Barry Goldberg / It's All My Vault
It's All My Vault Spielzeit: 48:56
Medium: CD
Label: Itsaboutmusic, 2011
Stil: Blues Rock, Jam

Review vom 08.03.2011


Markus Kerren
Was macht man als Musiker, der bereits knappe fünfzig Jahre im Geschäft ist, gerade Zeit hat und vielleicht momentan auch ein bisschen klamm ist? Man kramt einfach mal in seinen Archiven, schaut nach, was da von den letzten Jahrzehnten noch so an Material übrig geblieben ist und bietet es dann einer Plattenfirma an. So was ist ja bei Weitem keine Seltenheit und das dadurch an die Öffentlichkeit gebrachte Liedgut ist in der Regel von wechselhafter Qualität. Im Falle von Barry Goldberg war das Label Itsaboutmusic allerdings so begeistert von den angebotenen Songs, dass es umgehend zusätzliche Tracks für ein weiteres Album erbat.
Der Multi-Instrumentalist Goldberg mit dem Hauptaugenmerk auf den schwarzen und weißen Tasten war im Jahr 1965 Keyboarder bei Bob Dylan und auf der Bühne mit dabei, als dieser seinen in die Historie eingegangenen Auftritt beim Newport Folk Festival spielte. Direkt im Anschluss gründete er mit Steve Miller ("The Joker", "Fly Like An Eagle", "Abracadabra") die Goldberg/Miller Blues Band, bevor er an die Westküste der USA zog, dort Mitbegründer von Electric Flag war und deren legendäre, erste beiden Alben mit einspielte. In den letzten vier Jahrzehnten war er als Songwriter und Produzent tätig, veröffentlichte Solo-Alben, schrieb Soundtracks für Film wie Fernsehen und hat bis heute seine Barry Goldberg Blues Band am Laufen.
Bei dem eröffnenden Blues-Jam "After You've Gone (Empty Blues)" hat man unweigerlich bereits nach zwanzig Sekunden ein fettes Grinsen im Gesicht. Goldberg fährt einen wunderbar warmen Sound mit seinem Keyboard und die Gäste Carla Olson und Mick Taylor (beide Gitarre) glänzen an ihren Instrumenten, während sie sich die Bälle gegenseitig zuspielen. Der Groove swingt und dann fügt Goldberg auch noch ein E-Piano hinzu. Aber auch die folgenden Stücke der Barry Goldberg Blues Band können auf ganzer Länge überzeugen. "Holy High" kommt mit einem fetten Hammond-Sound daher und Jack Sherman an der Sechsaitigen zaubert einem mit seinem gefühlvollen Spiel eine Gänsehaut nach der anderen über den Körper.
"Special Sauce" ist der dritte Song der CD und auch der ist ohne Gesang. Macht allerdings überhaupt nichts, denn es ist einfach nur ein Höllenspaß, diesen Musikern und ihren inspirierten Improvisationen zuzuhören. Ah, jetzt doch noch Vocals: "Never Too Late" ist eine waschechte Rock'n'Roll-Nummer, die schön geradeaus nach vorne geht. Nur wer dem Track seine Stimme geliehen hat, wird im Booklet leider nicht verraten. Song für Song findet danach mit locker-leichten und dennoch viel Substanz ausgestatteten Grooves seinen Weg in die Lauscher des geneigten Hörers und von Langeweile ist da keine Spur. Immer wieder erinnern mich diese Stücke auch an Booker T. & The MG's.
Mick Taylor ist bei "Blue Dreams" noch mal mit von der Partie und liefert superbe Slide-Arbeit zu einem gefühlvollen, melancholischen Blues ab. Für die letzten drei Stücke sind wir live mit dabei. Bei "Goin' To Chicago" stellt sich Melanie Herrold als Gast-Sängerin und hervorragende Blues-Röhre vor. Gepaart mit dieser Stimme und der Live-Atmosphäre entwickelt sich die Barry Goldberg Blues Band zu einem wahren Monster und man wünscht sich geradezu, bei diesem Gig im Publikum gestanden zu haben. Die gute Melanie bleibt auch für "Crazy 'bout You Baby" auf der Bühne und hatte schon der vorhergehende Track den Saal zum Beben gebracht, so wird hier sogar noch einer draufgelegt.
Schließlich wird's mit dem von den Stones weltweit bekannt gemachten Blues "You Gotta Move" noch mal eng auf der Bühne. Als Gäste sind hier (einmal mehr) Mick Taylor und außerdem der englische, im Jahr 1968 von Jimmy Page eigentlich als Led Zeppelin-Sänger vorgesehene, Terry Reid mit dabei. Welch guten Riecher Page damals hatte (Reid schlug das Angebot zugunsten einer Solo-Karriere aus), macht der Brite dann auch eindrucksvoll klar. Und zu Taylors genialem Blues- sowie Slide-Spiel braucht man erst gar nichts mehr zu erzählen.
Freunde von Truppen wie Electric Flag oder auch der Butterfield Blues Band können bei dieser CD blind zuschlagen. Dass nur vier der insgesamt zwölf Titel mit Gesang ausgestattet sind, macht sich aufgrund des sattes Grooves, des vollen Sounds (leichte bis mittlere Abzüge lediglich bei den drei Live-Tracks) und der starken Melodien nicht im Geringsten negativ bemerkbar. Im Falle von Barry Goldberg hat sich das Kramen in den Archiven also mal so richtig gelohnt, und einem (hoffentlich kommenden) Nachfolgewerk schaue ich bereits jetzt mit großer Spannung und Freude entgegen.
Line-up:
Barry Goldberg (Hammond B-3, piano, Wurlitzer, keyboards)
Mick Taylor (guitars)
Carla Olson (guitars)
Terry Reid (vocals)
Melanie Herrold (vocals)
Brian Brown (guitars)
Rick Hemmert (drums)
Gregg Sutton (bass)
Jack Sherman (guitars)
Gary Mallaber (drums)
Mark Goldberg (bass)
Howie Epstein (guitars, bass)
Stan Behrens (harmonica)
David Raven (drums)
Tracklist
01:After You've Gone (Empty Blues)
02:Holy High
03:Special Sauce
04:Never Too Late
05:Slip And Slide
06:Blue Dreams
07:Rollin' On
08:Goodbye, So Long
09:Rock It
10:Goin' To Chicago
11:Crazy 'bout You Baby
12:You Gotta Move
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