Die Schweden Gypsy Rose legen dieses Jahr ihr neues Album vor. "Another World", so der Titel der Scheibe, stellt dabei die zweite Veröffentlichung der Göteborger dar, denn ein gleichnamiges Debütalbum erschien bereits im Jahr 2005. Für das neue Werk haben die Mannen allerdings den Posten am Mikro ausgewechselt, denn es tönt einem mittlerweile die Stimme vom ehemaligen Accept- und Bangaloire Choir-Sänger David Reece entgegen. Das Debüt dagegen wurde noch von HaKan Gustafsson gesanglich veredelt. Da mir die Band bislang allerdings nur vom Namen her ein Begriff war, kann ich die Gesangsleistung der beiden Herren an dieser Stelle nicht vergleichen.
Fest steht aber von vorn herein, dass Herr Reece einen verdammt guten Job macht. Sein kräftiges, volles Rockorgan passt wie angegossen zum harten Rock der Band. "Another World" bietet ohnehin musikalische Klasse vom ersten bis zum letzten Ton. Zwölf druckvolle, episch-melodiöse Songs haben die Schweden auf diesem Silberling vereinigt, die ihre musikalischen Wurzeln auf jeden Fall in den 1980er Jahren haben, durch die astreine Produktion aber unglaublich modern aus den Boxen schallen.
Mir gefällt das Album insgesamt sehr gut. Allerdings muss ich anmerken, dass es einige Durchläufe im heimischen CD-Player benötigte, um auf ganzer Linie zu zünden und seine Stärken auszuspielen. Anfangs konnten einige Songs ihre Atmosphäre nicht so richtig versprühen, dafür tun sie das jetzt umso mehr. Das Liedgut knallt ganz ordentlich und kommt doch ziemlich homogen daher. Jedenfalls mehr, als ich anfangs angenommen hatte.
Keyboards sind im Sound integriert, agieren dabei aber glücklicherweise auf einem unterstützenden Level und verkleben mir deshalb auch nicht die Gehörgänge. So wie bei Gypsy Rose müssen Rock-Tasten meiner Meinung nach klingen. Der Klang sollte durch sie bereichert werden, das Ganze sollte dichter erklingen und den Rhythmusgitarren dadurch ein melodiöses Fundament geboten werden, auf dem sie nach Herzenslust ihre fetten Riffs verteilen können - und all das erfüllt Rikard Quist. Der Mann ordnet sich perfekt ins Bandgefüge ein und lässt Martin Kronlund mit seiner Sechssaitigen genügend Freiraum. Dabei ist es aber keinesfalls so, dass die Tasten nur eine Nebenrolle spielen. Teilweise stehen sie in den Arrangements auf gleicher Stufe wie die Gitarren, wirken aber wie gesagt keinesfalls dominant. Die Basis für dieses Zusammenspiel aus Gitarre und Keyboards bieten natürlich Drums und Bass, die alles wie mit eiserner Hand zusammen halten.
Das Liedgut ist dabei durch die Bank hochwertig und man bekommt eine Breitseite in Sachen Hardrock zu spüren. Das Repertoire reicht von druckvollen Rockern über Abstecher in die mittleren Tempo-Gefilde, aber auch balladeskes Material ist vorhanden. Die Höhepunkte stellen in meinen Augen dabei das heroische, fast schon powermetallische "Nothing Really Matters", das ruhigere, von Piano und akustischer Gitarre getragene "When I Call Your Name" (für mich der beste Song der CD) oder aber der epische Titeltrack dar.
Hier wird wirklich vom Feinsten gerockt. Freunde von proggig-bombastischen Klängen kommen durch die zum Teil ausladenden Refrains sowie abwechslungsreichen Arrangements (z.B. der Titeltrack, "Hellhammer") genau so auf ihre Kosten wie Anhänger harter Gitarrenriffs und metallischer Töne (z.B. "Don't Look Back", "Nothing Really Matters", "A Little Ain't Enough", "Hellhammer"). Denn dies sind die Komponenten, die den Sound der Schweden ausmachen.
Als Einflüsse werden von der Band übrigens Thin Lizzy, Rainbow, Deep Purple, Accept, Gary Moore und die Scorpions genannt. Diese Gruppen kann man allesamt im Sound der Schweden wiederfinden - manche mehr, manche weniger. Stellenweise erinnert mich das Zusammenspiel von Tasten und Saiten aber auch an Sagas "The Security Of Illusion" (1993). Wie auch immer: Wer mit harter Rockmusik etwas anfangen kann, die ihre Wurzeln in den 1980ern hat, der sollte sich mit Gypsy Rose mal etwas eingehender beschäftigen.
Line-up:
David Reece (vocals)
Martin Kronlund (guitars, backing vocals)
Rikard Quist (keyboards, backing vocals)
Mats Bostedt (bass)
Imre Daun (drums)
Tracklist |
01:Final Call (3:41)
02:Nothing Really Matters (4:40)
03:Angels (5:02)
04:When I Call Your Name (4:05)
05:Don't Look Back (3:55)
06:Fired (4:34)
07:A Little Ain't Enough (4:02)
08:All The Way To The Sun (3:51)
09:A Million Miles (3:39)
10:Liar (3:35)
11:Another World (4:50)
12:Hellhammer (4:23)
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