Niemand wird behaupten wollen, dass die Ukulele in der (Rock-) Musik eine maßgebliche Rolle spielt. Auch das Cello bestenfalls eine untergeordnete. Die Beiden als Duett waren genauso eine kaum ernstzunehmende Kombination. Bis jetzt.
Die Ukulele ist wahrscheinlich (neben der Triangel ...) das am meisten unterschätzte Musikinstrument. Oft als Kindergitarre verkannt oder als Hula-Klampfe unterschätzt, gibt es das ursprünglich wohl aus Portugal stammende Saiteninstrument in verschiedenen Bauarten und Tonlagen. Dass es Marilyn Monroe in der genialen Komödie "Manche mögen's heiß" malträtiert hat und es auch Stefan Raab gelegentlich tut, hat zwar zu seiner Bekanntheit beigetragen, aber sicher weniger zu einer seriösen Reputation. Doch es gibt durchaus Vertreter, die die 'Kleine' künstlerisch ansprechend einsetzen. Tiny Tim war so einer, der damit sogar in den Sechzigern respektable Coverhits (gesungen mit Falsetts-Stimme) landete. Götz Alsmann spielt sie gekonnt in seiner Sendung "Zimmer frei" und in England reißt das Ukulele Orchestra of Great Britain mit seinen Rock-Klassikern die Fans zu Begeisterungsstürmen hin. Da wird schon eher deutlich, was aus dem Teil herauszuholen ist. Und es gibt weltweit ausgesprochene Virtuosen auf dem Instrument, James Hill ist einer davon, bereits seit seiner Schulzeit mit dem Ukulele-Fieber infiziert.
Anne Davison spielt nicht nur Cello in diversen Besetzungen und Kollaborationen, sie tanzt auch mit ihren akustischen und elektrischen Instrumenten und ist deswegen vor allem in ihrer Heimat Kanada eine bekannte Performerin. Bruce Cockburn, Kayne West und Holly Cole gehören zu ihren bisherigen Partnern. Die Uni war Treffpunkt für die beiden Künstler aus den entgegen gesetzten Landesteilen. Hill stammt aus dem Westen, aus British Columbia, Davison aus Ottawa im Osten. "True Love Don't Weep" ist der erste Longplayer des Duos.
Was kann herauskommen, wenn sich zwei Musiker mit so unterschiedlichen Instrumenten, aber offensichtlich auf gleicher Wellenlänge, zusammentun?
Das 'Traditional Album of the Year' der diesjährigen Canadian Folk Music Awards! Eine bezaubernde, feinfühlige akustische Roots-CD, die keineswegs von der Exotik der Klänge lebt, sondern Altes und Neues zeitgemäß und aufregend interpretiert. Die Beiden harmonieren gesanglich und instrumental, betten ihre Stimmen in unterschiedliche Arrangements mit wenigen weiteren Begleitinstrumenten - ein Strauß subtiler Emotionen.
Schon der Opener "Ev'ry Night", eine traditionelle Ballade, zieht den Hörer sanft aber unwiderstehlich in den Sog verhaltener Gefühle, vorgetragen mit betörendem Country-Twang. Und - was sicher bisher nur die Kenner gehört haben - mit einer geslideten 'Uke'. Als weitere Partner sind Cathy Fink (Banjo) und Marcy Marxer (Bouzuki) auf dieser Aufnahme zu hören. Dann wird es flotter ("One More Lie To Love") und Mr. Hill stellt seine enorme Fingerfertigkeit auf dem kurzen Griffbrett unter Beweis. "Oh! Susanna" ist bei uns als Kinderlied und von den Country&Western-Festen wohlbekannt. Das Duo macht daraus einen langsamen Canon mit sich umwerbenden Stimmen, begleitet nur von der wieder mit dem Bottleneck gespielten Ukulele und Schellenkranz. Das treibende Instrumental "Ode to A Frozen Boat" aus der Feder von Hill ist garantiert bei jedem Konzert der absolute Muntermacher. Auch beim folgenden "Sakura, Sakura" bleiben die Beiden unter sich. Bei dieser Elegie übernimmt zunächst die Cellistin mit dem Bogen die Melodieführung, während er nur die Begleitung zupft. Dann Rollenwechsel, das Streichinstrument tritt in den Hintergrund und die Ukulele erinnert jetzt eher an eine Harfe - das ist schon von kammermusikalisch hoher Kunst! Mit einen Schuss 'Nola'-Dixieland und Bläserbegleitung (Chalmers Doane, David Myles) wird die ernste Stimmung aufgelöst. "Obedience Blues", Slide-'Uke' und Mundharmonika (John Kavanagh) - die Truppe bleibt gleich tief im Süden des Nachbarlandes. Nach dem Ballhouse-Schleicher "Because" lassen die beiden Protagonisten die keltischen Roots mit "Richard's Reel" sprechen. Und dazu passt das geskiffelte "Molly Brannigan". Urbanes Finale: "Duke's Alley Rag" und "New York Strum" - auch der amerikanische Norden swingt in den Goldenen Dreißigern.
Wenn das ein 'traditionelles Folk-Album' ist, dann müssen die Kanadier eine wesentlich andere Vorstellung von Traditionspflege haben, als wir Folkies aus 'good ol' Europe'. Auch wenn hier durchwegs nur akustische Instrumente und Stimmen eingesetzt wurden - allein die Kombination ist doch innovativ und progressiv für das Genre. Und ebenso der Umgang mit dem bekannten Material, selbst wenn es gerade im Ahornblatt-Land viele Künstler gibt, die erfreulich erfrischend mit der Volksmusik umgehen.
Was soll's: "True Love Don't Weep" ist klasse! Und am Sound dieser Eigenproduktion gibt es auch nichts auszusetzen. Vielleicht ob der Kombination nicht Jedermanns Geschmack im Roots-Lager, aber auf jeden Fall eine dicke Empfehlung für alle, die nicht immer auf den wohlbekannten Trails hiken wollen.
Tracklist |
01:Ev'ry Night
02:One More Lie To Love
03:Oh! Susanna
04:Ode To A Frozen Boat
05:Sakura Sakura
06:Travelin' On
07:Obedience Blues
08:Because
09:Richard's Reel
10:Molly Brannigan
11:Duke's Alley Rag
12:New York Strum
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