Honey Island Swamp Band / Demolition Day
Demolition Day Spielzeit: 51:05
Medium: CD
Label: Ruf Records, 2016
Stil: Roots Rock


Review vom 15.06.2016


Markus Kerren
Geschichten, die das Leben schreibt: Die vier in New Orleans ansässigen Musiker Aaron Wilkinson, Chris Mule, Garland Paul und Sam Price kannten sich eher flüchtig, bevor jeder individuell für sich entschied, die Stadt wegen des Hurrikans Katrina aus Sicherheitsgründen in Richtung San Francisco zu verlassen. Dort fanden sie dann durch einige Zufälle zusammen, gründeten die Honey Island Swamp Band und zogen nach einiger Zeit wieder zurück in die vom Schicksal geplagte Heimat im Bundesstaat Mississippi. Die Combo wurde um den Hammond-Virtuosen Trevor Brooks erweitert und bereits im Jahr 2009 (noch ohne Brooks) erschien das prämierte Debütalbum "Wishing Well".
Mit "Demolition Day" erschien nun auf Ruf Records das bereits vierte Werk. Und die beteiligten Musiker können ihre Herkunft darauf kaum verleugnen. Vorherrschend ist bluesiger Roots Rock der gehobenen Qualität, aber die Scheibe wartet in ihrer Gesamtheit gesehen mit einer großen Bandbreite an Einflüssen auf. New Orleans galt immer schon als großer Schmelztiegel verschiedener Stile, was die von dort kommenden Bands eigentlich von Grund auf stets interessant machte. So ist es dann auch auf den hier vorliegenden elf Songs und der knappen Stunde Spielzeit, die die Spannung durchgängig hoch halten.
Mit dem feinen Roots-Rocker "How Do You Feel" - der über einen nicht zu überhörenden Stones-Einschlag verfügt - beginnt dieses Abenteuer bereits auf hohem Niveau. The Band sowie die Black Crowes kommen ebenso in den Sinn, wie das Gefühl, dass dieser Song auch ganz wunderbar auf ein Soloalbum Ronnie Woods aus den Spätsiebzigern gepasst hätte. Die bunte Mischung geht dann mit einer Reihe von Aaron Wilkinson-Songs weiter (die erste Nummer stammte vom Lead-Gitarristen Chris Mule), auf denen vor allem der Groove, die akustische Gitarre und der Gesang dominieren. Durchgängig klasse kommt übrigens auch der erdige und sehr transparente Sound.
Logischerweise dürfen hier auch die Bläser nicht fehlen, sei es bezüglich der größeren (Saxophon, Trompete) oder auch kleineren (Blues Harp). Was die Stücke der Honey Island Swamp Band so gut macht ist, dass man fast während der kompletten Spielzeit das Gefühl hat, sich schwitzend mit einem kalten Bier in der Hand irgendwo tief im Süden der US of A zu befinden. Man kann dieses Feeling fast greifen, wofür ganz sicher auch ein ganz dickes Lob an den Produzenten Luther Dickinson (North Mississippi All Stars, Ex-The Black Crowes) angebracht ist. Diese Scheibe wurde in gerade mal vier Tagen aufgenommen, was unter anderem dafür spricht, wie sehr die Musiker der Band mittlerweile miteinander verwachsen sind.
Sämtliche Tracks befinden sich auf sehr gehobenem Niveau, sowohl der Blues, (ansatzweise) Jazz, Rock, Southern-Akzente und Folk-Einflüsse sind allgegenwärtig. Der Löwenanteil des Songwritings geht an Wilkinson, aber Chris Mule kann dazwischen immer wieder (wie beim bereits erwähnten Opener "How Do You Feel" oder auch bei "She Goes Crazy") ganz feine Akzente setzen. Insgesamt gesehen glänzt das vierte Album dieser Band mit seinem lebendigen, atmenden Sound, seiner Frische, Spontaneität und auch einer gesunden Portion Enthusiasmus, denen sich kaum jemand, der auf dieses Genre steht, entziehen können wird.
Nun mag "Demolition Day" kein Jahrhundert- oder etwa Dekaden-Album geworden sein, aber dennoch ist es ein verdammt gutes, über dessen Langlebigkeit ich keine Zweifel hege. Und da ich es offensichtlich noch nicht erwähnt habe, sei obendrein versichert, dass man bei der Honey Island Swamp Band auch mit höllengeilen Slide-Gitarren bedient wird. Falls man nun unbedingt einen Pferdefuß finden möchte, könnte man den eher durchschnittlichen Gesang erwähnen. Aber das ist dann auch fast schon so, wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen finden zu wollen.
Line-up:
Aaron Wilkinson (acoustic guitars, mandolin, lead & background vocals)
Chris Mule (electric guitars, lead & background vocals)
Trevor Brooks (Hammond organ)
Sam Price (bass, background vocals)
Garland Paul (drums, background vocals)
Tracklist
01:How Do You Feel
02:Head High Water Blues
03:No Easy Way
04:Medicated
05:Watch And Chain
06:Katie
07:Ain't No Fun
08:She Goes Crazy
09:Through Another Day
10:Say It Isn't True
11:Devil's Den
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