Man nehme einen Stapel Lieblingsplatten und schließe sich mit seinen musikalischen Freunden zusammen für mehrere Tage in ein stilles miefiges Kämmerchen, um bei geistfördernder bzw. umnebelnder Nahrung über ein ungeborenes Studio-Baby nachzugrübeln. Zu dumm, dass vor lauter Wiedersehensfreude das gesamte Repertoire von Jon Andersons virtuosen Gesellen im Vinylköfferchen landete, welches der stilistischen Kreativ-Spannweite nicht unbedingt zu neuen Kompositionsufern verhelfen vermochte. So verbissen sich die beiden Glass Hammer-Urväter Steve Babb und Fred Schendel zwangsläufig in weitestgehend memorable Melodien, schlugen musikalisch eine breite Schneise zwischen ausgereizter Heldenanbetung und mit Tasten überfütterten Prog-Sinfonien, scheinen beim ersten Höreindruck nicht wirklich gereift und sich darüber hinaus sogar noch zu unverfrorenen Kopisten gemausert zu haben.
So haben sich die fünf Amis für ihre teils ausufernden opulenten Kompositionen recht tüchtig an dem blumig duftigen Naschwerk aus der spätbarocken Yes Patisserie bedient und mit einem übermäßigen Guss plastilinem Tasten-Baiser und der ungeheuerlichen Stringenz eines gut geölten Gesangsbruders drapiert.
Das eher technophile Rock-Projekt bemüht auf seinem neusten Studio-Schinken wiederholt den retrospektiven Gedanken, taucht voller Lust in den verdickten Fluss seiner
musikalischen Erzieher, und stapelt mit kindlicher Entdeckerfreude das Tasten-Inventar übereinander, drückt dagegen die Saiten-beflissene Fraktion wie Eiter aus einem reifen Pickel. Die mittlerweile in die Jahre gekommenen Stammhalter ersäufen ihre Midlife Crisis
scheinbar mit dem abgelagerten Edel-Gesöff aus neuen Schläuchen, und machen es sich galant in einem Kompromiss-Sound aus artifiziell touchiertem Symphonic Rock und Hymnen-infiziertem Süßholzraspeln gemütlich.
Ob eine bewusste Entscheidung oder einfach nur der fehlende Wille, sich neu zu erfinden, bleibt hierbei offen, soviel bedeutungsschwangere Melodien verhelfen zumindest dem ewigen Kanon britischer Prog-Pioniere zu gut gemeinter Religiosität. Die zwei Multiinstrumentalisten samt einer runderneuerten Studio-Mannschaft huldigen gar schamlos ihrer musikalischen 'Ménage-à-trois' mit Jon Anderson und dessen kunstrockender Verbindung, wissen wie alle hier Beteiligten aber dennoch die Peinlichkeiten des durchaus aalglatt fistelnden Gesangs-Klons Jon Davison mit Raffinement in die pompöse Verpackung zu platzieren.
Babbs und Schendels streckenweise zu schaumig aufgeschlagenem Imponiergehabe kalkulierte Fingerfertigkeiten ersticken in ihrer Konsistenz nicht selten die mäandernden Gitarreneinlagen, vermögen es aber nicht, den bollernden Rickenbacker und die minder kultivierten Schlagzeug-Beats zu mobben.
Ein Retro-orientiertes Arsenal an Tasteninstrumenten spinnt einen undurchdringlichen Baldachin aus Klängen, windet sich gern in sakrale Höhen, und vermag spätestens beim vierundzwanzig-minütigen Schluss-Epos "If The Stars" neben weinenden Gitarren-
Bögen auch noch den letzten blasierten Konsumenten anzurühren.
Das von Schwermut durchzogene Amalgam dieser Veröffentlichung entfacht die Gnosis musikalischer Vergangenheitsbewältigung oder den gepflegten Dornröschenschlaf angestrebter Modernismen. Das vorrangige Ausleben analoger Sounds gerät dabei nicht zum stumpfen Aufkochen bzw. schnöden Klau verstaubter Blüten der aufbrechenden Siebziger, sondern zu einer hingebungsvollen, mitunter auch überladenen Reproduktion fruchtbarer Musikgeschichte.
Toningenieur Bob Katz verwirklichte seinen Anspruch, selbst das Wettbewerb-Solieren der potenten Handwerker um klinische Transparenz zu bereichern, auch wenn selbige, wie in der drolligen Emerson'schen Verneigung "Behold The Ziddle", nahezu autistisches Gebaren favorisieren und ihren unbarmherzigen Kampf gegen erigierende Moogs und Hammonds verlustfrei austragen.
Nur einen leicht koketten Wimpernschlag entfernt von der Perfektion und mit einer unverschämt wirkenden Selbstverständlichkeit schlüpft das Quartett für über eine Stunde in den abgetragenen Frack seriöser musikalischer Diebe und verabreicht dem ewig Zeitschleifen-gefangenen Hörer eine zutiefst suspekte, aber dennoch gebieterische Hommage an die Kunst Rock-Stammhalter eines Königreiches.
Dieses Retro-Machwerk vermag den unersättlichen Vertreter von Eklektizismus in einen Glückstaumel versetzen, den Proggie mit Entdeckerinstinkt dagegen gepflegt demotivieren. Egal, als Ersatzlösung für ein längst überfälliges bzw. ungelegtes Yes Studio-Ei ist selbiges allemal ein erbaulicher Lückenfüller.
Line-up:
Fred Schendel (keyboards, steel guitar, mandolin, backing vocals)
Steve Babb (bass guitar, keyboards, backing vocals)
Jon Davison (lead vocals)
Alan Shikoh (guitars)
Randall Williams (drums)
Tracklist |
01:Beyond, Within
02:Behold, The Ziddle
03:Grace The Sky
04:At Last We Are
05:If The Stars
06:If The Sun
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