Grizzly Bear / Friend
Friend Spielzeit: 43:25
Medium: EP
Label: Warp Records (Rough Trade), 2007
Stil: Indie / Pop

Review vom 24.11.2007


Markus Kerren
Nach etwas über drei Jahren seit ihrer Gründung und genau so vielen Alben legen Grizzly Bear aus Brooklyn, New York City nun eine 10-Song EP vor, die uns neben einem neuen Track auch verschiedene Covers und neue Einspielungen, sowie Kollaborationen von bereits veröffentlichten Stücken bietet. Und dieser Zehner ist für Freunde der experimentellen Musik und außergewöhnlichen Sounds schon mal eine Reise wert.
Die Atmosphäre auf "Friend" ist von stark melancholischen Stimmungen und Gefühlen geprägt, die des Öfteren dramatisch und pompös ausgedrückt werden. Bereits der Einstiegssong "Alligator (Choir Version)" nimmt uns auf den Planeten der ewigen Einsamkeit mit, während die abgefahrenen, verzerrten Keyboardschwaden, eine fast cleane Gitarre, der pumpende Bass und ein ziemlich dominantes Schlagzeug den Soundtrack zu dieser Reise darstellen und sich bei den Refrains zu fast monströsen Klanggebilden aufbauen.
"He Hit Me" könnte ein Bruder des Openers sein und fährt vom Aufbau und Stil exakt dieselbe Linie. Die Atmosphäre wird sehr dicht gehalten und die Musik hat etwas unterschwelliges, brodelndes. So ungefähr stelle ich mir einen heftigen Drogentrip vor, bei dem das Unterbewusstsein die volle Kontrolle übernommen hat und nun seine ganz eigenen Spielchen mit einem treibt. Dass es aber auch ganz anders geht, beweisen das ruhigere, mit vierstimmigem Gesang gebrachte "Little Brother (Electric)" oder das mit schönem Piano, Gitarre und Streichern eingespielte "Shift (Alternate Version)".
Mit "Granny Diner" wird hier ein Stück präsentiert, das davor nur als Japan-Bonustrack veröffentlicht wurde. Der beinahe Instrumental-Titel (gegen Schluss werden zwei Zeilen mit der verstörenden Frage, warum der Abwasch denn noch nicht erledigt wurde, gebracht) startet mit einer gefühlvollen Akustik-Gitarre, bevor alles in eine Tom Waits-mäßige Traum-Szene abwandert. Sicherlich muss man diese Musik nicht mögen, aber hochinteressant ist sie allemal!
Mit "Knife" kommt man in dieser Version am ehesten in die Nähe eines kommerziellen Pop-Songs. Wobei dieser von Keyboards und Synthies geprägte Track musikalisch fast etwas an David Bowies Album "Low" (1977) erinnert. Totaler Kurswechsel dann bei "Plans", bei dem ein Banjo ein surreales Western-Feeling zu den üblich unüblichen Arrangements und Soundcollagen liefert. Eine weitere, meiner Meinung nach wegen verwaschener Melodie, nicht so starke Version von "Knife" folgt, bevor der einzige neue Song "Deep Blue Sea" (herrlich allein von Daniel Rossen am Gesang und seiner Akustischen gebracht) diese EP vermeintlich beendet.
Vermeintlich…denn nach etwas Leerlauf folgt dann noch ein kurzer (unbenannter) Hidden Track, der sich wie eine abgedrehte Begleitmusik zu einem Spaghetti-Western aus dem Jahr 1972 anhört.
"Friends" ist für den Genre-Freund und Band-Kenner aufgrund seiner ungewöhnlichen Zusammenstellung und für den geneigten Antester aufgrund seiner ungewöhnlichen und starken Arrangements und Atmosphären, dazu der eigenwilligen Instrumentierungen sicherlich hochinteressant. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich Grizzly Bear mit dieser EP neue Freunde machen werden.
Line-up:
Daniel Rossen (vocals, guitars)
Christopher Bear (drums, vocals)
Edward Droste (vocals, guitars)
Christopher Taylor (bass, woodwinds, electronics, vocals)
Tracklist
01:Alligator (Choir Version)
02:He Hit Me
03:Little Brother (Electric)
04:Shift (Alternate Version)
05:Plans
06:Granny Diner
07:Knife (Covered By CSS)
08:Plans (Covered By Band Of Horses)
09:Knife (Covered By Atlas Sound)
10:Deep Blue Sea (Daniel Rossen Home Recording)
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