Memo Gonzalez & The Bluescasters
14.04.2007 Kulturkraftwerk, Goslar
Memo Gonzalez Memo Gonzalez & The Bluescasters
Live In Concert 2007
Kulturkraftwerk, Goslar
14. April 2007
Stil: Blues, Rock'n'Roll


Artikel vom 18.04.2007


Jürgen Bauerochse
Memo GonzalezEinmal im Jahr bietet sich die Gelegenheit ein Rock/Blues Konzert direkt vor der Haustür zu erleben. Nach den
Yardbirds 2006 waren nun Memo Gonzalez & The Bluescasters im Goslarer Kulturkraftwerk angesagt. Normalerweise habe ich immer etwas gemischte Gefühle bei Gigs in dieser Location, da hier ein Kulturförderkreis die Regie hat, ist es quasi vorprogrammiert, dass nicht immer die 'passenden' Leute im Publikum sitzen. Deshalb hat es jede Band recht schwer, die Zuhörer richtig in Stimmung zu bringen. So war es auch am Anfang dieses herrlichen Frühlingsabends. Speziell bei den ruhigeren Teilen dieser »East Texas and Louisiana Party Music« herrschte eine permanente Unruhe im Raum, die sich als recht störend erwies.
Memo GonzalezDas war aber auch schon das einzig Negative an diesem Konzertabend, und damit konnte ich durchaus leben, denn schließlich kommt dieses Gemurmel immer wieder mal vor. Da hilft nur eins; ignorieren und die ganze Aufmerksamkeit auf die Musik richten. Das half auch diesmal wieder. Zu einer sehr gesitteten Zeit, so ca. 20 Minuten nach Acht, erschienen die Bluescasters auf der Bühne und begannen das zweiteilige Set mit einem langen bluesigen Instrumental. Noch ohne ihren Frontmann bewies die Band gleich ihr großes Können. Solide, ruhig und doch sehr kraftvoll feuerten Drummer Henk Punter und Bassist Erkan Özdemir ihre Rhythmen aus den Boxen, und für Kai Strauss an der Gitarre war dieser Auftakt perfekt, um auf Betriebstemperatur zu kommen.
Memo GonzalezUnd dann war es soweit. Der texanische Fleischberg Memo Gonzalez betrat die Bühne. Was für eine imposante Erscheinung. Ein Mann wie ein Berg. Allein optisch war Memo schon der reine Blickfang, und was er dann musikalisch bot, war auch wirklich hörenswert. Eine klare, für seinen Umfang nicht erwartete recht helle Stimme, ließ mich schon mal aufhorchen, und als er zum ersten Mal die Harp einsetzte, war mir sofort klar, dass hier ein richtig guter Musiker auf der Bühne stand. Das war mir zwar beim Anhören der CD Live In The UK schon bewusst geworden, aber ein Live-Konzert ist eben doch noch etwas anderes als ein Live-Album.
Memo GonzalezJetzt war gleich richtig Dampf im Kessel. Rockabilly, Boogie, Rock'n'Roll und Blues wechselten sich ab. Diese Rhythmen wirkten sofort ansteckend und luden förmlich zum Mitgehen ein. Schnörkellos, einfach und geradeaus wurden die Töne hinaus in den Saal gefeuert. Sehr schnell begann der eine oder andere Zuhörer sich zu den fetzigen Sounds zu bewegen. Selbst die recht zahlreichen Schlipsträger zuckten im Duett mit ihren aufgetakelten Damen im 'kleinen Schwarzen' und einem Sektglas in der Hand zu den Tönen aus den fünfziger Jahren. Da tat sich so manch skurriles Bild vor mir auf und trug ganz erheblich zu meiner guten Laune bei.
Memo GonzalezHandwerklich beeindruckte mich vor allem Gitarrist Kai Strauss. Neben der perfekten Handhabung seines Arbeitsgerätes konnte er gesanglich ebenfalls voll überzeugen. Sehr gut getimt auch seine Duette mit Memo Gonzalez. Das passte hervorragend zusammen. Am Stärksten war er aber bei den gefühlsbetonten Bluessongs, von denen für meinen Geschmack leider noch viel zu wenig zu hören waren. Hier konnte er richtig aus sich herausgehen und sein Bluesfeeling unter Beweis stellen. Schöne Wechsel zwischen ruhigen und schwungvollen Songteilen reihten sich fließend aneinander. Keine Frage; der Mann hat den Blues!
Memo GonzalezIm Laufe des Gigs taute das Publikum immer mehr auf. Inzwischen war der 'Sicherheitsabstand' zwischen Bühne und Publikum immer kleiner geworden. Nicht zuletzt durch Memo Gonzalez, der sich als perfekter Entertainer erwies und die Zuhörer unermüdlich animierte. Das ist gar nicht so einfach, denn die Niedersachsen, und da speziell die Leute aus dem Harzvorland gelten ja nicht umsonst als ein relativ stures Volk. Aber, wie würde ein guter Rocktimes-Kollege sagen: »Es wird...es wird...«; und genau damit hätte er recht gehabt, wenn er an diesem Abend im Kulturkraftwerk dabei gewesen wäre.
Memo GonzalezSo versammelten sich zum zweiten Teil des Konzertes immer mehr Leute vor der Bühne. Die Bewegungen wurden heftiger, und diese Therapie zog sich so langsam durch den ganzen Raum. Memo Gonzalez & The Bluescasters hatten es geschafft. In Goslar steppte der Bär, und das sogar recht heftig. Glückwunsch! Das gelingt nicht Jedem.
Es liefen richtig gute 130 Minuten mit toller Musik und tollen Musikern vor meinen Augen ab. Im zweiten Set gab es dann noch einige Einlagen. So stand plötzlich ein gewisser Moritz Schwarz als Special Guest auf der Bühne, der beim Einlass noch für unsere Akkreditierung zuständig war, und sang den Blues. Unglaublich, aber der Mann legte eine richtig gute Stimme an den Tag, und sorgte so für ein weiteres Highlight des Konzertes
Memo GonzalezKai Strauss hatte ebenfalls noch einige Besonderheiten auf Lager: Er reihte sich in die lange Reihe der Gitarristen ein, die in bester
Jimi Hendrix-Manier ihr Instrument hinter dem Kopf traktierten. Des weiteren verdeckte er das Griffbrett mit einem schönen roten Tuch und spielte so etliche Minuten 'blind'. Das war selbst für mich etwas Neues. Man lernt eben nie aus in den endlosen Weiten der Rockmusik!
Memo GonzalezMemo Gonzalez selbst hatte inzwischen mit diversen Tanzeinlagen begonnen. Er bewegte sich immer wieder mit heißen Rock'n'Roll-Verrenkungen und schob seinen riesigen Körper auch mal im Twist-Rhythmus über die Bühnenbretter. Das war schon ein Bild für die Götter, wenn er mit dem Rücken zum Publikum sein Hinterteil in Schwingungen versetzte. Schließlich schaffte er es auch noch, ein Mädel aus dem Saal zum Tanzen auf die Bühne zu holen. Endlich war es ihm gelungen, die oft erwähnten »pretty, pretty girls« auch mal auf Tuchfühlung zu kriegen. Natürlich war ihm auch dafür ein Sonderapplaus sicher.
Memo GonzalezSo kann ich folgendes kurzes Fazit ziehen. Memo Gonzalez & The Bluescasters sind spielend in der Lage, jeden Saal zum Kochen zu bringen. Wer auf reine 'Gute-Laune-Musik' ohne übertriebene Soloaktivitäten steht, darf sich diese äußerst sympathische Band nicht entgehen lassen, die dazu auch noch über viel musikalisches Können verfügt. Ich kann garantieren, dass schon nach ein paar Minuten der Alltagsstress für eine Zeitlang vergessen wird.
Line-up:
Memo Gonzalez (vocals, harp)
Kai Strauss (guitar, vocals))
Erkan Özdemir (bass)
Henk Punter (drums)
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