Gong / 2032
2032 Spielzeit: 75:29
Medium: CD
Label: G-Wave, 2009
Stil: Space Rock, Prog


Review vom 16.09.2009


Wolfgang Giese
Gong und der 'elektrische Camembert', eine ganz lange Geschichte, und - Gong lebt immer noch!
"2032", so der Titel der neuen CD, als sei dieser zukunftsorientiert gewählt. Wer unter uns wohl noch erleben wird, ob es die Band im Jahre 2032 noch geben wird? Vielleicht habe ich ja die Ehre, die dann erscheinende CD noch rezensieren zu dürfen.
Doch, zunächst ein kurzer und knapper historischer Abriss, bevor ich den Bogen zu der vorliegenden Neuveröffentlichung schlage.
Der Australier Daevid Allen, anfänglich in Diensten Soft Machines, musizierte damals, in den späten 60ern, mit seiner Gattin Gilly Smyth. Mit wechselnden Besetzungen und nach der offiziellen Namensgebung, Gong, brachte die Platte "Camembert Electrique" im Jahre 1971 den Durchbruch.
Mit diesem Album wurde auch der Reigen der 'Gong-Mythologie' um den Planeten Gong eröffnet. Der Planet Gong, bevölkert von solchen Wesen wie den 'Radio Gnomes', den 'Pothead Pixies' und den 'Octave Doctors'. Die Letztgenannten hatten hiernach die Erde zuletzt in den späten 60er Jahren besucht, als man noch Hoffnung auf den Weltfrieden haben durfte, so der Pressetext.
So markiere 2032 das Jahr, wenn der Planet Gong vollen Kontakt mit der Erde haben werde. Bei der Rückkehr wollen die Bewohner des Planeten, der die Erde heimlich mit Energie versorgt, unseren Fortschritt überwachen und haben ihre Unterstützung für die Aufgaben unseres Planeten angeboten. Das Jahr 2032 sei der Zeitpunkt, wenn der Planet Gong offiziell von den terrestrischen Astronomen anerkannt wird und die ersten offiziellen Besuche anstehen.
Nun denn, hoffen wir das Beste!
Im Laufe der Geschichte der Band kamen und gingen Musiker wie Steve Hillage, Didier Malherbe, Pip Pyle, Pierre Moerlen, Allan Holdsworth, darüber hinaus ergaben sich stets neue Bandprojekte und Nebenprodukte wie Mothergong, Gongzilla, Pierre Moerlen's Gong, NY Gong, Planet Gong.
Von der ersten Platte aus 1970, "Magick Brother" bis zuletzt 2006 mit "Live In Tokyo", kam es zu vielen Plattenveröffentlichungen in unterschiedlicher Qualität.
"2032" zählt für mich mit Sicherheit zu den Highlights in der Diskografie.
Vier Originalmitglieder sind wieder dabei, mein Wunschgast wäre hier natürlich noch Allan Holdsworth gewesen, doch auch so: Diese Platte ist eine der besten Veröffentlichungen des Jahres 2009! Volle RockTimes-Uhren-Zahl! Tipp!
»We come from an Alien Nation«, so haucht Allen im Eröffnungstrack, "City Of Self Fascination". Der Gesang und die Intonierung erinnern dann auch etwas an frühe Soft Machine. Dazu ein trocken gespieltes Schlagzeug und Steve Hillage mit den für ihn typischen Melodieschleifen auf der Gitarre. Mittendrin wird gerappt und das Stück nimmt eine stilistische Wendung, hin zu Frank Zappa. Diese bereits im ersten Titel ausgeprägte Vielfalt zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze CD. Stiltreue Hörer könnten hier schier verzweifeln, die Musiker lassen sich immer wieder etwas neues einfallen, Langeweile ist hier ein absolutes Fremdwort.
Ist es nicht Hillage, der hier prägende Elemente setzt, dann sind es entweder der vorher bei Soft Machine aktive Theo Travis an Saxofonen und Flöten oder die noch immer skurril blubbernden Keyboards von Hillages Lebensgefährtin Miquette Giraudy.
Dazu, erstmalig auf Track 2, "Digital Girl", die berühmten 'Space Whispers' von Gilly Smith. Und wieder Rap, "How To Stay Alive", das endet mit einem der Gastspiele von Didier Malherbe, einem der Urmitglieder von Gong, hier mit seinem Spiel auf dem Duduk. Doch vor dem Duduk erst einmal Steve Hillage mit einem verzerrten Kurzsolo. Und immer wieder Rap...., ....und 'Space Whisper'...
Malherbe veredelt übrigens später, auf Track # 8, "The Year 2032", mit seinem Sopransaxofonsolo dieses Stück.
"Escape Control Delete", ein eintönig getrommeltes Stück mit einem gewissen 'Trance-Charakter', das ein wenig an einige Titel aus der Ära des 'Krautrock' erinnert. Es strömt eintönig, aber fesselnd melodisch vor sich hin - eines meiner liebsten Stücke. Fein, die leicht eingewobenen Saxofonlinien von Travis, und auch hier habe ich den Eindruck, als würde Robert Wyatt mitsingen. Am Schluss hebt Hillage dann ab und bringt den Titel zu einem schönen Schluss.
Bei "Dance With The Pixies" wird ein 'Jig' eingebaut, keltische Folklore und East Of Eden lassen grüßen!
"Robo-Warriors" ist ein elektronisches Stück, sehr skurril, mir gefällt das nicht, gleichwohl ist es passend in das Gesamtkonzept der Platte. »Let's fight another War«, so der repetitive Chorgesang auf "Guitar Zero", mutet etwas nervend an, doch der Titel selbst hat einen guten Groove und ein irgendwie abgedrehtes Saxofonsolo von Travis.
Der vielleicht 'eleganteste' Track mit einer feinen Flötenausschmückung und einigen Wendungen und insgesamt etwas weicher und relativ akustisch ausgefallen ist "The Gris Gris Girl", ein leichter Folk-Einfluss schwebt über dem Ganzen - und - ist hier schon wieder Robert Wyatt dabei??? Und - gelegentlich klingt so ein wenig Jethro Tull durch. "Pinkle Ponkle" überrascht uns mit arabischen Einflüssen und zählt auch zu einem meiner liebsten Stücke des Albums, leicht mystisch klingt es hier...
"Portal" verabschiedet uns mit treibend-hektischen Drums und einem ekstatischen Hillage, ein hektischer Abschied scheint das zu werden, bevor das Stück jazzige Elemente aufgreift und fließend wird mit spacigen Flötentönen und schwebenden Klängen und abschließend verkündet wird: »The Portal is open«!
Auffällig ist, dass die Band hier als Einheit auftritt, selbst Steve Hillage als an sich virtuoser Solist spielt sich nicht in den Vordergrund. Eine wie ungewollt klingende Fusion aus Rock, Prog und Jazz Rock ist hier entstanden und bei fortgesetzten Hördurchgängen kann es zu immer neuen Entdeckungen feiner Nuancen kommen.
Line-up:
Daevid Allen (lead vocals, guitar)
Gilli Smyth (space whisper)
Steve Hillage (guitars)
Miquette Giraudy (synthesizers, vocals)
Mike Howlett (bass)
Chris Taylor (drums, vocals)
Theo Travis (saxes, flute)
Didier Malherbe (duduk - #3,13, soprano sax - #8, flute - #4,14)
Yuji Katsui (violin - #6)
Elliet Mackrell (violin - #6)
Stephanie Petrik (background vocals - #1-4, 6, 11)
Tracklist
01:City Of Self Fascination [Allen] (6:04)
02:Digital Girl [Allen, Hillage] (4:23)
03:How To Stay Alive [Allen, Hillage, Howlett, Taylor] (8:06)
04:Escape Control Delete (Allen, Hillage, Giraudy, Howlett] (7:58)
05:Yoni Poem [Smyth, Giraudy] (2:09)
06:Dance With The Pixies [Allen] (4:37)
07:Wacky Baccy Banker [Allen, Hillage] (8:21)
08:The Year 2032 [Allen] (5:39)
09:Robo-Warriors [Smyth, Giraudy] (3:00)
10:Guitar Zero [Allen, Taylor] (4:55)
11:The Gris Gris Girl (Allen, Hillage) (6:29)
12:Wave And A Particle [Smyth, Giraudy] (2:05)
13:Pinkle Ponkle [Allen, Hillage, Smyth] (4:35)
14:Portal [Hillage] (7:08)
Externe Links: