Einer der einflussreichsten Musiker der amerikanischen Westküste in den sechziger und auch siebziger Jahren, der niemals die angemessene Anerkennung bekam, ist Nick Gravenites. Das könnte unter anderem daran gelegen haben, dass er sich selbst abseits der Bühne eher unwohl im Scheinwerferlicht fühlte, oder es war, weil den Bands, bei denen er Mitglied war, immer nur eine relativ kurze Lebenszeit beschieden war.
Nick war Mitbegründer der fantastischen Electric Flag, der Band um Paul Butterfield und Mike Bloomfield, er war ein großartiger Songwriter (u.a. für Janis Joplin), hatte seine Finger bei Quicksilver Messenger Service mit im Spiel und war Frontmann der nach dem Tod von Janis Anfang der Siebziger reunionierten Big Brother & The Holding Company, mit denen er die beiden Alben "Be A Brother" und "How Hard It Is" aufnahm.
Ansonsten nahm er immer wieder mal Soloalben auf, wenn sich auch hier die Quantität in einem eher überschaubaren Rahmen hält. Vor ca. 30 Jahren unterschrieb Gravenites dann einen Plattenvertrag bei dem damaligen Hamburger Label Line Records und nahm in der Folge mit hochkarätiger Besetzung das hier vorliegende Album "Bluestar" auf. Neben Langzeit-Kollaborator John Cipollina (Ex- Quicksilver Messenger Service) waren u.a. noch Huey Lewis (harmonica), Pete Sears (Ex- Hot Tuna, Ex- Rod Stewart), Greg Douglas (Ex- Gene Clark, Ex- Steve Miller Band) oder Roger Troy (Ex- Electric Flag, Ex- Mike Bloomfield) mit dabei. Und um es schon mal vorweg zu nehmen, "Bluestar" hört sich dann auch wie eine riesige Party an.
Und zwar in dem Sinn, dass sich die Tracks allesamt herrlich locker anhören und ganz sicher 'live im Studio' eingespielt wurden. Alles federt locker-leicht und groovt auch noch wie die Hölle. Dazu kommt Gravenites' fantastisches Songwriting, mit dem er direkt bei der ersten Nummer, "Junkyard in Malibu", voll ins Schwarze trifft. Das geht umgehend hervorragend ins Ohr und setzt sich dort auch mit Langzeitwirkung fest. Allgemein kann man sagen, dass auf "Bluestar" das Hauptaugenmerk vor allem auf den schon erwähnten Groove gelegt wurde, anstatt dass sich hier die Solisten groß in Szene setzen. Soli findet man zwar auch massenhaft auf der Scheibe, aber die sind so gut wie unaufdringlich, dass sie eigentlich 'nur' wie ein Teil des Ganzen erscheinen.
Für "Bye Bye" ist Huey Lewis mit seiner Harp zur Stelle und begeistert mit seinem Spiel, während Gravenites' Gesang hier in soulige Gefilde abdriftet. Für "I'm A Bluesman" geht es dann zurück zum klassischen Zwölftakter und einmal mehr setzt Lewis seine Lungenflügel in Bewegung. Joey Covingtons Drums grooven schleppend und verpassen dem Track ein gewisses Charisma. Ein weiteres Highlight ist "The Sister Song", bei dem Gravenites einmal mehr mit Soul-Gesang glänzt. Aber es ist fast schon eine Beleidigung an die restlichen Songs, hier einzelne als Highlights heraus zu picken, da sämtliche elf Tracks des Original-Albums fantastisch sind.
"Bluestar" ist spartanisch produziert, sprich aufs Notwendigste reduziert und die Songs pulsieren geradezu vor Lebendigkeit. Es gibt Ecken und Kanten in Massen, auch mal den ein oder anderen falschen Ton, was die Sache aber herrlich authentisch und homogen macht. Hier und da (wie zum Beispiel bei "Southside") haben die Songs auch mal einen kräftigen Canned Heat-Einschlag, was die Scheibe aber hervorragend abrundet.
Gegenüber dem Original-Album von 1980 befinden sich auf dieser CD-Ausgabe zusätzliche drei Bonus-Tracks. Den Anfang macht das Outtake "Nobody's Fault But Mine", das um keinen Deut schwächer als die übrigen Songs ist. Gefolgt von den beiden Live-Nummern "Rattlecan Man" und "Hollywood Woman" ergibt das weit über 15 Minuten zusätzliche Musik.
Als Fazit kann man guten Gewissens festhalten, dass "Bluestar" ein ganz dicker Tipp an alle Freunde des Blues, aber auch darüber hinaus, ist. So, und für mich wird es jetzt höchste Zeit, mir endlich auch den Rockpalast-Auftritt von Nick Gravenites/John Cipollina aus dem gleichen Jahr zu besorgen.
Line-up
Nick Gravenites (lead & rhythm guitars, vocals)
Pete Sears (bass, piano, organ)
Joey Covington (drums)
Huey Lewis (harmonica)
Greg Douglas (slide guitar)
Willy Toast (rhythm & slide guitar)
John Cipollina (rhythm guitars)
Roger Troy (bass, vocals)
Maria Hunt (vocals)
Diane Hursh (vocals)
Tracklist |
01:Junkyard In Malibu
02:Bye Bye
03:I'm A Bluesman
04:Dekalb Blues
05:Blues Back Off
06:Who's Out There
07:Down In The Bottom
08:I'm A Dancing Fool
09:The Sister Song
10:My Party
11:Southside
12:Nobody's Fault But Mine
13:Rattlecan Man
14:Hollywood Woman
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