Grusom / Same
Same Spielzeit: 42:03
Medium: CD
Label: Kozmik Artifactz, 2015
Stil: (Retro) Hard Rock, Psychedelic Rock

Review vom 22.03.2016


Steve Braun
Zahllos sind die Retro-Kapellen aus skandinavischen Landen, die im letzten Jahrzehnt hierzulande für einige Aufregung sorgten - von Helsingborg Underground bis Horisont. Ich könnte spontan nahezu ein weiteres Dutzend benennen... Grundsätzlich bin ich - im Gegensatz zu manchem Kollegen - der Retro-Schiene recht wohl gesonnen, denn die Musik der Siebziger ist für meinen Geschmack zu großen Teilen zeitlos schön. Wenn sich junge Menschen dahingehend zu Reminiszenzen hinreißen lassen, ist das einfach nur großartig.
Das Problem ist, dass so manche, nicht nur skandinavische Retro-Combo den damaligen Zeitgeist nicht zu transferieren versteht und das fertige (Kunst-)Produkt dann seelenlos wirken kann. Nur selten können Bands aus diesem Subgenre derart überzeugend reüssieren wie bspw.
Mothers Hope oder Spids Nøgenhat...
Grusom, auf der dänischen Insel Fünen beheimatet und Ende 2013 gegründet, gehören fraglos zur Oberklasse des retro-orientierten Hard- bzw. Psychedelic Rock, wenn ihnen auch speziell die Originalität ihrer Landsleute von Spids Nogenhat etwas abgeht. Diese sind - allein schon wegen ihres dänischen Idioms - fast schon eine Klasse für sich! Doch Grusom sind ohnehin einen ganzen Kanten härter unterwegs und 'fischen' somit nicht in gleichen Gewässern.
Wie bei so vielen anderen Retro-Bands darf auch hier der Name Deep Purple nicht unerwähnt bleiben. So manches Déjà-vu ("Come Closer" oder reichliche Double Leads von Gitarre und Orgel) steht einem da bevor... manchmal tönt's gar herrlich satt-heavy, ganz wie Sabbath auf 'Hammond-Kraut' ("Bleed For You"). Gelegentlich schimmert schon mal der floyd'sche Blues Rock aus den Frühsiebzigern ("Gruesome" oder die Einleitung von "Bleed For You") durch.
Das Songwriting ist durch die Bank als gelungen zu bezeichnen - Hard Rock mit deutlicher Heavy-Schlagseite, da gibt's wenig zu kritteln. Ausgerechnet die manchmal wenig abwechslungsreichen Orgel-Frasierungen sind - für einen Hammond-Fan wie mich - als Schwachpunkt zu werten.
Durch die Bank stark sind dagegen die sehr düster-dunklen Texte (»Goodbye, I see you on the other side, on the suicide« oder »Oh I am evil, I hold the world in my hands«). Noch schöner wäre gewesen, sie in gedruckter Form im Booklet vorliegen zu haben.
Neben den bereits namentlich genannten Songs möchte ich noch auf die starken Power-Balladen "Cold Stone" und "No Gods" verweisen, die absolute Spitzenklasse darstellen. Mit einem durchaus psychedelisch angehauchten 6/8-Takt überrascht "The Journey", bei dem mir merkwürdiger- bzw. irrwitzigerweise ein ums andere Mal die Leningrad Cowboys in den Sinn kommen, auch wenn die Polka bekanntlich im Zweivierteltakt daherzuschwingen pflegt....
Fazit: Wem bereits die Begriffsbezeichnung 'Retro-Rock' Hautausschläge beschert, sollte vielleicht um "Grusom" einen größeren Bogen machen. Dagegen dürfen alle Freunde der vielfältig-härteren Gangarten der Goldenen Siebziger hier ohne Umschweife zugreifen - viel verkehrt kann man da kaum machen.
Allerdings macht die bekannte Schwalbe noch keinen Sommer und ein gutes Debüt für sich noch lange keine große Band. Es bleibt also abzuwarten, wie sich Grusom zu entwickeln gedenken. Etwas mehr Originalität - ich verweise hier nochmals (leicht oberlehrerhaft) auf die dänischen Texte von Spids Nogenhat - sowie ein Quäntchen mehr Eigenständigkeit würde ich mir für das Nachfolge-Album wünschen. In der Summe ist "Grusom" sicherlich mit einigem Fug und Recht als empfehlenswert zu bezeichnen.
Line-up:
Nicolaj Hoffmann Jul (vocals)
Thomas Ulrik (guitars)
Dennis Warburg (guitars)
Peter Portner (keyboards)
Asger Johannsen (bass)
Jakob Kaae (drums)
Tracklist
01:First Semon (1:42)
02:Come Closer (3:12)
03:Evil (5:08)
04:Cold Stone (5:00)
05:The Journey (5:03)
06:No Gods (5:18)
07:Bleed For You (5:34)
08:The Reaper (4:11)
09:Gruesome (6:55)
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