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Die beiden Angelsachsen Kris Gray und Tim Wyatt hatten sich verdammt lange aus den Augen verloren, bis sie vor nicht allzu langer Zeit über einen gemeinsamen Bekannten/Freund wieder in Verbindung kamen. Die alte Chemie schien umgehend auch wieder über dem Bunsenbrenner zu köcheln und es dauerte nicht lange, bis sich die beiden entschlossen, ein neues Projekt zu starten.
Da beide ( Wyatt als Drehbuchautor, Dokumentarfilmemacher, Journalist und Musiker sowie Gray u. a. als Bassist in der Miller Anderson Band und Manager von Chris Farlowe) noch was zu tun hatten, dauerte es zwar wieder ein bisschen, aber seit ein paar Wochen liegt nun ihr gemeinsames Album "Naming The Darkness" vor. Alles, was im Vorfeld noch fehlte, war eine kurze Zeit zur Zusammenstellung der Songs und die Suche nach einem Schlagzeuger, der dann relativ schnell in Person von Klaus Schenk gefunden wurde.
Herausgekommen ist dabei ein herrlich aufregend-unaufgeregtes Album mit 13 Songs im Singer/Songwriter- bzw. Folk-Stil (mit leichten Blues-, Reggae- und Rock-Anteilen), das einfach immer und überall richtig klasse zu genießen ist. 'Unaufgeregt' deshalb, weil hier zu keinem Zeitpunkt versucht wird, irgendwie halsbrecherisch zu wirken oder mit irgendwelchen Gimmicks Aufmerksamkeit zu erzwingen. Denn dafür sind die beiden Protagonisten viel zu abgeklärt, haben bereits Jahrzehnte im Business auf dem Buckel und brauchen auch niemandem mehr etwas zu beweisen.
Sehr beschwingt und mit viel Spaß in den Backen sowie einer blanken Liebeserklärung an eben diese startet "Deutsche Girls". Mit Akustikgitarren im oberen Midtempo-Bereich und sehr eingängigen Gesangslinien führt Tim Wyatt hier gar vor Augen bzw. Ohren, dass für ihn die Ladies in unseren Landen sogar denen im eigenen weit überlegen sind. Was für ein Kompliment! Ganz so federleicht und unbeschwert geht es - vor allem textlich - zwar nicht auf jedem Song dieser Scheibe zu, aber die Protagonisten haben selbst bei ernsteren Themen allermeistens einen (typisch englischen) schwarzhumorigen Kommentar in der Hinterhand.
Manchmal (beispielsweise bei "Acid King") geht es auch etwas melancholischer zur Sache, manchmal ziemlich kritisch ("Dear Leader" oder "Not Enough Insanity") oder es wird ganz allgemein - wie bei "Same Shit, Different Day" (mit fast schon Cajun-artigem Akkordeon) - mit der Öde des schnöden Alltags abgerechnet. All dies aber musikalisch sehr folkig, sehr angenehm in sehr schöne Songs verpackt. Das ist fast schon wieder eine kleine Kunst, wie hier teilweise komplexe sowie ernste Themen in Musik eingebunden werden, die trotzdem einen Höllenspaß macht.
Einer meiner absoluten Favoriten ist "Flagging Ego", bei dem es - so zumindest meine Interpretation - vor allem darum geht, nicht mit sich selbst zurecht zu kommen und ganz nebenbei auch noch zu bemerken, dass auch der Rest des sozialen Umfeldes ein kleines Problem mit der Persönlichkeit des Protagonisten zu haben scheint. Bei "Nightmare" wird gar ein kleiner Ausflug in den Reggae unternommen, der aber ebenfalls sehr gut geglückt ist. Auch der "Metaphysical Blues" ist ein feiner, der dazu obendrein noch ohne jegliche solistische Dauererektionen auskommt.
"Naming The Darkness" von Gray & Wyatt ist von vorne bis hinten sympathisch und klasse! Wenn von der Instrumentierung, den Kompositionen und Arrangements auch eher einfach gehalten, überzeugt dennoch nahezu jeder einzelne Track. Viel damit zu tun hat natürlich auch die Tatsache, dass beide Protagonisten absolute Könner sind und bereits jahrzehntelange Erfahrung haben. Lockere, relaxte sowie flotte Musik, deren Texte zwar jede Menge Zündstoff enthalten, aber dennoch nie aufs Gemüt schlagen.
Ganz klare Empfehlung an alle, die gute Musik auch genießen können, ohne zeitgleich ständig auf neue Sensationen zu warten.
Line-up:
Kris Gray (guitars, bass, banjo, lead & background vocals)
Tim Wyatt (guitars, lead & background vocals)
Klaus Schenk (drums & percussion)
| Tracklist |
01:Deutsche Girls
02:Acid King
03:Same Shit, Different Day
04:Welcome To Oblivion
05:I Am, I Think
06:Dear Leader
07:Flagging Ego
08:Nightmare
09:Fun Factory
10:Metaphysical Blues
11:Not Enough Insanity
12:Middle Aged Swine
13:Migraine
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