Ein Engländer und ein Amerikaner, beide mit beträchtlichem musikalischen Hintergrund, machen zum ersten Mal gemeinsame Sache. Peter Hammill ( Van Der Graaf Generator) und Gary Lucas ( Jeff Buckley, Captain Beefheart) trafen sich bereits 1973 nach einem Solokonzert des Briten und 2005, als Gary Lucas bei einem Van Der Graaf Generator-Gig in der Royal Festival Hall war. Der Amerikaner hatte immer schon relativ starke anglophile musikalische Tendenzen. Ihn interessierten bereits als Teenager Syd Barrett von Pink Floyd, Kevin Coyne, Family, The Nice, The Move oder die Incredible String Band. 2012 war dann das Jahr, in dem die Kollaboration Realität wurde und wenn Peter Hammill in seinem Text zur CD schreibt: »We've ended up with somthing quite strange but strangely powerful. The music ranges from some kind of roots territory to the wildest of sound collages [...]«, dann darf man seiner Einschätzung, den passenden Albumtitel "Other World" eingeschlossen, voll und ganz beipflichten.
Was die beiden Protagonisten hier kreieren, ist einerseits relativ eingängige Musik, andererseits allerdings nur etwas für Spezialisten mit reichlich Erfahrungshorizont in Bezug auf extrem-experimentelle Klangkollagen. Leider kann man die Platte physisch nicht in die beiden erwähnten Teile trennen.
"Other World" kennt keine Grenzen.
"Other World" ist wie ein Messer mit einer zweischneidigen Klinge.
"Other World" beinhaltet auf der einen Seite so etwas wie Singer/Songwriter-Material mit erkennbaren Wurzeln zum Beispiel im Blues und auf der anderen Seite die freien Formen der Klangmalereien wie beispielsweise in "Reboot".
Da muss der Hörer schon aufgeschlossen sein wie ein Scheunentor, sonst wird man wohl nie Freundschaft mit der kompletten Scheibe schließen können. Im Kern gestalten die beiden Musiker ihre kreativen Abenteuer mit ihren Gitarren, ganz gleich ob es die Akustische oder Elektrische ist. Dazu kommen noch weitere elektronische Instrumente zur Verschärfung der Intensität.
Hört man sich "Black Ice" an, stellt man fest, dass die beiden bereits erwähnten musikalischen Stränge kollidieren. Was als, sagen wir mal, abgefahren-psychedelischer Blues beginnt, hat an verschiedenen Stellen derart extrovertierte Gitarreneskapaden, die das Arrangement vollkommen sprengen. Dann beginnt die Zwölftakter-Prozession wieder und abermals wird die Komposition zu so etwas wie einem Borderline-Stück. Aus meiner Sicht allerdings grandios.
Dagegen steht fest, dass bei dieser Musik eines nicht gewöhnungsbedürftig ist und das ist Peter Hammills Gesang.
Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. So ist es zum Beispiel mit "Reboot" und "The Kid". Letztgenannter Track ist feinster, akustischer Gitarrenzauber mit exzellentem Fingerpicking und einem Peter Hammill, der mit seiner Stimme Choräle aufleben lässt. Dieses Stück hat, ohne künstlich erzeugte Klänge, kathedralen Charakter. Wunderbar!
Gary Lucas und Peter Hammill assoziieren im großzügig bemessenen freien Raum und können auch psychedelische Traumschlösser vor dem geistigen Auge erbauen. Beim instrumentalen "Glass" ist das Øresund Space Collective dann nicht so weit entfernt von den Kreationen der beiden Künstler.
Über das mit messerscharfer Gitarre gespielte, heftig rotierende "Means To An End" trägt das etwas über siebenminütige Opus "Slippery Slope" "Other World" über die Schwelle hin zur Genialität. Dieses Album macht Musik zur außergewöhnlichen Kunst, die man heutzutage (leider) nicht mehr all zu oft geboten bekommt.
Line-up:
Peter Hammill (acoustic guitar, electric guitar, vocals, found sounds)
Gary Lucas (acoustic guitar, electric guitar, fx)
Tracklist |
01:Spinning Coins (2:54)
02:Some Kind Of Fracas (5:15)
03:Of Kith And Kin (5:30)
04:Cash (2:56)
05:Built From Scratch (4:26)
06:Attar Of Roses (4:19)
07:This Is Showbiz (3:05)
08:Reboot (6:56)
09:Black Ice (4:59)
10:The Kid (4:17)
11:Glass (3:27)
12:2 Views (3:07)
13:Means To An End (1:37)
14:Slippery Slope (7:03)
(all compositions by Peter Hammill/Gary Lucas)
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