Geezer / Black Science
Black Science Spielzeit: 55:12
Medium: CD
Label: TVT Records/Eagle Records, 1997
Stil: Heavy Metal


Review vom 19.12.2007


Christoph Segebard
Schon in den Siebzigern bei Black Sabbath war Geezer Butler eher der Zurückhaltende, Nachdenkliche der vier Rabauken. Seine Texte, wie etwa der von "War Pigs" oder "Spiral Architect" regten zum Nachdenken an und sprachen von Dingen, die schon sind und die noch kommen würden. Gesellschaftskritik, Mensch gegen Maschine - ein bisschen war das schon immer Geezers Ding; und eben nicht der Satanismus.
Nach dem Ausstieg bei Black Sabbath nach der Tour zu "Born Again" 1984 blieb es zunächst bei dem Versuch, seine eigene Band, die Geezer Butler Band, zu etablieren. Auch wenn keine ganz Unbekannten dabei waren - es blieb bei einigen Auftritten. Das Material war zwar zeitgemäß, aber bis auf wenige Ausnahmen nicht wirklich herausstechend.
Nach einigen Gastspielen in der Band von Ozzy Osbourne, den letzten sahen wir 1995 auf "Ozzmosis", und der vorhergehenden Kurz-Reunion mit Tony Iommi (Ergebnisse: "Dehumanizer", "Cross Purposes"), aus der er unzufrieden schied und mit der Einstellung, dass das Monster Black Sabbath sich nun zur Ruhe legen sollte, nietete er sich endlich kurzerhand nochmals ein eigenes Metal-Ensemble zusammen.
Ozzy hat immer gute Musiker in seinen Reihen, das wissen wir, und das wusste auch Geezer. So nahm er den absolut herausragenden "Ozzmosis"-Drummer Deen Castronovo gleich mit. …Der Gitarrist war auch schnell gefunden: Pedro Howse, sein Neffe, Techniker und Assistent auf Touren - und auch schon der Gitarrist in der Geezer Butler Band zehn Jahre zuvor.
Die Achtziger waren wirklich eine ungeeignete Dekade gewesen, um Butlers Visionen akustisches Leben einzuhauchen. Nun waren wir mitten in den Neunzigern, und sein Sänger war niemand Geringeres als Burton C. Bell von - haltet euch fest - Fear Factory. Ein deutliches Signal also, wo die Reise hingehen sollte.
Geezer veröffentlichte mit seiner Band inzwischen drei Alben: "Plastic Planet" (1996), "Ohmwork" (2005) und dazwischen "Black Science", über das wir heute sprechen. Gleich, was dabei rauskommt: Die Band (die zum ersten Album übrigens G//Z/R, zum zweiten Geezer und aktuell GZR heißt) blieb immer recht erfolglos. Aber Geezer macht es ja auch nicht des Geldes wegen.
"Plastic Planet" war wirklich verdammt heavy, und die ständigen Screams vom guten Burt legten nochmal ordentlich einen drauf. Man wäre gerne getourt, doch Fear Factory ging für den Sänger vor, also musste ein Neuer her, der auch nach langen Castings endlich gefunden wurde: Clark Brown, ein Junge, der sowohl schreien als auch singen konnte. …Und auch rappen, wie wir seit "Ohmwork" wissen.
Und damit kommen wir schon zum ersten Pluspunkt von "Black Science": dem Gesang. Brown ist deutlich flexibler und auch deutlich emotionaler als sein namhafter Vorgänger. Mit ihm kam aber auch eine Tendenz hin zu Rap und Nu Metal-artigen Klängen, die 2005 ihren vorläufigen Höhe-, bzw. Tiefpunkt fanden, hier auf "Black Science" aber noch nicht so in Erscheinung treten; und wenn, dann nicht auffallend oder gar störend. Clark Brown präsentiert sich ungeheuer kraftvoll, was gleich beim ersten Song, "Man In A Suitcase", auffällt. Das erste Highlight auf diesem Album; ein Song, der einen Refrain mit so dermaßen viel Power und Atmosphäre hat, dass man ihn nicht mehr aus seinem Kopf bekommt. Der Hammer.
Mit "Mysterons" lässt Geezer dann zum ersten Mal seinen (stets laut, aber subtil gemixten) Bass in Erscheinung treten, der effektiv und Unheil verkündend klingt. Sowieso schwebt über dem ganzen, sehr abwechslungsreichen Album eine Aura von Hoffnungslosigkeit und Dunkelheit. Geezer hat mit dem Material und dem Mix sein Bestes getan, seiner Vision Ausdruck zu verleihen, und mit Clark Brown, der die Stimmung hervorragend transponiert, sodass man eine CD mit wahrlich inspirierender Atmosphäre bekommt. Förmlich entstehen Bilder vor meinen Augen, die Angst einflößend und faszinierend zugleich sind. Diese hervorragende Qualität haben wirklich nicht viele Alben.
Nach schnelleren Rockern und etwas Sprechgesang-Ähnlichem nähern wir uns dem Herzstück: "Number 5". Alles das, was ich eben beschrieben habe, trifft aufs ganze Album zu, gipfelt aber in diesem Song, der eine Hoffnungslosigkeit und eine Wut enthält, die erstaunlich ist. Ich betrachte ihn als Titelsong, auch, wenn er das vielleicht gar nicht sein soll.
Schon lange haben wir außerdem die überragenden Fähigkeiten von Deen Castronovo bemerkt - auch bei Plastic Planet schon. Mir nach wie vor ein Rätsel, wohin dieser Mann verschwunden ist und warum er keine größere Karriere gemacht hat. Perfektes Drumming mit vielen Akzenten also auch hier.
Letztes Stück, auf das ich gesondert hinweisen will: "Northern Wisdom", ein Song mit elektronisch erzeugten Drums und Beats - wieder etwas vollkommen Anderes, und doch empfindet man hier zwar eine bittere Schönheit, aber stets die gleiche Hoffnungslosigkeit.
Geezer Butler selbst hat sich zwar retrospektiv über dieses Album kritisch geäußert, weil es ihm zuviel Gemixe und Gespiele war - er macht lieber schnelle, spontane Alben - aber in diesem Fall war es genau das, was diese Songs brauchten. Die anderen Alben haben deutliche Schwächen, aber "Black Science" ist ein kleiner Klassiker, der total untergegangen ist. Diese Klasse hat er später nur mit "Misfit" und "I Believe" wieder erreicht.
"Black Science" macht keine gute Laune, soviel ist klar. Aber es ist ein hoch emotionales, abwechslungsreiches und ungewöhnliches Album an der Grenze zum Industrial, das mich stets sehr inspiriert hat. …Nicht nur Judas Priest und Dio haben in den Neunzigern Hartes mit düsteren Zukunftsvisionen vermischt.
Hochgradig empfohlen und ein echter Geheimtipp!
Line-up:
Geezer Butler (bass, keyboards)
Pedro Howse (guitar)
Clark Brown (vocals)
Deen Castronovo (drums)
Tracklist
01:Man In A Suitcase
02:Box Of Six
03:Mysterons
04:Justified
05:Department S
06:Area Code 51
07:Has To Be
08:Number 5
09:Among The Cybermen
10:Unspeakable Elvis
11:Xodiak
12:Northern Wisdom
13:Trinity Road
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