Luke Gasser / Retribution
Retribution Spielzeit: 42:26
Medium: CD
Label: Fastball Music, 2013
Stil: Hard Rock

Review vom 17.03.2013


Jochen v. Arnim
Was macht man, wenn man gerade einen für internationale Auszeichnungen nominierten Dokumentarfilm über das Leben eines der berühmtesten Männer der Welt, Jesus Christus, ("The Making Of Jesus Christ") vollendet und parallel dazu ein Buch mit dem schönen Titel "Sein Gesicht möchte ich sehen" veröffentlicht hat? Nun ja, man kehrt zu seinen Wurzeln zurück. Häh, seine Wurzeln? Wo habe ich da im Mittelteil etwas verpasst? Ja, ich gebe es unumwunden zu, den Namen Luke Gasser hatte ich zwar schon mal gehört, jedoch waren mir seine Werke bis dato nicht bewusst untergekommen. Und dabei hat der Schweizer schon acht Silberscheiben auf der Haben-Seite seines musikalischen Kontos stehen. Da müssen wir aber ganz schnell mal ein paar Hausaufgaben machen…
Schaut man sich seine Biografie an, stellt man fest, dass es sich bei Gasser um einen kreativen Gemischtwarenladen handelt: Musiker, Bildhauer, Maler, Filmemacher, Autor, Produzent und Darsteller. Die acht seit 1996 erschienenen Alben setzen sich aus Soundtracks zu seinen Filmen und reinen Rockalben (meist Mundart) ohne filmischen Bezug zusammen. Mehrfach fällt beim Studieren der Diskografie auf, dass hier Namen wie Keith und Angus oder andere Hinweise auf deren Schaffen gibt. Als Co-Produzent hat er sich zudem um Doros Album "Warrior Soul" verdient gemacht. Das klingt doch alles gar nicht so schlecht, da müssen wir doch mal schnell reinhören in die Nr. 9, die auf den schönen Namen "Retribution" lauscht.
Mit "Riots" wird das bunte Treiben eröffnet und es klingt schon wie ein vorgezogenes Finale, wenn am Ende eines Songs alle Instrumente noch ein letztes Mal aufgerissen werden. Nach wenigen Sekunden aber ist der Spaß schon wieder vorbei und wir kommen zum ersten richtigen Song. "Retribution" macht die Tore weit auf für alle Freunde des bluesig angehauchten Rock. Dazu kommt dann noch Gassers wunderbar in dieses Genre passende, leicht raue Stimme. Danach folgt direkt eine herrliche, fast schon aufregende Version des Stones-Klassikers "Factory Girl", von deren 1968er-Album "Beggars Banquet", die Luke Gasser zudem mit einer tollen Blues Harp unterlegt. Diese wird übrigens im weiteren Verlauf des Albums noch öfter eingesetzt und sie sorgt sehr schön für die richtigen Akzente. An nächster Stelle gibt es einen der richtigen Hämmer des Albums: "Scarlett O." beginnt recht verhalten mit ein wenig Picking, um dann ein schöner Midtempo-Rocker zu werden. Hier kreiert Gasser ein wenig Springsteen-Feeling, wenngleich dieser ganz typische Jersey-Sound fehlt. Macht nix, ist ein klasse Song!
Nahezu übergangslos wird dann bei "From Now On" das Tempo rausgenommen und Gasser singt in bester Bob Dylan-Manier zur Akustischen. Der Song gleitet dann ein wenig in rockige Country Blues-Gefilde ab, weiß zusätzlich mit schönen Slide-Einlagen zu betören. Ein paar Stücke später folgt "Horizon" und der Meister hat sich dafür eine Meisterin zur Unterstützung geholt. Deutschlands Metal Queen Doro Pesch verleiht dem kernigen Rocker mit ihrer markanten und aus tausend Songs heraushörbaren Stimme noch zusätzliche Energie. Ein cooler und sehr eingängiger Track, der neben dem treibenden Riff auch ein paar feine Leads aufweist.
Lasst mich noch einen weiteren Song hervorheben, der eine kleine Hommage an Bon Scott darstellt. Wir drehen dazu die Uhr rund 38 Jahre zurück, als anno 1975 das Album High Voltage erschien. Nicht ganz so dreckig wie bei den Aussies kommt Gassers Version des Klassikers "She's Got Balls" rüber, aber wer kann Bon & Co. schon so gut nachmachen? Zudem ist das Stück hier eher akustisch angelegt, vermag aber trotzdem sehr intensiv rüberzukommen.
Ich bin immer noch ein wenig verdutzt, dass ich den Schweizer bislang nicht so recht auf dem Radar hatte - ein ganz klares Versäumnis. Seine neunte Scheibe ist 'mein Debüt' von ihm und es haut voll rein. Ein toller Wechsel zwischen langsamen akustischen Stücken, die immer wieder von markanten Blues Harp-Einsprengseln aufgepeppt werden (z. B. auch "Sittin' On A Rock"), und rockigeren, richtig abgehenden Krachern (u. a. "Vivid Wind" mit leichten Stones-Anleihen) und die live bestimmt zu viel Bewegung im Publikum führen. Sorry, Freunde, müsst Ihr Euch mal anhören - das lohnt sich!
Line-up:
Luke Gasser (vocals, guitars, mandolin, percussion, harmonica)
Thomi Imhof (bass, backings)
Thomas Wild (drums)
Doro Pesch (co-vocals # 8)
Tracklist
01:Riots
02:Retribution
03:Factory Girl
04:Scarlett O.
05:From Now On
06:Pilgrim
07:A Bastard, Not A Friend
08:Horizon
09:Packerland Girl
10:She's Got Balls
11:Sittin' On A Rock
12:Vivid Wind
13:Stud Muffin
Extras:
Retribution (Video)
Externe Links: