Gingerpig / Hidden From View
Hidden From View Spielzeit: 43:21
Medium: CD
Label: M.I.G. Music, 2013
Stil: Rock

Review vom 30.05.2013


Markus Kerren
Die holländische Band Gingerpig ist wieder am Start! Gegründet wurde sie 2009, und das interessanterweise von dem Gitarristen Boudewijn Bonebakker, der davor in der - von der Fachpresse bei jedem Album abgefeierten - Death Metal-Band Gorefest aktiv war. Interessant deshalb, weil hier doch ein vollkommen anderer Sound produziert wird. War auf dem Debüt "The Ways Of The Gingerpig" aus dem Jahr 2011 noch ein wilder Stilmix aus Rock, Fusion, Blues und Post Metal mit sehr viel Jamming am Start, so wurden die Tracks für das nun vorliegende zweite Werk der Band doch wesentlich kompakter in Szene gesetzt.
Einer der Gründe für die Neuorientierung war sicher, dass die erste Scheibe in Gourmet-Kreisen zwar geliebt wurde, viele andere Musikliebhaber aber auch aufgrund ihrer Vielfalt und dem fehlenden roten Faden verwirrte. »Wir haben die Jams hinter uns gelassen, sind mehr oder weniger herausgewachsen!« heißt es in einem Statement von Bonebakker. Ebenfalls ausschlaggebend war, dass der Keyboarder Jarno das Ensemble im vergangenen Jahr verließ, was das heutige Trio noch mehr zu dem klassischen Rocksound der siebziger Jahre führte. Auch auf "Hidden From View" gibt es zwar jede Menge Hammond- und Wurlitzer-Klänge zu hören, die Band fühlt sich jedoch sichtlich wohler, diese nicht mehr immer und zwangsläufig dabeihaben zu müssen.
Sowohl sound- als auch songtechnisch haben sich Gingerpig hier tatsächlich ganz tief in einem längst vergangenen Jahrzehnt, um genauer zu sein etwa 1973, angesiedelt. Aber der Dreier bringt sein Material mit solcher Inbrunst, ja, mit dermaßen viel Enthusiasmus, dass man aufgrund dessen fast schon wieder ein fettes Lächeln wegen des Charmes dieser Scheibe auf den Lippen hat. Bezüglich Technik und Produktion gibt es keine Abstriche, Hits bzw. Radiofutter wären sowieso fehl am Platze und somit ist hier alles in sich stimmig. Dazu kommt jede Menge Feeling, was ja alleine schon mal einen erheblichen Anteil zum Gewinn einer Scheibe beisteuern kann.
Gingerpig verstehen es sehr geschickt, die Stimmungen durch manchmal sehr lässige, manchmal aber auch sehr verbissene Herangehensweise zu variieren. Dazu kommt, dass fast durchgehend sehr gute Ideen am Start sind, die sich von frühen Black Sabbath bis hin zu den frühen achtziger Jahren und der NWoBHM ziehen. Wie zum Beispiel "Oceans" zeigt, kann es zumindest zeitweise auch mal sehr bedächtig (mit schöner Flöte) zugehen. Aber da Gingerpig ja schließlich nicht zum Spaß unterwegs ist, wird auch hier sehr bald wieder die 'Bratpfanne' ausgepackt.
Mittlerweile ist zwar kein fester Tastenmann mehr in der Band, aber diese warmen und so angenehm füllenden Hammond- wie Wurlitzer-Sounds sind auch auf der zweiten Platte dieser Combo kaum wegzudenken. Und wenn es nur zur Abrundung von sowieso schon klasse arrangierten Nummern dient. Nur ein Beispiel von vielen ist der Rausschmeißer "Ugly Heart", bei dem Aarno Krijger erneut einen super Job abliefert. Zum Abhängen mit Freunden und einem gepflegten Fässchen Bier bietet diese Scheibe definitiv allerbeste Unterhaltung.
"Hidden From View" kann nicht nur durch seine kompakten Rocksongs überzeugen, sondern auch mit seinen scheinbar sporadisch gesetzten psychedelischen Einschüben fett punkten. Kaum zu glauben, dass man es bei dem Mastermind dieser Band mit einem ehemaligen Death Metal-Musiker zu tun hat. Respekt, Mister Bonebakker, dieses epische, durch und durch rockige Werk hätte ich dir (meiner Unwissenheit geschuldet) in dieser Qualität beim besten Willen nicht zugetraut!
Hoffentlich wird Gingerpig die kommenden Sommermonate nutzen, um sich bei so vielen Festivals wie möglich einen bekannteren Namen zu erspielen. Denn dieses Album bietet die Vollbedienung für alle, die auf unverfälschte Siebziger-Rocksounds stehen!
Line-up:
Sytse Roelevink (bass)
Boudewijn Bonebakker (guitars, lead vocals)
Maarten Poirters (drums & percussion, background vocals)

With:
Aarno Krijger (Hammond, Wurlitzer)
Marjolein Kempen (flutes)
George Pelupessy (traditional & ethnic percussion)
Tracklist
01:Run
02:Darling Man
03:Backlash
04:Touch
05:Nothing
06:Oceans
07:Smile
08:Pride
09:Ugly Heart
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