähigkeiten an der Gitarre und ein ausgezeichnetes Gespür fürs Songwriting verfügt! Und dazu noch die tolle Gabe besitzt, alles mit viel Gefühl für die Ewigkeit zu hinterlassen. Blues- und Rockerherz was willst Du mehr?
Dem Leser sei gesagt, dass er so manche Überraschung erleben wird. Noch nie habe ich von Freischlader einen solch abwechslungsreichen Tonträger zum Begutachten erhalten. Sicher, die Scheibe ist auf einem gesunden Blues-Fundament entwickelt worden. Den folgenden Aufbau der gigantischen Stockwerke hat er zum Teil mit allerfeinstem Hard Rock, traditionellem Blues ("I've Got It Good"), Schmusestücke der Extraklasse ("Growing Old") und Jazz-Elementen getätigt. Somit ist ihm in seinem Songentwicklungsbüro eine meisterliche Architektur gelungen! Wie bereits oben erwähnt, macht es für mich wenig Sinn jeden Song in seine Einzelteile zu zerlegen, denn über Henriks unumstrittenen erstklassigen Fähigkeiten als Musiker wurde in der Vergangenheit alles berichtet, was es eben zu berichten gibt.
Beim Betrachten des Line-ups fällt mir ein Name auf, den ich bisher noch nie in Henriks Begleitmusiker-Archiv entdeckte: Der erst 17-jährige Max Klaas, der für die Percussions-Einsätze zuständig ist. Zwar ist es nicht leicht und dem gesamten Album nicht so gerecht, wenn ich meine persönlichen Highlights offenbare, doch nach meinem ersten Check kristallisierten sich folgende Songs heraus: "What's My Name", ein fantastisches "The Memory Of Our Love" (was für ein Blues!), das swingende "Gentlemen!", "Do Did Done" und der Finaltrack "Look At The Fool"! Gerade der Schlussakt besitzt Hit-Charakter! Ein ganz besonderes Rhythmuskleid lässt dieses Teil zu einem absoluten Ohrwurm heranreifen! Außergewöhnlich, dass Freischlader sich dabei auch einer Akustikklampfe bedient und er seinen Gesang in einer Art Refrain doppelt! In einem künftig zu erwartenden Interview werde ich da noch mal nachhaken müssen. Doch meine Beliebtheitsskala ist nur eine Momentaufnahme, die nach weiterem Abspielen des Scheibchens morgen schon wieder ganz anders aussehen kann.
Mittlerweile ist es im Hause Freischlader schon Tradition, dass er neben der CD gleichzeitig auch Vinyl auf den Markt wirft, hier sogar Doppel-Vinyl! Während die 'A'- bis 'C'-Seiten mit den Liedern des Silberlings deckungsgleich sind, werden dem Konsumenten auf Seite 'D' mit dem bekannten "The Blues" und der Coverversion "I'd Rather Go Blind" ( Ellington Jordan & Billy Foster), zwei Livestücke angeboten, die mächtig abgrooven. Zum Schluss gibt's mit "Empty Threads" noch eine Studioversion auf die Lauscher! Die für mich unbekannteren Stücke schließen sich selbstverständlich dem vorherigen hohen Niveau nahtlos an! Ich möchte nicht weiter auf diese Songs eingehen, sondern dem Konsumenten eine gewisse Neugier lassen. Außerdem finde ich es sehr gut, dass sich Henrik seiner Linie treu bleibt und den Musikliebhaber mit 180-Gramm-High-Quality-Vinyl verwöhnt! Es vermittelt mir das besondere Gefühl, wenn ich die Großscheiben erst auspacke, sie auf dem Plattenteller lege, um sie anschließend ungeschönt erzählen zu lassen! Und wieder habe ich den Eindruck, wie bei all seinen vorherigen Vinylveröffentlichungen, dass die schwarzen Langrillen, bedingt durch die analogen Aufnahmen, noch klarer, noch druckvoller und insgesamt eindrucksvoller aus den Boxen dampfen! Dass ich nicht ganz allein mit meiner Meinung dastehe, bestätigte Henrik selbst bei unserem letztjährigen Interview. Für den Sound der drei Tonkonserven zeigt wieder Martin Meinschäfer verantwortlich, der schon beim gleichnamigen Album einen tadellosen Job vollzog und sich im erweiterten Kreis des Freischladers-Teams fest etabliert zu seien scheint. Also, wessen Budget nicht so üppig ausfällt und die Wahl der Qual hat, sollte sich letztlich für die Vinyls entscheiden! Hier spricht der hauchdünne Vorsprung an Qualität gegenüber der kleineren Scheibe für sich.
Bevor ich nun zum Resümee aushole, entledige ich mich aller Redaktions-Klamotten und versuche meinen Schlussabsatz getreu unserem Motto »Von Fans für Fans«, in Worte zu fassen.
Fazit: Ich glaube bei Henrik Freischlader einen tollen Reifeprozess entdeckt zu haben. Vergleiche ich sein Debütalbum The Blues, was natürlich auch nicht von schlechten Eltern ist, mit dem jetzigen, so wirkt alles gereifter, viel abwechslungsreicher und noch um einiges gefühlvoller! Gefühl! Genau, das ist es, was ihn ganz groß auszeichnet. So ist der internationale Durchbruch à la Bonamassa nur eine Frage der Zeit. Zeit, die Henrik, angesicht seines jugendlichen Alters von gerade mal 28 Jahren, sicherlich hat. Vergesst mal schnell die Hendrix-Klassiker "Foxy Lady" oder "Voodoo Chile", die er live meist als Zugaben spielt. Mit dem bisherigen veröffentlichten Songmaterial und dem neuen Album bedarf es nun nicht mehr unbedingt, sich dem leider viel zu früh verstorbenen († 18. September 1970) US-Blues-Rocker zu bedienen. Ich bin jedenfalls gespannt, wie die Setliste seiner diesjährigen, am 10. März in Wetzlar beginnenden Tour, aussehen wird.
Nun gut, ich habe soeben eine, für mich, Inselplatte gecheckt! Und Inselplatten sind bekanntlich Tonträger auf die man einfach nicht verzichten will! Auch wenn Deutschlands Blues-As längst kein Tipp mehr ist, rechtfertig die Tatsachen, das sich sein Freund Joe erstmalig auf eine seiner Alben verewigt hat und er selbst ein für mich völlig unerwartende Rock-Platte produzierte, die Tipp-Grafik!
Line-up:
Henrik Freischlader (vocals, guitar, bass, drums)
Joe Bonamassa (solo-guitar - #1)
Moritz Fuhrhop (organ, hammond, piano)
Theo Fotiadis (bass - #7)
Max Klaas (percussion - #1,2,4,6,7 & 9)
Björn Krüger (drums #7)
Tracklist |
CD:
01:Still Frame Replay
02:Longer Days
03:Come On My Love
04:What's My Name
05:The Memory Of Our Love
06:Gentlemen!
07:If I Could Only Be Myself
08:I've Got It Good
09:Growing Old
10:Do Did Done
11:Look At The Fool |
LP:
01:Still Frame Replay
02:Longer Days
03:Come On My Love
04:What's My Name
05:The Memory Of Our Love
06:Gentlemen!
07:If I Could Only Be Myself
08:I've Got It Good
09:Growing Old
10:Do Did Done
11:Look At The Fool
12:The Blues
13:I'd Rather Go Blind
14:Empty Threads |
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Externe Links:
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