Zahllos sind die Retro-Kapellen aus skandinavischen Landen, die im letzten Jahrzehnt hierzulande für einige Aufregung sorgten - von
Helsingborg Underground bis
Horisont. Ich könnte spontan nahezu ein weiteres Dutzend benennen... Grundsätzlich bin ich - im Gegensatz zu manchem Kollegen - der Retro-Schiene recht wohl gesonnen, denn die Musik der Siebziger ist für meinen Geschmack zu großen Teilen zeitlos schön. Wenn sich junge Menschen dahingehend zu Reminiszenzen hinreißen lassen, ist das einfach nur großartig.
Das Problem ist, dass so manche, nicht nur skandinavische Retro-Combo den damaligen Zeitgeist nicht zu transferieren versteht und das fertige (Kunst-)Produkt dann seelenlos wirken kann. Nur selten können Bands aus diesem Subgenre derart überzeugend reüssieren wie bspw.
Mothers Hope oder
Spids Nøgenhat...
Wie bei so vielen anderen Retro-Bands darf auch hier der Name
Deep Purple nicht unerwähnt bleiben. So manches Déjà-vu ("Come Closer" oder reichliche Double Leads von Gitarre und Orgel) steht einem da bevor... manchmal tönt's gar herrlich satt-heavy, ganz wie
Sabbath auf 'Hammond-Kraut' ("Bleed For You"). Gelegentlich schimmert schon mal der
floyd'sche Blues Rock aus den Frühsiebzigern ("Gruesome" oder die Einleitung von "Bleed For You") durch.
Das Songwriting ist durch die Bank als gelungen zu bezeichnen - Hard Rock mit deutlicher Heavy-Schlagseite, da gibt's wenig zu kritteln. Ausgerechnet die manchmal wenig abwechslungsreichen Orgel-Frasierungen sind - für einen Hammond-Fan wie mich - als Schwachpunkt zu werten.
Durch die Bank stark sind dagegen die sehr düster-dunklen Texte (
»Goodbye, I see you on the other side, on the suicide« oder
»Oh I am evil, I hold the world in my hands«). Noch schöner wäre gewesen, sie in gedruckter Form im Booklet vorliegen zu haben.
Neben den bereits namentlich genannten Songs möchte ich noch auf die starken Power-Balladen "Cold Stone" und "No Gods" verweisen, die absolute Spitzenklasse darstellen. Mit einem durchaus psychedelisch angehauchten 6/8-Takt überrascht "The Journey", bei dem mir merkwürdiger- bzw. irrwitzigerweise ein ums andere Mal die
Leningrad Cowboys in den Sinn kommen, auch wenn die Polka bekanntlich im Zweivierteltakt daherzuschwingen pflegt....
Fazit: Wem bereits die Begriffsbezeichnung 'Retro-Rock' Hautausschläge beschert, sollte vielleicht um "Grusom" einen größeren Bogen machen. Dagegen dürfen alle Freunde der vielfältig-härteren Gangarten der Goldenen Siebziger hier ohne Umschweife zugreifen - viel verkehrt kann man da kaum machen.
Allerdings macht die bekannte Schwalbe noch keinen Sommer und ein gutes Debüt für sich noch lange keine große Band. Es bleibt also abzuwarten, wie sich Grusom zu entwickeln gedenken. Etwas mehr Originalität - ich verweise hier nochmals (leicht oberlehrerhaft) auf die dänischen Texte von Spids Nogenhat - sowie ein Quäntchen mehr Eigenständigkeit würde ich mir für das Nachfolge-Album wünschen. In der Summe ist "Grusom" sicherlich mit einigem Fug und Recht als empfehlenswert zu bezeichnen.