Grobschnitt / 25.10.2008 Halle 39, Hildesheim
Grobschnitt Grobschnitt
Halle 39, Hildesheim
25. Oktober 2008
Stil: Krautrock



Artikel vom 30.10.2008


Jürgen Bauerochse
GrobschnittDieser schon seit langer Zeit feststehende Konzerttermin hatte für mich einen besonderen Stellenwert im Jahr 2008. Zum einen hatte ich Grobschnitt zuletzt vor weit über zwanzig Jahren live auf der Bühne erlebt, und zum zweiten legte die Band aus Hagen danach eine 18 Jahre dauernde 'Denkpause' ein, sodass ich mir nicht sicher sein konnte, ob sie die Faszination ihrer Musik bis in die Gegenwart rüberretten konnte, die sie in der Vergangenheit immer ausgezeichnet hatte.
Die Events von Grobschnitt waren schon immer etwas ganz Besonderes. Mehrstündige Shows mit aufwändigen Licht- und Nebeleffekten, sowie Sketche und Kostümierungen gehörten zu den Markenzeichen der Jungs aus Westfalen und machten sie so einzigartig in Deutschland.
GrobschnittUnd genau diese Tatsache machte mich neugierig. Wie würde ich selbst auf diese Eindrücke reagieren, sollten sie denn auch bei dieser Tour kommen? Hatten sie noch die gleichen Einwirkungen auf mich, wie vor Jahrzehnten? Schließlich bin auch ich älter und 'reifer' geworden und nicht mehr so schnell zu beeindrucken… Jetzt war also nicht nur die Band so richtig gefordert, sondern auch mein subjektives Wahrnehmungsgefühl. Wahrhaft keine leichte Aufgabe für Alle, aber auch eine richtige Herausforderung für Musiker und Publikum.
GrobschnittGrobschnitt 2008 haben sich nach der langen Zwangspause in einer sehr interessanten Konstellation wieder zusammengefügt. Neben den altbewährten Haudegen Milla Kapolke, Toni Moff Mollo, Admiral Top Sahne, sowie dem einzig verbliebenden Gründungsmitglied Willi Wildschwein Danielak sind inzwischen mit Manu Kapolke und Nuki Danielak die Söhne zweier der Bandmitglieder mit dabei, die für die Bearbeitung der Gitarren zuständig sind. Komplettiert wird die Band durch den Keyboarder Deva Tattva und Demian Hache (Percussion, Keyboards), die für den benötigten dichten Gruppensound sorgen sollen.
GrobschnittDie Bühne in der mir bis jetzt völlig unbekannten Halle 39 zu Hildesheim war also ganz schön voll gepackt, da auch noch eine ziemlich große Batterie an Scheinwerfern installiert worden war. Grobschnitt hatten anscheinend Größeres vor. Das konnte mir nur Recht sein! Die Anspannung wuchs…
Die Halle selbst wird wohl in der Regel vorwiegend für Sportveranstaltungen genutzt und hat für ein Rockkonzert schon ganz schön beeindruckende Ausmaße. Umso erstaunter war ich über das sehr große Publikums-Interesse an diesem Abend. Obwohl sehr schlecht zu schätzen, waren meiner Meinung nach mindestens 800 Zuschauer anwesend. Eine Zahl, mit der ich nicht im Traum gerechnet hatte.
GrobschnittFast pünktlich um 20.00 Uhr begann das Konzert mit Walzerklängen und anderen abgefahrenen Tönen, und sofort waberten die ersten Nebelschwaden über die Bühne. Grobschnitt war wieder da, und das genau wie in den alten Zeiten. Schon das Intro mit dem Titel "Razzia" brachte die Zuhörer richtig in Wallung, wobei sehr schnell klar wurde, dass hier sehr viele Hardcore-Fans dabei waren, die mir besonders durch ihre Textsicherheit auffielen und anscheinend den Ablauf jedes einzelnen Songs ganz genau kannten. So kann man sich also sehr gut vorstellen, welch eine Stimmung bei diesem Gig vorherrschte.
GrobschnittEin klasse Sound und eine wirklich gut gemachte Lightshow taten ein Übriges dafür, dass der erste Teil des Konzertes sofort richtig gut abging. Hier passte einfach alles. Milla, Willi und Toni, die sich immer wieder im Leadgesang ablösten, waren extrem gut drauf und stimmlich in absoluter Topform. Die ständige Kommunikation zwischen Frontmann und Publikum tat ein Weiteres, um den Abend so richtig in Schwung zu bringen. Dazu lieferten die beiden jungen Gitarristen eine sehr gute Leistung ab und wurden immer wieder mit spontanem Zwischenapplaus belohnt. Überhaupt wirkte die ganze Band in diesem 13. Konzert der Tour perfekt eingespielt.
GrobschnittSo wechselten sich der Admiral und Demian Hache schon mal am Schlagzeug ab und bewiesen dabei ihre musikalischen Fähigkeiten. Immer wieder wechselten Grobschnitt zu akustischen Songs, wobei "Silent Movie" vom Album "Illegal" ein erstes Highlight war, bei dem sich Willi und Manu richtig gut ergänzten.
Das erste Set wurde aber beherrscht von Auszügen aus der Kult-CD "Rockpommels Land", von dem "Ernies Reise" und das große "Finale" nacheinander gespielt wurden. Hier tauchte auch Toni Moff Mollo erstmals kostümiert zwischen den Nebelschwaden auf. Herrlich, den kleinen Mann im Supermann-Outfit zu sehen…
GrobschnittIm Nu waren die ersten neunzig Minuten vorbei, und es folgte eine etwa 20-Minütige Zigarettenpause. Diese 'Erholungsphase' kam ganz recht, denn im zweiten Teil gab es noch eine weitere Steigerung.
Im Mittelpunkt des weiteren Konzertes stand natürlich, vom Publikum sehnsüchtig erwartet, der Grobschnitt-Kult-Song schlechthin. "Solar Music" bzw. "Sonnentanz" war angesagt und wurde mal eben in einer 43 Minuten langen Version durchgezogen. Dieser Titel mit seinen zahllosen Tempowechseln, seinen Übergängen von ganz sanften bis zu infernalisch harten Klängen ist immer wieder ein echtes Konzerterlebnis.
GrobschnittAuch der Mittelteil, in dem nacheinander ellenlange Soli an Leadgitarre, Bass, Keyboards und Akustikklampfe anstanden, war ein richtiger Hinhörer. Dieses Werk ist und bleibt eben ein 'Jahrhundertsong', den eine Band wohl nur einmal in ihrer Karriere schreiben kann.
Immer wieder wechselten die Farbnuancen auf der Bühne und tauchten die Halle damit in die verschiedensten Stimmungen. Dazu kam jetzt auch die legendäre Pyrotechnik wieder zum Einsatz, bei der die Flex ausgepackt wurde, und auch der Kampf mit den Laser-Schwertern fand wieder statt. Der Rezensent war begeistert und ließ sich nur zu gerne zu weiteren Jubelstürmen hinreißen.
GrobschnittNach diesem Kraftakt folgte im Zugabenteil mit "Mary Green" noch ein weiterer Klassiker aus dem "Illegal"-Album, sowie das große "Powerplay"-Finale mit ausführlicher Vorstellung der Bandmitglieder. Grobschnitt hatten es mal wieder geschafft, das Publikum restlos zu begeistern. Ihre Kombination aus deutschen und englischsprachigen Songs ließ keine Wünsche offen. Diese Band hat es auch neunzehn Jahre nach der "Last Party"-Tour noch voll drauf.
Ziemlich geschafft nach diesem dreistündigen Konzert ging es mit der Erkenntnis nach Hause, gerade eben einen ganz heißen Tipp für das 'Konzert des Jahres 2008' erlebt zu haben.
Line-up:
Stefan 'Nuki' Danielak (Gitarre, Gesang)
Manu Kapolke (Gitarre, Gesang)
Milla Kapolke (Bass, Gesang)
Deva Tattva (Tasteninstrumente)
Demian Hache (Tasteninstrumente, Percussion)
Willi Wildschwein (Gesang, Gitarre)
Toni Moff Mollo (Gesang, Lightshow)
Admiral Top Sahne (Schlagzeug)
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