»Und wenn ich sonst nicht weiterkumm, dann mach ich halt ein Live-Album!«
Dieser beliebte, von mir aus der Politik abgewandelte Spruch trifft auf viele Bands zu, die Kreativitätslücken oder vertragliche Verpflichtungen mit einer Live-Produktion überbrücken. Im Grunde genommen ein kostengünstiges 'Nebenbei-Produkt', in den meisten Fällen auch ein 'Best of', das je nach Form und Laune von hervorragender, innovativer Interpretation bis zur lieblos heruntergenudelten Aneinanderreihung alles sein kann.
"Fairweather Johnson", das zweite Werk von Hootie & The Blowfish drehte schon viele Runden auf meiner Wohnzimmer-Anlage, ein Album für entspannte, ruhige Stunden auf der Couch. Die sanfte Stimme von Darius Rucker und eine Band, die Song-Arrangements wie Wellnessurlaub in den herbstlichen Bergen verströmt, das hat was. Aber alles, was ich mir sonst von der Band zulegte, kam nicht mehr an diese besondere Stimmung heran. Bis zur Compilation "Scattered, Smothered and Covered", bei der die Fans über die Songauswahl von B-Seiten und Raritäten per Internet mit abstimmen durften, hab ich durchgehalten. Und auch was ich dann auszugsweise vom letzten Studioalbum Looking For Lucky im Internet anhören konnte, konnte mich nicht, im Gegensatz zum Kollegen Daniel, vom Hocker reißen.
Das South Carolina-Quartett strickt mit seiner neuesten Veröffentlichung die mittlerweile beliebte (und doppelt einnahmeträchtige) Masche mit, das Live-Ereignis als CD und als DVD parallel zu vermarkten. Die Tracks sind identisch, wohl also die Musik auch. Mir liegt nur die CD vor, deswegen die Spekulation.
Die oftmals als 'College-Band' betitelte Gruppe hat offensichtlich auch nach Trennung und Neubeginn weiter so ihre Probleme, im 'Rock-Lager' richtig ernst genommen zu werden. Nun, die Tracklist zeigt, dass Hootie vorsichtshalber vorwiegend die Lorbeeren der Vergangenheit bemühen, sprich acht Songs des Mega-Platinum-Sellers "Cracked Rear View" und dazwischen eingestreut, sechs des im August 2005 zu promotenden "Looking For Lucky"-Neulings. Der Rest stammt von anderen Alben, darunter auch "I Hope That I Don't Fall In Love With You" von Tom Waits. Also absolut ein "Sicherheitspass", würden Basketballer dazu sagen.
Neben den vier Stammmitgliedern sind noch als Gäste Gary Green (Percussion) und Peter Holsapple (Guitars, Mandolin und Keyboards) mit auf der heimatlichen Bühne, die für einen runden Sound und Abwechslung sorgen. Nun, es geht erstmal ordentlich zur Sache, die Band läßt's krachen, aber da zeigt sich auch, dass der softe Rucker kein Rocker ist und seine Stimme leicht ins Knödeln kommt. Mit "Hey Sister Pretty" folgt der erste der neuen Songs, der mir gefällt. Das hat die alte Klasse und eine Gitarre, die richtig brettert. "Running From An Angel" passt da mit seiner Congas-Begleitung gut dazu.
Mit dem euphorischen "One Love" (eingängig mit Chor) vom neuen Album und "Look Away" geht's langsam in die Schmuserunde. "Leaving", Mandoline und Brummbass, ist auch interessant (sollte ich vielleicht doch noch mal nach "Lucky" 'looken'?). Aber das Waits-Cover ist eine belanglose Weichspüler-Nummer. Ich wette ungesehen, Dreiviertel des Publikums sind die weiblichen Kommilitoninnen von damals, die schon langsam mal die verschwitzten BHs enthaken. Und bei den nächsten Songs fliegen die auf die Bühne.
Bei "Old Man and Me" klinke ich mich wieder ein, nicht schlecht die Live-Version vom "Fairweather"-Album. Ja, wo sind wir jetzt - Twin-Guitars??? "Drowing" vom Erstwerk rockt ordentlich 'sassernmäßig'. Und auch der nächste neue Titel "Get Out Of My Mind" kommt gut. Bei "Hold My Hand" dürfen die Mädels (inzwischen von weiteren lästigen Kleidungsstücken befreit?) wieder mitsingen. Hammond und Congas - was ist das jetzt? Egal, "Go And Tell Him (Soup Song)" dröhnt auch schön. Und jetzt wird's sogar gemäßigt heavy - "Killing Stone". Zum Abschluss dann natürlich die Hootie-Hymne "Only Wanna Be With You", die Initialzündung für den Riesenerfolg zu Beginn der Karriere.
Das haben die erwachsen gewordenen Herren recht ordentlich gemacht. Als erstes Live-Album der mittlerweile 12-jährigen Karriere sei ihnen das aus einer gefestigten Abwehr heraus aufgezogene Systemplay mit zahlreichen Stationen 'außenrum' und einigen schönen Aktionen unter dem Korb zugestanden. Es sind auch ein paar 'Dreier' und 'Fast Breaks' dabei. Die Mädels mögen die gefällige Spielerei ja, aber für uns gilt: Let's play physical, we wanna see you dunk!
Übrigens nicht wundern - dein CD-Player taktet schon noch richtig! 'Track 1' auf der CD ist die Begrüßung und dann geht's mit "State Your Peace" schon als 'Track 2' weiter. Mit der Qualitätssicherung bei den Plattenfirmen ist's halt auch nicht mehr weit her …
Tracklist |
01:State Your Peace
02:Time
03:Space
04:Hannah Jane
05:Hey Sister Prettyu
06:Running From An Angel
07:One Love
08:Look Away
09:Leaving
10:I Hope That I Don't Fall In Love With You
11:Desert Mountain Showdown
12:Let Her Cry
13:I Go Blind
14:Old Man And Me
15:Drowning
16:Get Out Of My Mind
17:Hold My Hand
18:Go And Tell Him (Soup Song)
19:Killing Stone
20:Only Wanna Be With You
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