»…Einer dieser Kontinente beherbergt das kleinste aller Länder. Es ist vom Weltraum aus nicht sichtbar - das ist es selbst von der Autobahn aus kaum - aber dennoch ist es auf dem Kontinent und sogar dem Planeten wohlbekannt für sein Chemo-Bier, politische Inkompetenz, Kindesmissbrauch und Schokolade.«
Ich wollte das Review einfach mal mit einem kleinen Auszug aus der ziemlich verrückten Bandbio beginnen. …Das Land ist Belgien (wahrscheinlich kommt's Einem von innen kleiner vor), und es hat Gwyllion hervorgebracht, die uns ihr viertes Album, "The Edge Of All I Know", kredenzen. Als Erstes fällt schonmal das schöne Artwork auf, lässt aber auf Grund von Erfahrungswerten auch Skepsis bei mir aufkommen. …Egal, ran an den Speck.
Stark geht's schonmal los, so viel ist sicher. Ein tolles Intro namens "In Silence Enclosed" umschmeichelt die Ohren. Könnte glatt aus einem großen, dramatischen Soundtrack stammen, und hat auch keinen zu hohen Schmalzfaktor. …Dann startet alsbald der eigentliche Opener, "Entwined". Sehr schnell wird's hier, und die Bedenken, die ich nach den ersten paar Sekunden hatte, zerstreuten sich sehr schnell - bei Gwyllion handelt es sich nicht um einen Klon von so vielen anderen Bands im Bereich des Prog-, Power-, Neoklassik-, was-auch-immer-Bereich. Der Song ist variantenreich und hat genug Tiefgang, um auch den skeptischen Hörer bei der Stange zu halten.
Hier sirent sich auch Sängerin Annelore Vantomme sofort ins Rampenlicht. Kraftvoll, emotional, aber nie schmierig - ein Pfund auf Gwyllions Seite, das den Song nochmal nach vorne bringt. Guter Eindruck bis hier!
Und der hält an. Die Band schafft das, was viele versauen: Einen guten Opener zu bestätigen. "Void" jedoch tut genau dies. Das Tempo wird hier ein wenig herausgenommen und die Rhythmen ständig gewechselt, was den leichten Prog-Touch von "The Edge Of All I Know" aufrecht erhält.
Der nächste Song, "Rage", zieht das Tempo dann wieder stark an. 'Jetzt ist es doch soweit', dachte ich, 'Jetzt geht's bergab'. …Und glücklicherweise war ich wieder zu pessimistisch, hatte ich doch erwartet, dass den Jungs und dem Mädel jetzt die Ideen ausgehen; aber weit gefehlt. Wieder schaffen sie es, diese schöne, wuchtige Dramatik aufzubauen. Und wieder tut Annelores Gesang ihr Übriges dazu.
Und jetzt kommt die obligatorische Halbballade, "Beyond Goodbye". Diesmal bin ich das Risiko eingegangen, mir jede Vorahnung zu verkneifen - und damit gut gefahren. Denn es wird nie zu kitschig, vielmehr werden Emotionen kraftvoll transportiert. Und gerade, wenn man meint, dass sich die Nummer totläuft, zaubern Gwyllion mit unterschiedlichen Mitteln einen kleinen Wechsel aus dem Ärmel, der das Ruder wieder in die richtige Richtung reißt.
Selbst das Althergebrachte kann fesseln, wie darauf in "The Night Awakes". Herrliches akustisches Intro, entsprechend folgender Folk Metal-Teil. An sich nix Neues, aber ich kann der Bande einfacht nichts abschlagen - und es ist auch alles Andere als langweilig.
Zu dem Zeitpunkt hatten mich Gwyllion schon auf ihrer Seite. Aber dann kommt auch noch "Closure" - von einem brettharten Riff eingeleitet, dass mein Metallerherz einen Luftsprung macht. Die Gefahr, dass ein harter Song von weiblichem Gesang entkräftet wird, besteht hier selbstverständlich nicht. …Nicht, dass ich das zu diesem Zeitpunkt noch befürchtet hätte! Auch auf den letzten drei Songs lässt sich diese Truppe noch viel Neues einfallen und schließt das Album der bisherigen Leistung würdig ab.
Gwyllion ist keine krampfhaft auf Prog oder Symphonik getrimmte Kapelle - hier geht alles Hand in Hand. Einzelne Elemente, die sich fast nie gegenseitig auf die Füße treten, lockern auf und machen glechzeitig Hunger auf die straffenden Elemente. Diese Band hat genug Eigenes, dass mir das ganze Album nie langweilig wurde. Sehr gute Leistung!
Line-up:
Annelore Vantomme (vocals)
Martijn Debonnet (guitars & backings)
Steve Deleu (guitars)
Thomas Halsberghe (bass guitars)
Joris Debonnet (keyboards & backings)
Wouter Debonnet (drums)
Tracklist |
01:In Silence Enclosed
02:Entwined
03:Void
04:Rage
05:Beyond Goodbye
06:The Night Awakes
07:Closure
08:A Thousand Words
09:Roots Of Reality
10:Angelheart
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