Zu Hülf, meine Vorurteile fahren gerade Achterbahn - schon wieder ein Bluesalbum, das mir gefällt! Und das von einem blutjungen 'Highlander', der beiden Attributen zu widersprechen scheint: Lewis Hamiltons neunzehnjährige Stimme klingt eher nach einem versoffenen Southern-Rocker... und auch die Optik deutet in diese Richtung. »Heißblütiger Caledonian Blues«? Nie gehört!! Sagt einer, in dessen Heimat der 'Highwoodian Blues' zuhause ist. Hat auch noch keiner außerhalb des schönsten und kleinsten deutschen Bundeslandes gehört - macht ebenfalls nix ;-)
"Ghost Train" ist die zweite Platte des jungen Schotten, der im vergangenen Jahr mit seinem Debüt "Gambling Machine" im Vereinigten Königreich für Aufsehen in der Bluesszene sorgte. Dieses Album brachte Hamilton unter anderem einen Scottish New Music Award und immerhin eine Nominierung für den angesehenen British Blues Award ein - die Eintrittskarten für die größten Bluesfestivals auf der Insel. Mit neunzehn Jahren - Respekt!!
Mit der vorliegenden Scheibe setzt der talentierte Jüngling nun zu einem Doppelschlag innerhalb eines Jahres an und zeigt überdeutlich, warum ihm solche Ehren in der jüngsten Vergangenheit zuteil wurden.
Wie schon angedeutet, klingt der kaledonische Blueser - in Auchterarder, irgendwo mittig auf der Achse Glasgow-Dundee beheimatet - bereits wie ein alter Hase. Weder führungs- noch orientierungslos geistert dieser "Ghost Train" durch die Blueswelt... und eine Geisterbahn ist's schon mal gar nicht!! Lewis Hamilton scheint ein lupenreiner Spross aus den nordamerikanischen Wurzeln des Blues zu sein, weshalb der angekündigte »Caledonian Blues« ein kurzes, allerdings nur leicht angedeutetes Stirnrunzeln ausgelöst hatte. Irgendwie muss man sich wohl aus der Masse abheben.
So ganz scheint Hamilton noch nicht seinen eigenen Weg gefunden zu haben. Wie auch? Mit 19 Jahren?? Man hört die verschiedensten Einflüsse noch gut heraus. Aber die Richtung stimmt - das ist jetzt erstmal die Hauptsache! Sehr gut gefällt er mir - gesanglich wie gitarristisch -, wenn er wie Stevie Ray Vaughan drauflos schrubbt. Deshalb zählen auch "Lonesome And Blue", der Titelsong und "Down To The River" zu meinen Favoriten. Ganz stark ist auch das lässige "Cheap Cigars", das (für mich) das Lebensgefühl südlich der Mason Dixon Line sehr schön transportiert. "Trust In Me" bedient sich dagegen sehr entspannt an den 'funky' Fleischtöpfen des Jazz Rocks. Man kann "Ghost Train" garantiert nicht nachsagen, es sei nicht abwechslungsreich!
Mit "By The Oak Tree" schwenkt Lewis Hamilton dann Richtung Chicago ein. Eine derart schwüle Blues-Ballade hab ich schon lange nicht mehr gehört. Bruce Michie sorgt mit der Trompete und verschiedenen Saxofonen im Alleingang für eine ganze Horn Section und somit für jaaanz viel Gefüüühl... Gleich im Anschluss wird mit dem rauen, wilden "Whiskey Boogie" das Gefühl wieder rausgeprügelt. "Head In The Sand" erscheint als erste Wahl für die Single - absolut radiotauglich, diese Nummer! Und mit "Breaking Heart" folgt dann der obligatorische Slow Blues, ohne den ein Bluesalbum anscheinend nicht auskommen kann. Wie schon angemerkt: Langweilig wird's auf "Ghost Train" zu keinem Zeitpunkt.
Mit zwei wunderschönen akustischen Takes - "Sunrise" und "Journey Home", nur mit seiner 'Stromlosen' begleitet - entlässt Hamilton den bestens 'bespaßten' Hörer nach einer guten dreiviertel Stunde wieder aus seinem 'Geisterzug'.
Was ist denn nun 'kaledonisch' an Lewis Hamilton und seinem neuen Album "Ghost Train"? Ein neues Subgenre ist es garantiert nicht. Das macht wohl eher die teilweise raue, herbe Schönheit und Erdverbundenheit der Musik, die unprätentiöse Bodenhaftung und ganz sicherlich auch die zünftige Trinkfestigkeit des Protagonisten aus.
Eine überaus positive Blues-Überraschung, von der noch viel zu hören sein wird. Hamilton hat sich schließlich gerade erst auf den Weg gemacht...
Line-up:
Lewis Hamilton (lead vocals, guitars, bass - #5, drums - #5)
Nick Hamilton (bass)
Ian 'Santa' Wallace (drums - #1,2,4,6,8)
Pete Rabjohns (drums - #3,7,9)
Rich Young (Hammond - #1,3, keyboards - #4)
Steve Hamilton (keyboards - #5, Hammond - #6)
Bruce Michie (trumpet, saxophones - #5)
Lyndon Anderson (harp - #6)
Tracklist |
01:Lonesome And Blue (3:26)
02:Cheap Cigars (4:51)
03:Ghost Train (3:03)
04:Trust In Me (4:44)
05:By The Oak Tree (4:06)
06:Whiskey Boogie [feat. Lyndon Anderson & Steve Hamilton] (4:19)
07:Down To The River (5:23)
08:Head In The Sand (4:43)
09:Breaking Heart (5:45)
10:Sunrise (4:09)
11:Journey Home (2:52)
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