Spielzeit: 72:12 Medium: CD Label: Eagle Rock, 2011 Stil: Blues Rock Review vom 09.08.2011 Joachim 'Joe' Brookes

Auch live ist Jeff Healey ein Genuss für jeden Tag. Warum diese tolle Scheibe noch nicht früher erschienen ist, weiß der Teufel. Healey spielt im Grossman's Tavern, dort, wo für den Mann 1985 quasi der Startpunkt seiner Karriere war. Am 22. und 23.04.1994 trat er mit seinen langjährigen Weggefährten Joe Rockman (Bass) sowie Schlagzeuger Tom Stephen auf.

Zur zeitlichen Einsortierung: Der Protagonist hatte mit "See The Light" (1988), "Hell To Pay" (1990) und "Feel This" (1992) bereits drei erfolgreiche Alben auf dem Markt. 1995 sollte "Cover To Cover", eine Platte mit ausschließlich Fremdkompositionen folgen. Vielleicht kann man die vorliegende CD als die Live-Probe zu den Studioaufnahmen ansehen. Immerhin waren mit der Beatles-Nummer "Yer Blues" und "As The Years Go Passing By", bei dem sich Healey in der knappen Ansage auf Albert King bezieht, zwei Songs auf dem letztgenannten Album enthalten. Verfasser des Titels ist allerdings Deadric Malone, als Peacock Records-Gründer auch unter dem Namen Don Robey bekannt. Schließlich befindet sich noch eine Fleecy Moore/Claude Demetrius-Nummer auf der Scheibe.

Um die Tracklist rund zu machen, hören wir noch zwei Chester Burnett-Titel und je einmal etwas von Robert Johnson, Jimi Hendrix, Bob Dylan und Elmore James. Der Opener ist eine tolle instrumentale Einleitung zu einer Cover-Platte, bei der sich zeigt, dass man es zwar mit Fremdkompositionen zu tun hat, aber alles den ultimativen Stempel von Jeff Healey trägt. Auf der Verpackung und im Booklet wird der von Alvin Lee geschriebene Ten Years After-Klassiker "I'm Going Home" angekündigt. Da darf man sich ja schon zu Beginn freuen. Jedoch kommen spätestens nach etwa fünfzig Sekunden mächtige Zweifel auf. Das ist ein mit treibendem Beat unterlegtes und funkig daherkommendes "Coming Home Baby" und beinhaltet vielleicht noch ein wenig "I'm A Man"-Verschnitt. Wenn diese Nummer tatsächlich "I'm Going Home" sein soll, bringe ich als Niederrheiner einem Fisch das Fahrradfahren bei. Nichtsdestotrotz eine tolle Einleitung.

Howlin' Wolfs "Killing Floor" liegt dem geneigten 12-Takter-Anhänger wie mit Klebstoff am Trommelfell befestigt seit Ewigkeiten in den Ohren, aber hier ist die Nummer ein hervorragender Botschafter des Blues Rock. Healey spielt inspiriert und mit seinen Gig-Gästen Pat Rush
(Johnny Winter, James Cotton, Buddy Guy) an der Gitarre sowie dem Harp-Spieler Michael Pickett (David Gogo, The Whiskey Howl Big Band, Coco Montoya) hat er auch noch kompetente Unterstützung in Sachen durchschlagendem Sound.

Den Slow Blues kostet der viel zu früh verstorbene Musiker voll und ganz aus. Fantastisch, wie er sich mit seinem Solo in die Tiefen dieses Songs begibt und dann wieder bei seinem typischen Gesang ankommt. Über einen dank Joe Rockman fein groovenden Rock'n'Roller kommt der "Yer Blues" zum Zug. Die Lennon/McCartney-Nummer wurde tags zuvor überhaupt zum ersten Mal gespielt und gefällt sozusagen schon in Healeys tonnenschwerer Urfassung. Diese Stück findet man ja auf sehr vielen späteren Veröffentlichungen.

Über die "Crossroads" mit zum Teil schön gesetzten Twin-Gitarren und einem furiosen Michael Pickett übernimmt mit "Dust My Broom" die Slide-Fraktion das Ruder der Action. Healey & Co. brauchen ganze sechseinhalb Minuten um sich aus dem Staub zu machen. Klasse! Mit ganzen dreiundzwanzig Minuten saugen die beiden letzten Stücke an der Gesamtspielzeit und durch zwei weitere Klassiker der Rock-Geschichte wird "Live At Grossman's - 1994" zu einem Festival für die Sinne. Beide Gitarristen sind am Wah Wah-Pedal mächtig aktiv und zur Freude des Hörers streut man noch ein wenig anderes Hendrix-Material ins Feuer. Mit zunächst beruhigender Atmosphäre schreitet man zur Krönung des Albums. "All Along The Watchtower" vereint Dylan sowie Hendrix und obendrein würzte Healey noch mit Eric Claptons "Layla".

Jeff Healey live 1994: Ein Musiker und seine kleine Belegschaft in Bestform. Mit einem tollen Sound, der die Club-Stimmung widerspiegelt soll dieses Album empfohlen werden.

Line-up:
Jeff Healey (guitar, vocals)
Joe Rockman (bass)
Tom Stephen (drums)

Guests:
Pat Rush (guitar)
Michael Pickett (harmonica)