Nina Hagen / All Time Best
All Time Best Spielzeit: 73:33
Medium: CD
Label: Sony Music, 2014
Stil: Punk, Pop, Rock

Review vom 23.11.2014


Sabine Feickert
»Allein! Die Welt hat mich vergessen...« - och neee, Nina, das würden wir doch niemals nicht tun. »Ich hänge rum! Hab's bei allen verschissen...« aber nicht doch. Sogar »Literatur, da wird mir übel« hat man dir wohl verziehen, zumindest beim Reclam-Verlag. Der hat nämlich mit Sony zusammen jetzt als gelbe "All Time Best" (von wegen »alles so schön bunt hier«) deine wichtigsten Werke zusammengestellt.
»Ich kann mich gar nicht entscheiden« haben diejenigen, die die Auswahl treffen sollten, bestimmt das ein oder andere Mal gedacht. Ganz ehrlich, ich beneide diejenigen, die auswählen müssen wirklich nicht. Hätte man den Titel dieser Serie wörtlich genommen, wäre hier unter Umständen eine Wiederauflage des Debüts Nina Hagen Band rausgekommen. Aber Ironie beiseite, nicht nur, dass dann doch etliche Minuten Spielzeit der CD leer geblieben wären, es hätte auch alles ein wenig zu sehr reduziert.
Denn einerseits ist oben schon angesprochene "Nina Hagen Band" natürlich DER Klassiker überhaupt und unter dem Gesichtspunkt ganz sicher zu Recht mit fünf Titeln vertreten. Nach dem "TV-Glotzer (White Punks On Dope)", fühlt sie sich "Unbeschreiblich weiblich", wandelt "Auf'm Bahnhof Zoo" im Damenklo, findet den "Superboy", auf den sie unglaublich "Heiss" ist... alles altbekannt, immer noch gut und ganz bestimmt die Bezeichnung "All Time Best" wert.
Auch die "Unbehagen" ist mit "African Reggae", "Wir Leben immer … noch (Lucky Number)" und "Auf’m Rummel" noch relativ stark vertreten. Ich gebs ganz ehrlich zu, nach diesen beiden Alben hab ich Nina erstmal nur noch durch schrille und abgedrehte Aktionen wahrgenommen, die weniger ihrer Musik, denn ihrem 'Gesamtkunstwerk' zuzuschreiben waren. Und eigentlich war ich doch ein bisschen neugierig, was sie außer sich für Hilfe für Flüchtlinge und Patientenverfügung zu engagieren in den letzten Jahren eigentlich noch so gemacht hat.
Im sechzehnseitigen Booklet werden die wichtigsten Alben und Stationen bis 2011 aufgeführt; Einzug auf diesen Gelbling fanden aber nur Songs die bis Mitte der 80er entstanden waren. Ich bin mir da nicht ganz sicher, ob ich es bedauern oder mich darüber freuen soll. Zumal "Big Band Explosion" und "Personal Jesus" in Ernst Hofackers Liner Notes relativ viel Raum eingeräumt wird. So ein bisschen Sucherei im Web war dann schon aufschlussreich und brachte echtes Bedauern mit sich, dass davon so gar nichts auf die kleine Gelbe durfte. Dafür fand neben "Zarah (Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n)" von der eher 'harmlosen' 1983er "Angstlos" auch "My Way" (von "In Extase") Platz – wenn wir schon bei den schrill aufgebrezelten 'ollen Kamellen' à la Nina sind.
"Smack Jack" und "Dread Love" sind noch halbwegs 'allgemeinverträgliche' Kostproben der (auch musikalisch) erfolgreichen Kooperation mit Ex-Herman Brood-Gitarrist und Cosma Shiva-Vater Ferdinand Karmelk zu experimentellen "NunSexMonkRock"-Zeiten. Als zeitlich letzte (und wieder ziemlich punkige) Beiträge ertönen dann "Gott im Himmel (Spirit In The Sky)" und "My Way" durch Ninas "Universelles Radio".
So wirklich einig werde ich mir mit dieser Zusammenstellung nicht. Einerseits sind die ausgewählten Songs eine nette Zusammenstellung, die sich weitgehend am Stil der ersten Alben orientiert. Andererseits wird sie gerade dadurch der musikalischen Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit dieser Frau nicht mal im Ansatz gerecht. Warten wir noch ein bisschen ab. Im nächsten März wird Nina Hagen 60 Jahre alt und es müsste doch kein Wunder geschehn, wenn dann nicht irgendeine dicke fette Jubiläumsbox auftauchen würde, die dann auch die letzten 30 Jahre ihres Wirkens berücksichtigt.
Tracklist
01:TV-Glotzer (White Punks On Dope)
02:Superboy
03:African Reggae
04:Universelles Radio
05:Unbeschreiblich Weiblich
06:Smack Jack
07:Auf'm Bahnhof Zoo
08:Dread Love
09:Auf'm Rummel
10:New York, New York
11:Wir leben immer ... noch (Lucky Number)
12:The Change
13:My Way
14:Heiss
15:Gott im Himmel
16:Zarah (Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n)
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