Chris Harper, ein spätberufener Musiker?
Irgendwie war der aus der Schweiz stammende und jetzt auch in Chicago wohnende Harper fast sein ganzes Leben lang mit dem Blues und seinen Ablegern verbunden. Jetzt konzentriert er sich vornehmlich auf die Musik, nachdem er sich mit zwölf Jahren eine Harp zulegte, ein Jahr später zum Bass wechselte und damit in einigen Hard Rock-, Jazz Rock sowie Dixie-Jazz-Bands spielte.
Seit dem Jahr 2002 befindet sich Harper wieder mehr am Puls der Musik und in der 'Windy City' traf er auf einige Blueser, jammte in den Clubs, unter anderem mit Melvin Taylor, Billy Branch und Sugar Blue.
Letzterem hat er viel zu verdanken, denn er war es, der dafür sorgte, dass der Schweizer seinen Harp-Stil »von der Lippen- auf die Tongueblock-Technik« umstellte. So sorgte Sugar Blue, mit bürgerlichem Namen James Whiting, dafür, dass die Tradition eines Little Walter weiter gegeben wurde.
2004 traf Harper auf die italienische Sharade Band und es kam zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit, die nun mit "Blues Is My Life" auch als Album vorliegt.
Satte 65 Minuten Blues stehen auf dem Platten-Programm und klar ist natürlich, dass man die Musik der Leute, die die Stimmzungen einer Mundharmonika durch unterschiedliche Luftströmungen und Bending zum Schwingen bringen, auch mögen muss.
Sechs Eigenkompositionen, davon einer mit der Band, stehen fünf Cover-Interpretationen gegenüber.
Für einige Stücke hat man sich weitere Musiker in die Chicagoer Delmark Records' Riverside Studios eingeladen und neben Billy Branch, einem weiteren Harper, sowie den Chicago Horns gibt auch der Gitarrist Chico Banks drei Gastspiele.
Richtig klasse kommt Chris Harpers Blues-Express schon im Opener "Sweet Honey Sunshine" ins Rollen. Knackige Horns, beste Backing Vocals der drei Damen Kay C. Reed, May Koen und Vanessa Holmes sowie ein furios aufspielender Schweizer, der sein Instrument variantenreich einsetzt.
Danach tritt man gehörig auf die Bremse und es wird wesentlich sanfter in der Intonation. Gerade beim Slow-Blues zeigt sich ja, was die Leute so drauf haben und ich ziehe jetzt schon den nicht vorhandenen Hut vor Harper, denn sein "You've Got Me Baby" ist eine Ballade zum Niederknien.
Und ich bleibe direkt in der Nähe des Bodens, denn mit dieser "Help Me"-Version, auch wenn hier Billy Branch mit seinem Arbeitsgerät sowie am Gesangmikrofon dabei ist, legt man eine der gnadenlos guten Interpretationen vor. Wenn die beiden Harps, sauber Kanal-getrennt groovig bluesen und Saxofonist Gianluca Baroncelli den Solo-Staffelstab an Keyboarder Giacomo Lauria weitergibt und dann zwei Harp-Einlagen folgen, ist das Blues-Herz glücklich.
Die funkige Gangart hat man gleich zweimal drauf.
Einerseits ist es die härtere Auslegung mit der "Groove Machine", die mit den Gitarristen Stefano Moruzzi und Chico Banks glänzt. Hölle, welch ein 6-Saiter-Alleingang und dahinter gibt das Saxofon ständig Gas.
Die etwas luftigere Ausführung macht den Titeltrack "Blues Is My Life" aus, dafür mit einer gehörigen Portion Soul, den die weiblichen Stimmen liefern. Für Kontraste wird auch gesorgt, denn Banks spielt phasenweise eine geradezu psychedelische Wah Wah-E-Gitarre.
Hatten wir schon einen gesungenen Slow-Blues, legen Harper und die Sharade Band mit "Deep Blue Sky" ein instrumentales Pandon vor. Ein filigranes Machwerk mit sehnsüchtiger Harp und einem abermals tollen Moruzzi, der zur langsamen Taktung ein feuriges Solo in die Welt entlässt. Die Länge vieler Tracks gibt natürlich Raum für viele solistische Einlagen. So auch hier, denn Baroncelli lässt sich da auch nicht lumpen und versetzt das Holzblättchen seines Instruments in Schwingungen.
Mit über zehn Minuten zelebriert man in epischer Breite, übrigens sehr gut, den Klassiker "Stormy Monday". Der Schweizer singt mit einer manchmal rau klingenden Stimme und der Saxofonist verpasst dem Stück eine jazzige Abfuhr.
Im Gegensatz dazu ist das swingend-groovende "Checkin' Up On My Baby" ein 'Shorty', aber nicht minder hörenswert.
Chris Harper und die Sharade Band samt Gästen rennen beim Rezensenten offene Türen ein und das dürfte auch bei vielen unserer Leser aus der Blues-Fraktion der Fall sein, denn man spürt, dass der 12-Takter Harpers Leben ist und so vielfältig stellt sich auch die CD dar.
Wie heißt es so schön im Info-Material: »Together with them he realized his Swississippi dreams.«
Das, in Zeiteisen übertragen, ergibt 8 von 10 RockTimes-Uhren.
Line-up:
Chris Harper (harp, vocal)
The Sharade Band:
Gianluca Baronelli (saxophone)
Stefano Moruzzi (guitar)
Giacomo Lauria (keyboards)
Albano Castrese (bass)
Enrico Cecconi (drums)
Special Guests:
Billy Branch (harp, vocal - #4)
Chico Banks (guitar solo - #3, guitar, vocals - #5, wah wah rhythm guitar - #10)
Chicago Horns:
Bill McFarland (trombone)
Kenny Anderson (trumpet)
Hank Ford (tenor saxophone)
Kay C. Reed (backing vocals)
Mae Koen (backing vocals)
Vanessa Holmes (backing vocals)
Tracklist |
01:Sweet Honey Sunshine (4:41)
02:You've Got Me Baby (6:28)
03:Groove Machine (4:54)
04:Help Me (8:19)
05:Stormy Monday (10:31)
06:Lie Lie Lie (6:06)
07:Checkin' Up On My Baby (2:26)
08:Sweet Sixteen (5:19)
09:Deep Blue Sky (5:27)
10:Blues Is My Life (6:43)
11:Soul Bossa Nova (3:46)
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