Rebecca Hall und Ken Anderson sind ein verheiratetes Künstlerpaar aus Vermont im Nordosten der USA. Auf ihrer zweiten gemeinsamen CD aus dem letzten Jahr setzen sie das fort, wofür sie auch dem Aussehen nach stehen: Singer/Songwriter-Folk der eher biederen Art. 'Bieder' jedoch in einem eigenen Sinn, das vorgeblich Brave, Angepasste, Zurückhaltende, Überholte, Verhuschte, Verknitterte und Ausgewaschene ist in seiner Altmodischkeit so ungewöhnlich, dass es schon wieder seinen Reiz hat. Nicht von ungefähr: Die Beiden wissen sehr wohl, wie sie dieses 'Unspektakuläre' für die geneigten Ohren so in Szene setzen, dass sich deren Besitzer/Besitzerin entspannt zurücklehnt und die Beine hochlegt. Auszeitmusik, Abschaltmusik, Nichtzuhören-Nichtsdenken-Nichtstunmüssen-Musik. Einfach zum Ausruhen, zum Loslassen - so wie auf dem Cover und in den Illustrationen zu den Songtexten.
Kann das ein kreativer Künstler wirklich beabsichtigen, dass seine Arbeit im Nichtwahrnehmen besteht? Natürlich nicht! Aber die Musik des Duos ist so fein gewirkt und leicht, so fließend und ohne Nähte, dass sich der Hörer möglicherweise darauf gar nicht einlässt. Und zuhören muss man schon, um mehr als nur die harmonische Stimmung mitzubekommen.
Der Opener "Year Without A Summer" könnte auch aus einem versponnenen Album der englischen Folk-Bewegung der Spätsechziger stammen. Rebecca Hall singt ihre anrührende Ballade über eine frühe Liebe im Katastrophenwinter 1815/16, als die Asche des ausgebrochenen Vulkans Mt. Tambora das Land ein Jahr lang verfinsterte, als 'lovely tune' zur gezupften Gitarre, Glockenspiel und mit schönen Backing Vocals. In die Metapher des "Rolling Train" verpackt ist auch der nächste Track ein leiser Lovesong. Und "Just Like A Song" gehört wohl ebenso in diese Kategorie, diesmal mit einer Orgel im sanften Instrumentarium. »You took me by surprise, I never saw it in your eyes, I never realized…« - keine Frage, noch was für's Herz. Bis jetzt recht schön, aber ohne große Abwechslung. Etwas flotter wird es mit dem Titeltrack und da geht es mal um das Eigenleben, das ein altes Haus auf dem Land haben kann.
Nostalgische Wehmut verbreitet "Calliope", indem ein Jahrmarktskarussel zum Nachdenken über den Lauf des Lebens anregt. Auch eine kleine Sternschnuppe bringt Frau Hall zum Träumen und der Gatte summt mit. Gut in ein englisches Kinderliederbuch könnte "Sally Lazy" passen, das etwas munterere "Make It All Work Out" handelt ebenfalls vom süßen Nichtstun. Mit "Under A Broken Sky" geht es zurück in die Anfangsstimmung und mit "Like You Do" auch wieder in die Beziehungskiste. A capella endet das kurze Album, der letzte Track "The Sweetest Flower" ist ein gelungener Abschluss des Liederreigens.
Rebecca Hall kann wunderschön singen, auch wenn sie das meist nur leise tut und man sie öfters gern etwas kräftiger hören würde. Ganz im Hintergrund mit etwas dunklerer Zweitstimme ergänzt Ken Anderson den Vortrag, sorgt ansonsten aber für die vielseitige instrumentale Ausstattung der Songs. Alles sehr geschmackvoll und eingängig, melodiös und den Sinnen schmeichelnd. Musik, die sehr bewusst auf Kanten verzichtet und auf reinen Wohlklang setzt, im Studio in den heimischen vier Wänden aufgenommen. Dort hängen sicher Klöppelspitzendeckchen über dem Regiesessel und auf den Monitoren verbreiten Fleißige Lieschen traute Gemütlichkeit. Das Album hat seinen Zauber, ohne Zweifel, aber sicher nur für ein sehr spezielles Publikum, das es leise, behaglich und zurückgezogen mag.
Line-up:
Rebecca Hall (guitar, vocals)
Ken Anderson (accordion, banjo, bass, drums, electric piano, glockenspiel, guitar, harmonica, mandolin, organ, percussion, vocals)
Tracklist |
01:Year Without A Summer (3:17)
02:Rolling Train (3:31)
03:Just Like A Song (2:25)
04:Never Realized (4:30)
05:Any Forgotten Thing (2:41)
06:Calliope (2:19)
07:Falling Star (4:39)
08:Sally Lazy (4:39)
09:Make It All Work Out (2:12)
10:Under A Broken Sun (3:34)
11:Like You Do (3:34)
12:The Sweetest Flower (2:00)
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