Howlin Rain / The Russian Wilds
The Russian Wilds Spielzeit: 61:08
Medium: CD
Label: Agitated Records, 2012
Stil: Psychedelic, Classic Rock

Review vom 17.04.2012


Mike Kempf
Nach wie vor bin ich von dem 1969 stattgefundenen Woodstock-Event schwer angetan, spielten schon damals die immer noch aktiven Rockgrößen wie Ten Years After oder The Who, um nur zwei Beispiele herauszupicken, bei der legendären dreitägigen Veranstaltung mit. Nicht zu vergessen, dass die ebenfalls mitwirkenden und leider viel zu früh verstorbenen Künstler,
Jimi Hendrix († 18. September 1970) oder Janis Joplin († 4. Oktober 1970), sich in der Musikepoche der Flowerpower einen unlöschbaren Namen in der Historie der Rockmusik erspielten.
Mein Herz frohlockt förmlich, wenn sich diverse Musikergruppen an die Zeit der Endsechziger stark anlehnen, so wie in dem mir vorliegenden Fall von Howlin Rain, "The Russian Wilds". Der US-Fünfer aus San Francisco hat nämlich sein neuestes Werk im Stil von Hendrix und Co. entworfen, mit reichlich Longplayern (fünf Tracks über 6:00 Minuten) ausgestattet, das insgesamt eine Gesamtspiellänge von über einer Stunde ergibt und qualitativ einige Glanzlichter setzt.
Dabei sei an erster Stelle Ethan Millers Kehlkopf erwähnt, der eine wahnsinnig starke Stimme der Marke Terence Trent D'arby (der 1987 mit "Wihsing Well" einen Nummer-Eins-Hit landete) zum Vorschein bringt. Dafür gibt es von mir eine uneingeschränkte Eins Plus! Dass er nebenbei, so wie seine Kollegen Mike Jackson und Eli Eckert, einen ganz starken Part an der Stromklampfe abliefert, muss ich ebenfalls erwähnen, so wie den mir leider unbekannten Bläser, der beim zweiten Titel der Scheibe "Phantom In The Valley" die tragende Säule ist. Überhaupt bin ich beim Checken auf mühsames Recherchieren im Internet angewiesen, weil ich weder auf ein aussagekräftiges Infoblatt noch aufs Booklet zurückgreifen kann - Schade! Nun gut, letztlich ist entscheidend, was die Tonkonserve aus den Boxen schmeißt und schnell wird mir klar, dass ich hier eine Top-Edelpraline aus der RockTimes-Naschschale gefischt habe!
Es ist ihre Präsentation aus einer Mischung von Classic- und Psychedelic Rock gepaart mit viel Blues und extrem gutes Songwriting, für das sich größtenteils ebenfalls Frontmann Miller verantwortlich zeigt. Alles gute Gründe, die mich in eine Zeitreise versetzen lassen, bei der ich mir wünsche, kein Rückflugticket gebucht zu haben. Es wird gejammt was das Zeug hält und zwar durchweg auf hohem Niveau. Dabei erwartet den Konsumenten unverfälschter, rauer Rock der Sechziger/Siebziger, wobei Ian Gradek (Bass), Garett Goddard (Schlagzeug) und Joel Robinho (Keyboard und Background Vocals) für eine fehlerfreie Grundierung der Tonkonserve sorgen, auf der sich die Gitarristen nach allen Regeln der Saitenkunst austoben können. Dazu die erstklassigen Gesangsvorträge von Miller, der neben seiner leicht angehauchten Soulstimme auch butterweiche Balladen ("Collage") so soft ins Mikro haucht, dass selbst ich als Liebhaber der härteren Gangart einen wohlwollenden Rückenschauer erlebe.
Bei der seit 2004 existierende Combo steht zwar Miller wegen seines außergewöhnlich guten Gesangs im Mittelpunkt des Geschehens, doch im Verbund mit den ausgedehnten Gitarrenbreitseiten von nicht minderer Qualität, den toll integrierten Tastenelementen, dem exzellenten Tieftöner und dem Taktvorgeber an den Fellen, hat sich mir ein Album der absoluten Spitzklasse vorgestellt. Durch ihre Flexibilität und großes musikalisches Verständnis wirkt die Platte nie langweilig, besticht eher mit toller Abwechslung, lässt mit Soul, Blues, Classic-, Southern- und Psychedelic Rock aufhorchen, ohne jemals den Leitfaden zu verlieren. Klasse! Einen separaten Anspieltipp kann ich nicht empfehlen, wenn schon denn schon sollte man sich das ganze Album von A bis Z anhören. Auch ein Grund, warum ich mich scheue, Vergleiche mit anderen Bands heranzuziehen. Ich möchte dem Leser dieser Zeilen anraten sich diese Platte selbst anzuhören, um sich vorbehaltlos ein eigenes Urteil zu bilden. Doch so viel erahne ich: Wer sich gern an die Flowerpower- und Hippie-Zeit erinnert, der kommt an diesem Album auf keinem Fall vorbei. Und ich bin mir sicher, dass der Musikfreund, der sich vielleicht eher zu einem anderen Genre hingezogen fühlt, der aber auf qualitativ hochwertige Handmusik steht, ebenfalls kaum an dieser CD vorbei kommt. Mit "The Russian Wilds" ist der US-Kapelle ein außergewöhnlich gutes Album geglückt. Deshalb kann ich nicht nur eine Kaufempfehlung aussprechen, sondern muss sie verordnen!
Line-up:
Ethan Miller (vocals, guitar)
Mike Jackson (guitar)
Eli Eckert (guitar)
Ian Gradek (bass)
Garett Goddard (drums)
Joel Robinow (backing vocals, keyboard)
Tracklist
01:Self Made Man (8:00)
02:Phantom In The Valley (7:16)
03:Can't Satisfy Me Now (6:19)
04:Cherokee Werewolf (5:26)
05:Strange Thunder (8:53)
06:Plex Reception (0:37)
07:Dark Side (5:18)
08:Beneath Wild Wings (4:16)
09:Collage (5:01)
10:Walking Through Stone (6:53)
11:Still Walking, Still Stone (3:09)
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