Die Geschichte zum Album "Reflections - An Act Of Glass" liest sich beinahe wie ein Märchen. Andrew Gorczyca, 1963 in der Nähe von Washington D.C. geboren, entdeckt früh seine Leidenschaft für die Musik. Über Jahre und Jahrzehnte schreibt er an der Gitarre Songs, die vor allem vom Prog Rock-Genre geprägt sind. Mit einfachen Mitteln nimmt er zahlreiche Stücke auf, ohne aber damit zu Plattenlabels zu gehen. 2004 stirbt Andrew Gorczyca mit gerade einmal 40 Jahren.
Andrews Bruder Chris G, der selbst als Session-Drummer arbeitet, hat schnell eine Vision - er will Andrews Musik für alle zugänglich machen und dem stillen Künstler damit ein unzerstörbares Denkmal setzen. Er schafft es, wahrlich große und berühmte Namen aus der Welt des (Prog) Rock für seine Idee zu gewinnen. Nach fast vier Jahren ist das Album zu Ehren des Bruders veröffentlichungsreif. Und diese Platte überrascht nicht nur mit ihren bemerkenswerten, zeitlosen Prog Rock-Perlen aus der Feder Andrew Gorczycas, sondern ist auch noch ein beachtliches Allstar-Projekt geworden.
Chis G hat Leute wie Adrian Belew ( King Crimson), Ted Leonard ( Enchant), Randy George ( Neal Morse), Mike Keneally und Bryan Beller ( Steve Vai) sowie mit Nick D'Virgilio, Dave Meros und Ryo Okumoto einen Großteil von Spock's Beard zusammengetrommelt. Sie hauchen den Stücken Andrew Gorczycas in einer von Song zu Song wechselnden Besetzung Leben ein - nur der Drummer, Andrews Bruder, der bleibt der selbe.
Musikalisch sind die acht Kompositionen allesamt reichlich mit dem Flair progressiver Rock-Songs der 80er Jahre ausgestattet. Stilistisch ähneln sie einander sehr. Die straighten Stücke sind mit lyrischen, äußerst ohrenfreundlichen, aber keinesfalls einfältigen Melodien ausgestattet, die sich schon beim ersten Hördurchgang im Gehörgang festsetzen. Auf den Melodien und den warmen, detailverliebten und nicht überladenen Atmosphären um sie herum liegt auch das Haupt-Ohrenmerk.
Hart gerockt wird nicht unbedingt - die Gitarren fallen dennoch auf, aber eher durch die feinen Clean-Arpeggien zusammen mit Powerchords im Stile Alex Lifesons. So klingen auch insbesondere "Tall Tale Heart", "Give It Time", aber auch fast alle anderen Stücke an der ein oder anderen Stelle nach Rush, irgendwo zwischen "Signals" und "Presto". Und wenn doch mal markante Riffs aus dem Heavy-Bereich zum Zuge kommen, wie beim ausnahmsweise stark verdichteten "Peasant Under Class", dann ist die Gitarre im Endmix doch 'nur' auf einer Stufe mit dem Bass. Denn die Tieftöner brummeln, ganz im Stile klassischen Prog Rocks, sehr markant und dominant.
Das wiederum passt stilistisch auch zu den Anleihen von Yes, die man in den Dur-verliebten, optimistischen Drives von "From This Day Forward", "Lost In It All" und "All Fixed" besonders stark raushört. Der elektronisch unterstützte Drumsound von "How Can We Go On This Way" und Song-übergreifend so manche Synthesizer-Einsätze erinnern auch an Keyboard-lastige Phasen von Genesis. Beim "Curiosity Song" dürften sogar The Police aus ihrer Spätphase ihre Einfluss-Duftmarke hinterlassen haben - ein äußerst geradlinig angelegtes Stück. Die meisten anderen sind, obgleich meist kompakt und auf schnell nachvollziehbaren Strukturen aufgebaut, rhythmisch doch in irgendeiner Form attraktiv und dynamisch 'angeproggt'.
Die Höhepunkte auf "Reflections - An Act Of Glass" stellen (zufälligerweise) die Songs mit den erinnerungswürdigsten Gesangseindrücken dar: Bei "Give It Time" und "Peasant Under Class" steht Enchant-Frontmann Ted Leonard hinter dem Mikro und liefert eine hervorragende Vorstellung ab. Die Sänger wurden den Songs wohl nicht blind zugelost, denn das hier passt bestens - "Peasant Under Class" könnte auch ein Enchant-Stück aus der Zeit um "Wounded" und "Time Lost" sein.
Liebhaber von Saga, den Flower Kings oder King Crimson sollten Andrew Gorczycas Vermächtnis ebenfalls anchecken. Letztendlich klammern sich die Songs aber nie scheuklappenmäßig an bestimme Vorbilder, sondern sind intelligent komponierte Genre-Cocktails, die bis hin zum Klang der Gitarren- und Keyboardsolos größtenteils in einen 'unmodernen' Klang gehüllt sind - sicherlich nicht ohne Absicht, und zum Stil der Musik passend. Alles in allem ein starkes, Songwriting-geprägtes Prog-Album mit der Essenz eines begabten Musikers... "An Act Of Class" könnte man urteilen. Das Wortspiel "An Act Of Glass" dürfte Bruder Chris G wohl gewählt haben, um daran zu erinnern, wie zerbrechlich und vergänglich alles Irdische ist.
Line-up:
Andrew Gorczyca (vocals)
Adrian Belew (guitar, vocals)
Bryan Beller (bass)
Nick D'Virgilio (vocals)
Shawn Farley (bass, guitars)
Ted Leonard (vocals)
Chris G (drums, keyboard, percussion)
Randy George (bass, keyboard)
Will Henderson (vocals)
Phil Keaggy (guitar)
Mike Keneally (guitar)
Ryo Okumoto (keyboard)
Dave Meros (bass)
Rich Mouser (guitar)
Rick Musallam (guitar)
Billy Oskay (violin)
Greg Strickland (bass)
Marc Ziegenhagen (keyboard)
Tracklist |
01:The Tall Tale Heart (8:08)
02:From This Day Forward (5:04)
03:Give It Time (3:53)
04:How Can We Go On This Way? (3:32)
05:Lost In It All (5:46)
06:Curiosity Song [I Only Want To Know] (5:53)
07:Peasant Under Class (4:52)
08:All Fixed [Predestination] (4:47)
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