The Groove / 24.09.2010, Coffeehouse, Kleve
Klever Jazz Freunde The Groove
Kleve, Coffeehouse
24. September 2010
Stil: Jazz, Rhythm & Blues, Funk, Blues

Artikel vom 30.09.2010


Joachim 'Joe' Brookes
'Heute geh' ich mal wieder zum Jazz' war mein Ansinnen und da kam das tolle monatliche Live-Angebot von den Jazzfreunden Kleve e.V. gerade richtig.
The GrooveWenn sich eine Band schon den Namen The Groove gibt und dahinter unter anderem der Gitarrist sowie Sänger Ali Claudi verbringt, dann ist das schon Motivation genug, ein Konzert dieser Combo zu besuchen. Das Quartett ohne Bassist wird vervollständigt durch Uwe Haselhorst am Saxofon, Hans Günther Adam (organ, basspedal) und Kurt Billker am Schlagzeug. Billkers musikalische Kontakte reichen von Randy Brecker über Lee Konitz sowie Steve Lacy bis hin zu Bireli Lagrene. Haselhorst erfuhr seine Ausbildung bei Kurt Edelhagen an der Staatlichen Hochschule für Musik Köln.
Claudi ist ebenfalls Mitglied von der Boogie Woogie Company und mit The Groove hat er zwei Alben veröffentlicht: "Back To The Roots" und "Cookin' Up". Unter anderem stehen Bill Coleman, Eddie Boyd, Big Joe Turner und Jimmy Woode auf seiner Visitenkarte.
The GroovePünktlich um 20:30 Uhr ging es mit einem aus drei Sets bestehenden Konzerts los. Der Gig sollte erst kurz vor Mitternacht nach zwei Zugaben sein endgültiges Ende haben. Das Quartett setzt sich aus versierten Musikern zusammen und der Auftritt zeigte wieder einmal, was im Jazz so alles möglich ist, selbst wenn man neben den hervorragenden Eigenkompositionen mit einem Einkaufswagen Liedgut anderer Künstler aus den Regalen zieht. Das Angebot ist ja opulent. Aber mehr oder weniger der Reihe nach ...
The GrooveMit einem zehnminütigen Instrumental wurde dem zahlreich erschienen Publikum ordentlich eingeheizt. Claudi, Haselhorst sowie Adam nahmen sich bereits in ihren ersten Soli alle Freiheiten für ihre Improvisationen. Nur Billker servierte seine Drumeinlagen in mehreren Akten. Wow, beeindruckend, über welche Fähigkeiten und Fertigkeiten die Musiker verfügen. Wie bereits weiter oben erwähnt, befindet sich in der Combo kein Bassist. Adam übernahm den Part und bediente die auf dem Boden befindlichen Tieftöner-Pedale ohne Schuh. The Groove fand genau den richtigen Konzert-Opener, so dass man gar nicht erst an so etwas wie 'die Gunst des Publikums erspielen' dachte.
The GrooveÜber den gesamten Abend hinweg erwies sich Ali Claudi zwischen den Songs auch als bestens aufgelegter Moderator und so kündigte er als nächsten Track "The Cat" vom genialen Jazzorganisten Jimmy Smith an. Claudis halbakustische schwarze Gibson hatte einen wunderbar klaren Sound, der zuweilen auch mal etwas härter rüber kam.
Im Rückblick auf den gesamten Gig war es ein wahres Festival der vielfältigen, ausgereiften Soloeinlagen, die sich, einem Gewinde ähnlich, in höhere Sphären schraubten. Selbstredend fand die Gruppe stets wieder zum gemeinsam gespielten Songthema zurück, aber es war immer was los auf den Bühne.
The GrooveHaselhorst durfte man fast nie aus dem Augenwinkel verlieren, denn er wechselte auch während der Stücke sein Arbeitsgerät und davon hatte standen reichlich bereit. Gleich drei Aerophone hatte er zur Verfügung und das Quartett der Blasinstrumente wurde durch eine Querflöte komplettiert. Bei dem Smith-Song spielte er zu funky Gitarrenlicks ein beseeltes Solo auf der Querflöte und Billker setzte bei seinem Alleingang fleißig die Cowbell ein. Über sein Basspedal hatte Adam viele Variationsmöglichkeiten. Ja nach Stimmung klagen die tiefen Töne wie ein Kontrabass oder E-Bass, der auch in der geslappten Version durch die Lautsprecher kam.
Ach, wie herrlich ... mit "Got You On My Mind" wechselte die Band zum 12-Takter. Adam, der, wie alle anderen auch, ein echter Zauberer auf seinem Instrument war, hatte dazu ein honky Piano im Gepäck und die Band-Lesung dieses Titels war ein swinging Groove-Blues erster Kajüte.
The GrooveGleich wurde noch einer oben drauf gesetzt: W.C. Handys "St. Louis Blues" war an der Reihe. Die Spieleröffnung kam vom Bass und dazu gab es schöne Handclaps. Claudi hatte fast schon rockige Riffs in der Auslage. Oh Mann, welch herrliche Fills lieferte dazu Haselhorst auf seinem Holzblasinstrument. Ach ja, Ali Claudi hatte das Mikrofon nicht nur für seine Überleitungen vor sich stehen. Sein Gesang war herrlich relaxt und hatte ein wunderschönes Timbre.
Wie toll The Groove Fremdkompositionen zu seiner eigenen Angelegenheit machte, sollte auch die nächste Nummer zeigen. Johnny Nashs Hit "I Can See Clearly Now" aus dem Jahr 1972. Ui! Zauberhaft, wie dieses Stück den noch jungen Abend versüßte. Szenenapplaus gab es verdammt viel. Auch dann, wenn Claudi die Zuschauer durch seine Fingerkuppenakrobatik mit wunderschönen Phrasierungen über das Thema erfreute. Haselhorsts Chiffon-Sax-Solo und Adams flächendeckende, perfekt nach Hammond klingenden Keyboards machten den Song zu einem weiteren Leckerbiss des Auftritts. "Sister Sadie", im Original eine Bebop-Nummer von Horace Silver wurde von The Groove durch eine Funk-Interpretation vergoldet. Die Renovierungsarbeiten an dem Titel waren sehr gut gelungen. Vorher gab es schon des Öfteren perfekt justierte Twin-Sounds von Saxofon sowie Sechssaiter. In der Kategorie hatte The Groove allerdings noch mehr zu bieten. Wenn sich Adams Tasten dazugesellten, gab es die Klänge auch in der Drillings-Auflage.
The GrooveNach einer kurzen Pause wurde die zweite Runde mit einer Claudi-Eigenkomposition eingeleitet. Wenn in "I Don't Like You No More" die Keyboards Gewitter versinnbildlichen und der Hammond-Sound bei einer Frage-Antwort-Einlage zwischen Saxofon sowie Gitarre frech dazwischenquatscht, dann ist bei den mit allen musikalischen Wassern gewaschenen Akteuren ordentlich was los und das Publikum ist der erfreute Nutznießer.
The GrooveHaselhorst war durch sein beeindruckend farbiges Spiel bei mir gedanklich schon ein Meister aller Klappen und im nächsten Track wurde er zum Jimi Hendrix auf dem Saxofon. Sorry, aber seine "Wind Cries Mary"-Einlage war einfach nur geil.
Vor "Rollin' Ocean" gab es von Claudi eine kurze Lehrstunde in Sachen deutscher Musikgeschichte. Haselhorst schrieb den Song für das Ocean Orchestra, in dem er selbst zu den Mitgliedern zählte. Und wer war damals der Sänger? Herbert Grönemeyer. Das war mir noch nicht bekannt. Die heiße Funk-Nummer entpuppte sich als die reine Lehre von den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft. Im Coffeehouse brodelte es und Adams, Haselhorst, Billker sowie Claudi sollten einen Stand bei der nächsten Messe für musikalische Improvisationen haben. Ein weiteres höllisches Gebräu aus Salsa, Funk und Soul reichte allemal aus, um den Zuckerhut zum Schmelzen zu bringen.
The GrooveDer lautstarke Beifall forderte zwangsläufig eine Zugabe. Herrje, wie gekonnt wurde Procol Harums Klassiker "A Whiter Shade Of Pale" in einem eigenen Schnittmuster geboten. Brillant! Ray Charles stand vorher schon auf der Liste der Zitatensammlung. Zum großen Finale wurde "Hallelujah I Love Her So" gespielt; nein, zelebriert.
The Groove hatte ein grandioses Feuerwerk-Konzert der Extraklasse geboten, die besinnlichen Momente waren auch nicht gerade ein Sparpaket und der Schmelztiegel aus Jazz und Verwandtem erwies sich als groß. Kompliment und Chapeau!
Wir danken den Jazzfreunden Kleve e.V. für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Ali Claudi (guitar, vocals)
Uwe Haselhorst (soprano saxophone, alt saxophone, tenor saxophone, flute)
Hans Günther Adam (Hammond, basspedal)
Kurt Billker (drums)
Bilder vom Konzert
Lisa Kézér Quartet     Lisa Kézér Quartet    
Lisa Kézér Quartet     Lisa Kézér Quartet     Lisa Kézér Quartet
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