Von den Killers bis Miles Davis ist alles erlaubt
The Hooters Interview am 04.04.2009 mit Rob Hyman von den Hooters am Hohner-Stand auf der Musikmesse in Frankfurt/Main
RockTimes sprach mit einem der beiden Hooters-Köpfe u.a. über den musikalischen Austausch von Generationen, Konzerte mit 'Hilfen' und natürlich über Hupen.
Fotos: Markus London & Udo Gröbbels

Interview vom 16.04.2009


Udo Gröbbels
Musikmesse Frankfurt 2009 Bei der alljährlichen Musikmesse in Frankfurt trifft sich nicht nur die Musikfachwelt, sondern am Besuchertag darf auch der ganz normale Hobbymusiker in die heiligen Hallen und dort die Neuerscheinungen bewundern. Dabei müssen sich die Aussteller schon etwas einfallen lassen, um die Leute anzulocken. Die Firma Hohner tat dies u.a. mit Rob Hyman und Eric Bazilian von den Hooters, die vor Ort waren, Autogramme gaben und ein Unplugged-Set spielten. Vorher hatte ich noch das Glück, ein Interview zu führen. Eigentlich sollten mir beide Hooters für das Gespräch zur Verfügung stehen, aber Eric wurde kurzfristig anderweitig benötigt und so saß ich dann alleine mit Rob Hyman im hinteren Teil des Messestands bei Hohner. Während ich sonst zumeist in etwas siffigen Backstageräumen die Interviews führe, war der schöne Pressebereich hier mal eine wirklich willkommene Abwechslung und dann nahte auch schon mein bestens aufgelegter Interviewpartner Rob.
RockTimes: Willkommen mal wieder in Deutschland. Habt ihr ein eigentlich ein ganz besonderes Verhältnis zu diesem Land? Nirgendwo tourt ihr so oft und so intensiv wie hier.
Rob: Ja definitiv. Wir touren seit über 20 Jahren in Deutschland und es hat sofort zwischen den Hooters und dem deutschen Publikum gepasst. Warum genau weiß ich auch nicht, aber in Deutschland werden wir immer mit offenen Armen empfangen. Nebenbei ist in den Jahren Deutschland unser mit Abstand größter und wichtigster Markt geworden und wir touren hier öfter als in den USA.
RockTimes: Ich dachte, es liegt vielleicht an euer Heimat, denn Philadelphia ist ja damals vor langer Zeit von Auswanderern aus dem niederrheinischem Krefeld gegründet worden und noch heute gibt es ja den Stadtteil German Town.
Rob: Eric ist dort geboren und auch aufgewachsen. Da müsstest du ihn mal über deutsche Tradition fragen. Aber Respekt - du hast dich wenigstens gut vorbereitet (lacht).
RockTimes:Rob und Udo Als ich von eurer neuen Doppel-Live-CD Both Sides Live gehört habe, war mein erster Gedanke: Live-Album - na ja. Als ich aber die CDs gehört habe, war ich wirklich angenehm überrascht. Ist die erste CD noch ein klassischer Hooters-Konzertmitschnitt, so habt ihr euch bei der Unplugged-CD wirklich etwas einfallen lassen. Besonders "Satellite" klingt ja fast wie eine Bluegrass-Nummer.
Rob: Wir hatten schon lange mal vor eine Unplugged-Session zu veröffentlichen. Der Sound der Hooters ist ja auch sehr unplugged geprägt, mit Instrumenten wie Akkordeon oder Mandoline. Letztes Jahr haben wir es dann in meinem Studio vor ein paar wenigen Zuhörer umgesetzt und es hat viel Spaß gemacht. Da man unplugged immer anders klingt, als 'mit Strom', mussten wir die Songs teilweise etwas umarrangieren. "All Your Zombies" basiert ja eigentlich auf einem Keyboard-Sound. Das haben wir dann auf eine Gitarrenmelodie umgeschrieben oder wie du schon sagtest: "Satellite", was jetzt auch ganz anders klingt.
RockTimes: Die CD ist Ende April offiziell hier erhältlich. Man konnte sie aber schon ein halbes Jahr lang über eure Homepage beziehen. War das gewollt, das ihr die CD erst vorab online verkauft habt?
Rob: Das war so: Der elektrische Teil der Doppel-CD wurde im November 2007 bei einem Konzert in unserer Heimat Philadelphia aufgenommen. Wir haben dann ein Jahr später das Album an gleicher Stelle an die Fans als 'Thanks-Giving-Geschenk' verschenkt und anschließend über die Homepage vertrieben. Es dauert immer etwas, bis man einen entsprechenden Vertriebspartner findet. Jetzt aber sind wir stolz, dass man das Album auch hier im Laden kaufen kann.
RockTimes: Gutes Stichwort, denn der Begriff 'im Laden kaufen' wird ja sicher in Bezug auf Tonträger auch in den USA immer seltener?
Rob: Oh ja, ich weiß worauf du ansprichst. Das ist echt eine traurige Entwicklung, denn auch in den USA sterben die kleinen Läden aus. Wir nennen solche Shops »Mom and Pop-Stores«, wo man reingeht und fragt »was gibt es für neue Platten?« Das alles verschwindet und selbst die großen Ketten wie Virgin Mega Store oder Tower Records schließen. Heute lernen die Kids eben neue Musik fast ausschließlich übers Internet kennen.
RockTimes: Wie vermittelst du denn deinen Kindern einen gewissen Respekt vor Musik?
Rob: Ich habe zwei Söhne im Teenager-Alter und die stöbern gerne durch meine Plattensammlung. Ich habe auch noch jede Menge Platten und langsam begeistern die beiden sich auch für Vinyl. Es war für sie am Anfang etwas befremdlich, aber die finden Sachen wie große Klappcover faszinierend.
RockTimes: Gehst du eigentlich heute noch regelmäßig auf Konzerte und befasst du dich mit neuen Bands?
Rob: Rob und UdoDurch meine Söhne bin ich absolut 'am Puls der Zeit'. Wir tauschen uns regelmäßig aus und dann bekomme ich eine CD in die Hand gedrückt mit den Worten »Dad, hör dir das mal an. Das ist cool« Manchmal verdrehe ich zwar auch die Augen, aber ich mag auch Bands wie z.B. die Killers, auf die mein 14jähriger Sohn total abfährt. Die Jungs mögen auch Rap und ich höre gerne Reggae und habe eine große Jazz-Sammlung. Dann kommt mein Sohn rein und nachdem er die Killers gehört hat, nimmt er sich bei mir eine Miles Davis-Platte und findet es genauso toll. Ich finde das klasse und kann ihn da nur unterstützen. Musik braucht keine Grenzen. Alles ist erlaubt. Außerdem gehen wir zusammen auch gerne zu Konzerten und zuletzt haben sie mich zu AC/DC mitgeschleppt, was mir sehr gut gefallen hat. Ich habe sie dann auch schon zu den Who oder Paul McCartney mitgenommen und gesagt »das waren die Urväter der Rockmusik. Hört euch das mal an«. Was soll ich sagen? Sie fanden es großartig.
RockTimes: In diesem Zusammenhang fällt mir eure alte Nummer "Give The Music Back" ein, die ich auch schmerzlich auf der aktuellen Live-CD vermisse. Der Text passt doch genau zum Thema 'Wo ist die Musik hin?'
Rob: Eigentlich hast du recht, aber der Text hatte damals einen anderen Hintergrund. Es war eine Hommage an sogenannte 'handgemachte Musik' und als Protest gegen die ganze 80s-Synthesizer-Musik zu sehen. Damals kam der Computer in die Musik, was heutzutage ja ganz normal ist. Wir mochten zu der Zeit diesen Trend nicht und schrieben so ein Lied über das Ursprüngliche in der Musik. Dieses Thema ist aber immer noch aktuell, vor allem bei Konzerten. In den USA hast du bei fast allen Bands kleine 'Hilfen' für ihren Livesound. Daher kann man teilweise schon fast nicht mehr von live sprechen. Bei uns hast du das nicht. Da steht keiner hinter dem Vorhang und 'hilft' uns (lacht).
RockTimes: Euer letztes Studioalbum, Time Stand Still, erschien vor knapp zwei Jahren. Wie siehst du aus heutiger Sicht das Album und haben sich die Erwartung erfüllt?
Rob: Da muss man ganz klar zwei Ebenen trennen. Da wäre zuerst die kommerzielle Ebene. Natürlich verkaufen wir durch die ganze 'Download-Geschichte' nicht mehr so viel Alben wir früher. Das war uns auch klar. Auf der künstlerischen Ebene bin ich immer noch sehr zufrieden mit der Platte. Natürlich kann man immer etwas verbessern, aber insgesamt stehe ich voll hinter der Platte. Ich freue mich aber am meisten über die Tatsache, dass wir doch einige Songs sehr erfolgreich in unser Live-Repertoire einbringen konnten. Wir spielen immer so ca. 5-6 neue Songs und "I'm Alive", "Time Stand Still" oder "Boys Of The Summer" kommen immer gut an. Mit "Free Again", auch einem neuen Song, beenden wir unsere Konzerte und das ist ein tolles Gefühl, wenn du mit einem neuen Stück dann von der Bühnen gehst.
RockTimes: Wenn ich dich schon mal auf der Musikmesse treffen, dann bietet sich ja auch die Frage an, wie es mit deinem Equipment aussieht. Probierst du immer noch neue Instrumente aus oder vertraust du auf der Tour dem bekannten Equipment?
Rob: Rob und UdoIn meinem Studio probiere ich gerne ab und zu neue Sachen aus. Auf Tour ist das anders, denn live habe ich einen vergleichsweise einfachen Sound. Ich brauche eigentlich nur einen sauberen Piano- und einen guten Keyboard-Sound. Mehr Schnick-Schnack ist nicht notwendig. Da nehme ich dann das Equipment, dem ich schon lange vertraue. Außerdem müssen Instrumente auf Tournee auch robust sein. Daher lass ich die teuren Sachen lieber zu Hause. Ich war aber eben auch schon auf der Messe unterwegs und habe mir die neusten Keyboards angesehen.
RockTimes: Deshalb seid ihr auch hier bei Hohner, denn die unterstützen euch auch beim Thema 'Live-Sound'.
Rob: Genau. Hohner baut unsere akustischen Instrumente, die wir live verwenden. Ich habe z.B. ein Akkordeon, was mit einem speziellen schnurlosen Tonabnehmer ausgestattet ist, so dass ich live auch damit auf der Bühne rumlaufen kann, was sehr angenehm ist.
RockTimes: Zum Thema Konzerte fällt einem ja auch gerne das berühmte Leben 'on the road' ein. Was hat sich in den letzten Jahren, im Gegensatz zu früher, bei eurem Tourleben geändert?
Rob: Nun, die Partys nach den Gigs sind kürzer geworden - leider (lacht). Unsere Konzerte sind 'High-Energy-Shows' und wir brauchen einfach den Schlaf, um jeden Abend eine gute Show abzuliefern. Heute sind unser Auftritte länger und vor allem besser als damals.
RockTimes: Aber als ihr jünger wart, habt ihr doch sicher auch mal dem wilden Tourleben gefrönt?
Rob: Rob und Eric(guckt mich ernst an) Ich bitte dich. Wir waren jung, unverheiratet, eine Band und auf Tour. Das ist ja die normalste Sache der Welt, dass man mal ein bisschen über die Stränge schlägt (lacht). Mehr muss ich doch nicht sagen, oder? Es war schon eine coole Zeit, aber du musst einsehen, dass man das nicht die ganze Zeit machen kann. Leider kommen manche Leute aber nicht damit klar und versuchen das auch noch im Alter. Vergiss es. Du musst irgendwann sagen: OK, war schön, aber so kann man nicht immer leben. Wenn man älter wird braucht man einfach mehr Schlaf und verträgt weniger Alkohol. Jeder der das nicht versteht, wird dabei früher oder später draufgehen.
RockTimes: Du und Eric seid ja die Köpfe der Band und auch die Songwriter. Wie ist das aufgeteilt bei euch oder anders gefragt: Wer ist Lennon und wer ist McCartney?
Rob: (lacht) Danke für den Vergleich. Bei uns ist das nicht festgelegt. Mal kommt Eric mit Text und Melodie, mal nur mit einer Melodie oder ich habe schon alles fertig. Das ist ganz verschieden, aber wir kennen uns schon so lange und wissen genau, was zu uns passt.
RockTimes: Nächstes Jahr habt ihr 30-jähriges Bandjubiläum. Habt ihr konkrete Pläne um das gebührend zu feiern?
Rob: Wir wollen auf jeden Fall ein neues Album machen. "Time Stand Still" war das erste Album nach 14 Jahren und wir arbeiten schon an neuem Material. Natürlich wollen wir das dann auch wieder mit einer Tour verbinden.
RockTimes: Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung zu eurem Bandnamen. Wenn man Hooters bei Google eingibt, findet man interessante Dinge, die aber alle nichts mit euch zu tun haben!
Rob: Ja, ich weiß worauf du anspielst. (Anmerkung: Hooters bedeutet soviel wie 'Hupen' und ist aber auch ein Slangwort für Brüste) Der Name Hooters bezieht sich auf die Hohner-Melodika, die seit Anfangszeiten unser Markenzeichen ist und bei einem Teil unserer Songs zu hören ist (Anmerkung: z.B. bei "And We Danced").
Wir haben auch nichts mit der Restaurantkette zu tun. Bei uns geht es nur um die Musik
RockTimes: Rob und EricVielen Dank für das Interview und viel Spaß noch auf der Messe.
Rob: Danke dir.
Nach dem Interview gaben Eric und Rob dann noch ein knapp 30-minütiges, stimmungsvolles Unplugged-Konzert am Hohner-Stand. Rob wechselte zwischen Orgel, Akkordeon und natürlich der 'Hooter', während Eric abwechselnd Akustikgitarre und Mandoline spielte. Bis auf den Opener "I'm Alive" und "Morning Buzz" gab es nur alte Hits und davon haben die Jungs eine ganze Menge: "Satellite", "All Your Zombies", "Johnny B" oder auch mein Favorit "Karla With A K". Zum Abschluss dann noch "And We Danced" und das Messevolk jubelte. Anschließend durften sich alle noch ein Autogramm abholen.

Die Hooters haben mir an diesem Tag gezeigt, dass sie auch nach knapp 30 Jahren immer noch richtig Bock aufs Musizieren haben und das merkt man in jeder Sekunde - ob nun im Gespräch oder live on stage. Mögen uns die sympathischen Jungs aus Philadelphia noch oft in Deutschland live beglücken.

Danke an Oliver Bergmann von Oktober Promotion für die Akkreditierung
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