Zwischendurch braucht das Hirn einfach mal andere Musik. Insofern hab ich gern zugegriffen, als ein paar Scheiben mit schwedischer Prog-Musik bei uns in der Redaktion auftauchten. Eine davon war "Tid Är Ljud" von der Band Gösta Berlings Saga aus Stockholm, deren Stil mit 'Progressive / Folk / Psychedelic' beschrieben ist.
Natürlich völliges Neuland, zumal ich ja wirklich keinen Schimmer von aktuellem 'Prog' habe. Aber was soll's, so taufrisch hört sich das wirklich nicht an. Sogar reichlich nach den von mir besprochenen Secret Oyster aus Dänemark von Mitte der Siebziger Jahre. Allein das reichlich eingesetzte Mellotron und die Gitarrensounds sind ein 'Flash Back' in Zeiten, als Bands mit intellektuellem Anspruch und einer großen Portion Enthusiasmus begannen, ihre Ideen umsetzen.
Viel erfährt man nicht aus dem der mageren Promo-CD beigefügten Waschzettel, noch aus dem Internet, aber immerhin gibt's Hörbeispiele. Die Mitglieder haben demnach einen 'sehr unterschiedlichen musikalischen Hintergrund' und die Gruppe soll im schwedischen Underground recht bekannt sein. Der Bandname ist der Titel eines Romans einer der bekanntesten schwedischen Buchautorinnen (neben Astrid Lindgren natürlich), Selma Lagerlöf.
O.k., gehen wir halt einfach 'unvorbereitet und unvoreingenommen' an das Werk heran. Es gefällt, überfordert weder, noch langweilt es den Rezensenten! Eine keineswegs zu anspruchsvolle, verschwurbelte oder überkandidelte Musik, sondern schön zum Anhören oder zum Relaxen. Es klingt viel nach den Spät-Sechziger- und Früh-Siebziger-Jahren. Mangels Verständnis (und Lust zur mühsamen Übersetzung) der Titel bleiben der Interpretation alle Wege offen. Wer will, kann das Kopfkino einschalten. Da wird aber sicher kein Drama laufen, auch kein Psycho-Krimi, noch die melancholische Tiefensicht. Das Ding macht Spaß, eine Reise über's Land, ein instrumentales Road Movie, mit leicht verblassten und ineinander verlaufenden Farben.
Auf ein schwirrendes Intro steigt eine akustische Gitarre ein, dann eröffnen Bass, Schlagzeug, Keyboard (das wenig bekannte 'Solina' wurde für Streicherarrangements eingesetzt), Gitarre und Mellotron die melodische Zeitreise. Eine dramatische Steigerung mit Perkussion und verzerrter Gitarre und Rückkehr zum Thema. Im zweiten Song über einen Phaser gespielte Keyboards-Akkorde, Marschrhythmus auf der Snare Drum; ein die Strenge auflösendes, fröhliches Gitarrenriff, über das sich eine singende Solo-Gitarre erhebt, eine rückwärts abgespielte Sprechstimme - die Tour führt durch ein abwechslungsreiches Terrain. Mit seinen synthetischen Celloklängen bewegt sich der dritte Track zunächst fast in romantisch-kammermusikalischen Bereichen, dann greift eine Wah Wah-Gitarre ein, beschwört kurzfristig Turbulenzen herauf - die Fahrt über Stromschnellen mit leichter Havarie?
Forsch geht's weiter - ein neuer Tag voller Überraschungen. Das Mellotron zirpt, Bass und Schlagzeug liefern sich ein hochtouriges Rennen und was Keyboards und Gitarre abliefern, das erinnert doch erfreulich an die frühen Colosseum. Weiter wird verhalten gephast, vom Schlagzeug akzentuiert, künstlich gegeigt, von der Gitarre das Thema aufgenommen, der Drive zum Break aufgebaut und von vorn variiert. Fast schöne zehn Minuten lang. Yes-Vertracktes im sechsten Abschnitt. Zum Finale dann nochmal etwas kräftiger, rhythmischer, King Crimson-ähnlicher. Die zwischenzeitliche Flöte im lyrischen Mittelteil steigert sich Ian Anderson-mäßig, bevor der furiose Schlusspunkt gesetzt wird.
Dass sich der Ausflug in die skandinavische Retro-Welt lohnt, das zeigt dieses Album von Gösta Berlings Saga.
Mehr davon demnächst in RockTimes.
Line-up:
Alexander Skepp (Drums, Mellotron, Solina)
David Lundberg (Rhodes, Synthesizer, Mellotron)
Gabriel Hermansson (Bass guitar, Bow Bass)
Einar Baldursson (Guitars)
Tracklist |
01:Helgamarktz
02:Syrenernas säng
03:Aniarasviten
04:Ljud frän stan
05:Tog du med dig naturen?
06:Knölsvanen
07:Svarta häl och elljusspär
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