Bruce Hornsby And The Noisemakers / Bride Of The Noisemakers
Bride Of The Noisemakers Spielzeit: 79:15 (CD 1), 78:22 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: 429 Records, 2011
Stil: (Jam-) Rock


Review vom 17.09.2011


Steve Braun
Nein, so richtig begeistert sieht das frisch vermählte Paar auf dem Cover nicht aus. Dem schicken Anzugträger ist die Braut vielleicht doch ein wenig zu haarig... Das ist also die "Bride Of The Noisemakers" - die Braut der Krachmacher? Och nöö, da bleib' ich doch lieber Single!
Selten so ein witziges Cover gesehen. Hier posieren Keyboarder John 'JT' Thomas als liebreizende Damenwäscheträgerin und Bassist JV Collier als Fliege auf Brautschau...
Ich erinnere mich nur zu gerne an meine erste Begegnung mit Bruce Hornsby: Es war 1986, als ich im Radio - jawohl, damals wurde tagsüber noch richtige Rockmusik in den Äther geschickt - "The Way It Is" erstmals hörte. Die Nummer war (und ist) ein Hammer! Als ich die dazugehörende, später mit einem Grammy dekorierte LP kaufte, war überraschenderweise festzustellen, dass ausgerechnet zwei hochgeschätzte Musiker der kurz zuvor aufgelösten US-amerikanischen Prog-Band Ambrosia - Joe Puerta (bass) und John Molo (drums) - Hornsbys Begleitband The Range bildeten. Mit ein Grund, warum ich dieser Formation nach wie vor etwas nachtrauere...
"Every Little Kiss", "Mandolin Rain", "Look Out Any Window", "Across The River" - die umwerfenden Singles reihten sich ebenso wie an einer Perlenkette auf, wie die glänzenden Alben "Scenes From The Southside" (1988), "Night On Town" (1990) und "Harbour Lights" (1993). Dies alles wohlgemerkt zu einer Zeit, als die Rockmusik ein kreatives 'Tal der Tränen' durchschritt!
Mit "Harbour Lights" versuchte es Bruce Hornsby erstmals ohne The Range. Von Fans wie Kritik wurde die Scheibe bestens goutiert und auch in Musikerkreisen waren fortan seine Fähigkeiten als ebenso exzellenter Pianist wie Songwriter hoch gefragt. Projekte mit Bonnie Raitt, Don Henley, Huey Lewis und Pat Metheny sorgten für viel Aufsehen und zwei weitere Grammies.
Ende der Neunziger formierte Hornsby die Folgeband für The Range, die er witzigerweise
The Noisemakers taufte. 'Krachmacher' - welch selbstironisches Understatement für die musikalischen Hochgenüsse, die uns diese Formation immer wieder aufs Neue beschert.
Mit "Bride Of The Noisemakers" liegt uns nun eine Retrospektive auf die besten Live-Aufnahmen der Noisemakers aus den Jahren 2007 bis 2009 vor. Ein winzig kleiner Schönheitsfehler ist, dass man im Booklet nicht erwähnt, wo die jeweiligen Aufnahmen getätigt wurden. So mancher Fan mag auch die fehlenden Single-Hits, auf die man natürlich wartet, vermissen. Allerdings kann man da Entwarnung geben: Das Song-Portfolio des Barden aus Williamsburg/Virginia ist dermaßen breit gefächert und von einer ausgesuchten Qualität, dass dieses kleine Manko nicht ins Gewicht fällt.
Die Soundqualität ist superb und hart an der Grenze der Perfektion, wie das bei solchen Ausnahmemusikern vorausgesetzt werden darf. Die Ausstattung des Silberlings ist okay, harte Fans sind halt immer schwer zufrieden zu stellen...
Bruce Hornsby inszeniert mit seinen Noisemakers einen nahezu orchestral dichten Klangteppich. Hier steuert sein 'Widerpart' an den Tasten, John 'JT' Thomas, seinen ganz gewichtigen Teil bei. Während der Bandleader, dem man seine klassische Ausbildung stets anmerkt, sich wie gewohnt auf seinen Steinway-Flügel konzentriert, sorgt 'Die bärtige Braut' für die breiten Strukturen. Besonders schön sind (immer wieder) die Momente, wenn Hornsby zum Akkordeon oder Appalachian Dulcimer greift.
Die Band agiert mit einer unglaublichen Spielfreude und inszeniert wahrhaft progressiven, amerikanischen Rock in höchster Vollendung (bitte nicht mit Prog Rock übersetzen!): Eine Mixtur aus Rock, Jam Rock, R&B und Jazz mit Verve und vielen Freiräumen für Improvisationen vorgetragen. Reaktionen des Publikums in Form von Gelächter aus den ersten Reihen zeugt davon, dass der Meister zudem ein glänzender Entertainer ist und gut gelaunt so manche Posse reißt.
Am stärksten 'kommen' die Aufnahmen, bei denen Hornsby die ganz großen Bögen zieht und mehrere Songs miteinander verwoben hat. Hier kann locker die Zehn-Minuten-Marke erreicht werden, verbunden mit extrem abwechslungsreichen Arrangements.
Nebenbei bemerkt, fällt es zu keinem Zeitpunkt unangenehm auf, dass kein komplettes Konzert geboten, also zwischen den Songs immer wieder ausgeblendet wird.
Kommen wir zu den Anspieltipps: Eigentlich ist das Songmaterial von einer solchen Dichte, dass man einzelne Songs kaum hervorheben kann - so soll es bei der Nennung der 'Ersten unter Gleichen' bleiben. Hier muss natürlich zuvorderst das 'Groove-Monster' "Country Doctor" genannt werden. Beim jazzigen "Talk Of The Town/Charlie, Woody, N' You" weiß der Meister mit seinen virtuosen Pianokünsten zu glänzen. Wunderschön ist auch, wie die Ballade "Fortunate Son" mit dem Floyd'schen Klassiker "Comfortably Numb" verknüpft wird. Bei "The Wind Up/Big Rock Candy Mountain/Candy Mountain Run" wird Doug Derryberry (guitar) von der Leine gelassen, während die Noisemakers einen ekstatischen 'Teppich' darunter legen. "Resting Place" lässt allen beteiligten Musikern den 'jammigen' Freiraum, sich solistisch zu entfalten... und... und... und...
Eine ganz dicke, fette Kaufempfehlung für diese 'Hochzeit der Krachmacher'. Dieser Doppeldecker ist eine wahre Wohltat für die Seele. Selten waren 9 von 10 RockTimes-Uhren angebrachter!!
Line-up:
Bruce Hornsby (piano, accordion, dulcimer, lead vocals)
John 'JT' Thomas (organ, keyboards, vocals)
Bobby Read (saxes, bass clarinet, EWI, vocals)
JV Collier (bass)
Doug Derryberry (electric and acoustic guitar, mandolin, vocals)
Sonny Emory (drums)

Additional Player:
R.S. Hornsby (guitar on "Standing On The Moon")
Tracklist
CD 1:
01:Cyclone (5:40)
02:Country Doctor (7:59)
03:Funhouse (7:45)
04:This Too Shall Pass (5:04)
05:Circus On The Moon (7:10)
06:Defenders Of The Flag (5:04)
07.Intro/Bobby Read/Variation II/Catenaires (2:04)
08:Talk Of The Town/Charlie, Woody, N' You (6:17)
09:What The Hell Happened (3:38)
10:Fortunate Son/Comfortably Numb (10:21)
11:Levitate (4:58)
12:Little Sadie/White Wheeled Limousine/Just One More (13:09)
CD 2:
01:The Wind Up/Big Rock Candy Mountain/Candy Mountain Run (7:36)
02:Line In The Dust (5:44)
03:Shadow Hand (4:17)
04:Tango King (7:11)
05:Resting Place (10:17)
06:Michael Raphael (3:37)
07:Intro/Sonata, Movement IV (2:19)
08:Gonna Be Some Changes Made (5:49)
09:Dreamland (8:23)
10:The Good Life (4:27)
11:Cartoons & Candy (2:55)
12:Swan Song (6:43)
13:Standing On The Moon/Halcyon Days (8:55)
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