Mike Evans, Paul Kingsbury / Woodstock - Die Chronik
Woodstock - Die Chronik Mike Evans, Paul Kingsbury
mit einem Vorwort von Martin Scorsese
Medium: Buch
Gebunden mit Schutzumschlag
200 Fotos
288 Seiten
Collection Rolf Heyne, 2009
ISBN-13: 978-3-89910-419-6
Preis: 39,90 Euro



Buch-Review vom 10.08.2009


Jürgen Bauerochse
Im vierten und (wahrscheinlich) auch letzten Teil des RockTimes Woodstock-Specials, in dem wir neu erschienene Bücher (Making Woodstock, Woodstock '69 - Die Legende,
Woodstock - Wunder oder Waterloo?) vorstellen, die sich mit dem bedeutendsten Festival der Rockhistory beschäftigen, gibt es nun noch ein ganz besonderes Schmankerl für alle Leser, die ihre Sturm- und Drangzeit in den siebziger Jahren erlebten und mit den damals angesagten Bands groß geworden sind.
Beim Lesen dieses monumentalen Werkes wird man fast zwangläufig in die Zeit des Flower Power und seiner Jünger zurück versetzt. So eindrucksvoll ist das verwendete Bildmaterial von "Woodstock - Die Chronik". Das Buch, das von den beiden renommierten Musikjournalisten Mike Evans und Paul Kingsbury in Zusammenarbeit mit dem 'Museum at Bethel Woods' verfasst wurde, gehört für mich zu den beeindruckendsten Arbeiten, die sich mit der aktuellen Geschichte der Rockmusik befassen. Allein schon die noble Aufmachung dieses großformatigen Bandes und das liebevolle Layout jeder einzelnen Seite macht das Studieren zu einem extremen Vergnügen für den Leser.
Da stimmt einfach alles. Neben den über zweihundert Fotos, von denen ein Großteil bisher unveröffentlicht war, lässt auch der Informationsgehalt der Texte und der übersichtliche Themenaufbau keinerlei Wünsche offen.
Ganz gezielt wird im ersten Teil des Buches auf die 'Three days of peace and music' hingearbeitet, wobei die Autoren mit einer "Chronik vor Woodstock" beginnen, bei der unter anderem die politischen Geschehnisse, wie die Ermordung der Kennedy-Brüder und Martin Luther Kings, die Wahl von Richard Nixon zum Präsidenten und natürlich der Krieg in Vietnam verarbeitet werden, die schließlich zur Gründung der Gegenkultur und den Bürgerrechtsbewegungen führten und so die 'love and peace'-Generation erst möglich machte.
Die folgenden Kapitel befassen sich mit den Vorläufer-Festivals in Newport und Monterey, bei denen der Grundstock zu diesem Groß-Event gelegt wurde. Die Organisation, die vorgesehenen Orte und das endgültige Gelände, auf dem das 3-Tage-Spektakel schließlich stattfand, sind die nächsten Themen, bevor die vier verantwortlichen Organisatoren des Festivals vorgestellt werden und auf die bundesweite Vermarktung in den USA eingegangen wird. Schließlich gelangt der Leser zu den Vorbereitungs- und Aufbauarbeiten auf den Wiesen von Bethel.
Den mit Abstand größten Teil des Buches nimmt aber das eigentliche Konzertgeschehen an diesen drei Tagen im August 1969 ein. Hier macht sich die Zusammenarbeit der Autoren mit den Machern des mit einem Oscar prämierten Dokumentarfilms (der damalige Kameramann Martin Scorsese schrieb übrigens das Vorwort zu diesem Buch) positiv bemerkbar, denn das Fotomaterial ist immer ganz nah dran am Geschehen.
Es folgt der fast minutiöse Ablauf des Festivals. Alle zweiunddreißig Acts werden chronologisch aufgearbeitet und bewertet. Dazu gibt es die jeweiligen Besetzungen und die Setlisten jedes einzelnen Auftritts, sowie Interviews mit vielen Musikern, in denen sie sich über ihre Gefühlslage an diesen geschichtsträchtigen Tagen auf der Bühne von Bethel äußerten.
Unterbrochen werden die Konzertberichte immer wieder von beeindruckenden, teils doppelseitigen, Fotos dieser riesigen Menschenmasse, die hier friedlich und entspannt allen Wetterkapriolen und sonstigen Unzulänglichkeiten trotzte und nur eine gute Zeit haben wollte.
Natürlich wird auch Max Yasgur ausführlich behandelt, der Farmer, ohne den das Woodstock-Festival nicht möglich gewesen wäre, wenn er nicht sein Land zur Verfügung gestellt hätte und der sich deshalb jede Menge Anfeindungen aus seiner Nachbarschaft anhören musste.
Zum Schluss des Buches wird natürlich auch noch über die Aufräumarbeiten nach dem Festival berichtet, die bei einer solchen Menschenmasse auch nicht ganz ohne waren. Außerdem werden einige der nachfolgenden Open Airs besprochen, bei denen es teilweise zu heftigen Ausschreitungen kam und die alle nicht an das Feeling von Woodstock rankamen. Zusätzlich wird die Medienarbeit für die Tonträger während der drei Tage beleuchtet und es gibt auch viele Fakten im Zusammenhang mit der Produktion des 'Woodstock-Filmes', die wahrscheinlich auch noch nicht jedem Leser bekannt sein dürften.
Wenn man, wie der Rezensent himself, beim Lesen dieses Buches auch zusätzlich noch den Kopfhörer mit den dazu gehörigen Live-Aufnahmen auf den Ohrmuscheln hat, dann ist man in null Komma nichts mitten drin in der Woodstock-Nation aus dem Jahr 1969.
"Woodstock - Die Chronik" ist ein absolut unverzichtbares Stück Musikgeschichte, das in keinem Bücherregal fehlen sollte. Ich persönlich werde mir dieses Buch garantiert immer wieder mal zu Gemüte führen und kann nur hoffen, dass viele RockTimes-Leser es mir gleich tun und öfter mal wieder in die 'gute alte Zeit' abtauchen. Das Festival von 1969 und dieses Buch haben es auf jeden Fall verdient!
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