Es gibt wohl bereits ein paar Veröffentlichungen von Willy Gantrim, aber der Musiker selbst bezeichnet das nun vorliegende "Alone & Adrift" als »Mein erstes offizielles Album!« Der Amerikaner wurde im US-Bundesstaat Wisconsin geboren, wuchs in Texas auf und begab sich im zarten Alter von 17 Jahren auf die Wanderschaft. Verschlagen hat es ihn schließlich nach New York City, nach Brooklyn um genauer zu sein. Dort hält er sich mit allen möglichen kleinen und oft wechselnden Jobs über Wasser, während er abends so oft wie möglich auf den Bühnen der Clubs steht.
Im Sommer 2012 reiste er nach Kopenhagen, um dort für das junge Label Wind Some Lose Some Records ein Album aufzunehmen. Leider ist über die sehr guten Begleitmusiker dieser Scheibe nichts zu erfahren, weshalb wir uns gleich mal auf die Songs stürzen wollen. Die setzen sich aus einer Mischung von Singer/Songwriter, Roots, Folk und einem kleinen Schuss Country zusammen. Das erinnert gelegentlich an den jungen Bob Dylan, von der Attitüde her öfter auch mal an den frühen Tom Waits und ganz allgemein kann man die Freiheit sowie auch Einsamkeit des ziellosen Wanderers, der Gantrim in der Vergangenheit war, geradezu in den Songs spüren.
Das dominierende Instrument ist die Akustikgitarre, die aber oft auch von weiteren Studiomusikern unterstützt wird. Gantrims Stimme ist rau, knarzig und man hört ihr an, dass sie schon den einen oder anderen hochprozentigen Drink verkraften musste. In den Texten geht es ganz Singer/Songwriter-typisch um Liebe, verlorene Liebe, Errungenschaften, Verluste, Verbrechen an sich selbst und anderen sowie das Leben auf der Straße, wo man Morgens oft noch nicht weiß, ob man sich ein Mittagessen leisten können wird.
Was Gantrim klasse drauf hat, ist all diesen Geschichten und Songs richtig starke Gesangsmelodien zu verpassen, die dann im Verbund mit seinen angegriffenen Vocals eine höllisch gute wie authentische Melange ergeben. Die Songs können darüber hinaus in den meisten Fällen mit einem coolen Swing aufwarten, der auf gewisse Weise auch eine alkoholgeschwängerte Seligkeit vermittelt. Was natürlich nicht heißen soll, dass der Protagonist ständig unter Strom steht, sondern eher, dass die Musik von Willy Gantrim live auf der Bühne in einem kleinen Club wahrscheinlich sehr großen Spaß macht.
Witzigerweise erinnert die Gesangsmelodie von "Resignation" verblüffend an Udo Lindenbergs "Reeperbahn" (nicht das Penny Lane-Cover, sondern der Song von ca. 1990), was mich darüber grübeln lässt, woher der gute Udo damals seine Inspiration bezog. Oder einfach nur Zufall? Letzten Endes natürlich müßig, da sowohl der eine als auch der andere Track richtig stark ist. Davon abgesehen gehören der Titelsong, "Brand New Bottle Blues", "The Rancor In Needfulness" und auch "A Million Miles To Go" zu meinen Favoriten, die ich auch gerne als Anspieltipps empfehle.
"Alone & Adrift" ist ein sehr starkes 'offizielles' Debüt des Wahl-New Yorkers geworden. Im vergangenen September war der Amerikaner für ein paar wenige Konzerte in Deutschland, wobei er sich dort lediglich auf den Norden der Republik konzentrierte. Vielleicht hatte ja der eine oder andere das Vergnügen, einen Abend mit dem Mann zu erleben. Ansonsten wäre es wünschenswert, dass er sich auch mal in die restlichen Bundesländer 'verirrt', um sich einem breiteren Publikum vorstellen zu können.
Also, unbedingt mal reinhören!
Tracklist |
01:Alone & Adrift
02:Keep On Up
03:Look Out!
04:Trouble In Mind
05:Resignation
06:A Million Miles To Go
07:Tomorrow Is Only A Dream
08:Brand New Bottle Blues
09:A Brief Sigh
10:Tender Lovin' Hold
11:The Rancor In Needfulness
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