Marci Gellers Glück ist, dass sie ihren Frieden mit dem Musikbusiness gefunden hat. Oder nennen wir es einen Waffenstillstand? Auf ihre frühen Versuche, den Durchbruch zu schaffen, blickt die Singer/Songwriterin aus New York inzwischen mit gesundem Sarkasmus zurück. Irgendwann kam sie auch einmal mit einem größeren Namen in Kontakt - mit Blackmore's Night war sie als Opening Act sowie als Keyboarderin und Background-Sängerin unterwegs.
Ihre Brötchen verdient sie heute mit Fernsehmusik für's US-TV - in diesem Genre gibt sie auch Workshops. Da kann sie offenbar unbeschwert und ohne größeren Druck die Musik in Angriff nehmen, die wirklich von Herzen kommt, die ihren Namen auf dem Cover trägt und nicht in kleingedruckten Credits. Das Album "Open Book" ist ihr drittes unter eigenem Namen und erscheint kurz nach dem Aus des kurzlebigen Akustik-Trios "Lucky 13", das Geller mitgegründet hatte.
Beinahe akustisch bleibt auch "Open Book" - nicht ganz, dank ein bisschen E-Gitarre und Ebow und ein paar Keyboards. Die Anmutung bleibt aber ruhig. Die akustische Gitarre sorgt meistens für die melodische Dynamik, und natürlich - von Marci Geller selbst gespielt - die Piano-Einsprengsel. Die kommen stets leichtfüßig und verspielt daher. Dem Gesang wird nichts von seiner Präsenz genommen, da passt Geller fein auf.
Auch der Einsatz von Schlagzeug und Percussion ist von Fall zu Fall gut abgewogen. Wo Sticks die Snare treffen, wird es Folk-rockig, wie beim nachdenklichen "Thank You" oder auch beim recht flotten und launigen "Tom McCarthy". Was mir hier im Übrigen gefällt, ist das optimistische, fast tänzelnde Cello - ein Instrument, das allzu oft ja nur als Trauerfidel benutzt wird. Auch in den anderen Stücken gefallen mir die durchaus unorthodoxen Cello-Akzente...
... und auf der anderen Seite mag ich auch die 'Anti-Akzente'. Zum Beispiel, wie sich die Orgel in "Gotta Love That Man" oder "Another Breakdown" so klammheimlich in den Klang einmischt, mit einem Hauch (!) von R&B. Oder der Backgroundgesang bei "Day Without The Kids" und "Awakened Mind". James Maddock geht die Gesangslinien ganz genau mit - mal in der Strophe, mal im Chorus. Aber nicht als Stütze - Gellers Gesang braucht das nicht ... vielmehr 'nur' als Begleiter.
Ja, Marci Geller und ihr Team machen vieles richtig ... und dennoch gibt es für mein Dafürhalten auf "Open Book" auch ein paar Schwachpunkte. Die Messages der Songs sind zwar allesamt sehr 'echt' und emotional und nachfühlbar, rein musikalisch gesehen sind mir ein paar Nummern aber zu belanglos. "Day Without The Kids" oder "Little Light" beispielsweise vergehen arg unauffällig im Sing-Sang, ohne dass etwas hängen bleibt, das mich das Gehörte wirklich lieben lässt.
Dafür gibt es auf der anderen Seite aber auch sehr erwähnenswerte Positiv-Beispiele. "Driving In Manhattan", das ein wenig an My Way erinnert, gefällt mir ausgesprochen gut. Denn hier wird der Gesang auf einmal richtig impulsiv. Diese kraftvollere Seite hätte ich gern noch öfter von Marci Geller gehört. Aber auch völlig anders, introvertiert, weiß sie zu überzeugen, am meisten in einem der ganz reduzierten Stücke: "Awakened Mind" - zum Dahinschmelzen, aber gar nicht schnulzig!
Auch stark: der erfrischende, lebhafte Groove von "No Weather Down" (mit Folk-Sänger Vance Gilbert als Gaststimme); das überzeugt mich. Hier und auch beim Kraft spendenden, sehr tiefgehenden Schlusstrack "Surf The Undertow" fühle ich mich ein wenig an die großartige Beth Nielsen Chapman erinnert. Sehr einfühlsam: "Jack Sang On", Marci Gellers persönliche Erinnerung an den 2011 gestorbenen Singer/Songwriter Jack Hardy mit vielstimmigem Schlusschor.
Komplett ausblenden müssen wir dagegen das auf Französisch gesungene "Promets-Moi". Für Amis mag das romantisch klingen, für mich eher klingonisch. In unseren Längen- und Breitengraden legen wir, was französische Aussprache angeht, wohl andere Maßstäbe an. Reden wir über den Rest. Und da steht unterm Strich ein 'fühlbar' gutes Album, dem ich ein paar kleine Durchhänger gern nachsehe.
Line-up:
Marci Geller (vocals, piano, keyboards)
Warner Cook (guitar, background vocals - #7,10)
Gian DiMauro (arranging & programming - #7, background vocals - #5,7,10)
Brian Dunne (drums)
Jack Knight (bass)
Marshal Rosenberg (percussion)
Carol Steele (cajon - #11)
Oli Rockberger (keyboards - #2,5,8)
David Glaser (electric guitar - #1, ebow - #3)
Jonathan Preddice (cello - #4,10,11)
Jean-Philippe Martignoni (cello - #9)
Jessie Marino (cello - #12)
Barbara Kessler (vocals - #8)
James Maddock (vocals - #1,3)
Vance Gilbert (vocals - 6)
John Tabacco (vocals - #4,5,7,11)
Donna Bach-Heitner (vocals - #2,11)
Honor Finnegan (vocals - #2,11)
Jeremiah Birnbaum, Elaine Romanelli, Josh Joffen, Claudia Jacobs, Maya Joffen, Richard Karelis, Amy Rosen, Michael Kornfeld (end chorus - #10)
Tracklist |
01:Day Without The Kids (3:18)
02:Gotta Love That Man (4:13)
03:Awakened Mind (2:59)
04:Thank You (3:21)
05:Another Breakdown (3:28)
06:No Weather Down (3:44)
07:Driving In Manhattan (4:24)
08:Little Light (3:15)
09:Promets-Moi (2:42)
10:Jack Sang On (3:49)
11:Tom McCarthy (2:52)
12:Surf The Undertow (3:40)
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