An diesem Samstagabend stand der Bluesrock mal nicht im Vordergrund des Geschehens in der Bluesgarage. Heute gab die wohl größte Gitarrenlegende, die die Rockmusik je hervorgebracht hat, den Ton an. Sechsunddreißig Jahre nach seinem Tod am 18. September 1970 wurde mal wieder an die unsterbliche Musik von Jimi Hendrix erinnert. Der Mann, der durch seine wilden Bühnenshows mit unzähligen Rückkopplungseffekten, Verzerrungen und brennenden Gitarren, in den drei Jahren seiner Karriere fast zum Gott der Rockmusik aufstieg, hinterließ ein wirklich beachtliches Erbe an einmaligen Gitarrensounds.
Welchen Einfluss Jimi Hendrix bzw. seine Musik hinterließ, ist schon daran abzulesen, wie viele Bands inzwischen seine Songs bei ihren Sets covern. Selbst ganz junge Gitarristen, die zu Lebzeiten Jimis noch gar nicht geboren waren, zeigen sich beeindruckt von Songs wie "Little Wing", "Voodoo Chile", "Hey Joe" und wie sie alle heißen. Besonders gelungen war 1991 das ' Jimi Hendrix-Memorial Concert' im Kölner E-Werk, bei dem Uli Jon Roth auf den Spuren des Meisters wandelte und dabei voll überzeugen konnte.
Seit Jahren aber gibt es einen Mann, der nicht nur äußerlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Jimi hat, sondern auch seine Musik verinnerlicht, ja sie richtig auslebt. Randy Hansen, geboren 1954 und ganz in der Nähe von Hendrix aufgewachsen, ist inzwischen der perfekteste Gitarrist, um das Erbe von JH weiter in alle Welt zu tragen. Für mich persönlich war sein Konzert am heutigen Abend auch wieder eine Premiere, auf die ich sehr gespannt war. Henrys Bluesgarage war recht gut gefüllt. Mit dabei eine ganze Reihe von Leuten, die sich dieses Revival schon mehrere Male angetan haben, denn Randy Hansen gehört zu den regelmäßigen Gästen in Isernhagen und hat sich inzwischen ein Stammpublikum aufgebaut. Also höchste Zeit für RockTimes, sich den Mann mal live auf der Bühne anzusehen und darüber zu berichten.
Um es gleich mal vorweg zu nehmen; obwohl ich inzwischen schon viele sehr gute Konzerte miterlebt habe, und das Bluesgaragen-Publikum als wirklich begeisterungsfähig bekannt ist, war ich doch über diese Riesenstimmung sehr überrascht. Selbst nachdem Henry die Absage gemacht hatte, ließ der Applaus nicht nach und holte die Band noch einmal auf die Bühne zurück. Das ist wohl auch hier noch nicht all zu häufig vorgekommen, denn sogar der Chef quittierte den Beifall mit dem Kommentar »Null Chance...« - um dann verblüfft festzustellen, dass die Musiker schon wieder auf dem Weg nach vorne waren.
Aber nun zurück zum Konzert. Wie fast schon üblich bestand das Set aus zwei Teilen, wobei sich die Pause allerdings nur auf angenehme zwanzig Minuten hinzog. Was mir gleich auffiel, war die 'Größe' von Randy. Ich habe keine Ahnung wie viel Zentimeter Jimi Hendrix maß, aber sein Double war von weiter hinten sicherlich schwer zu erkennen. Und trotzdem überkam mich doch eine leichte Gänsehaut, als er mit schwarzem Schlapphut und Federbusch seine Gitarre schulterte. Ja, so könnte es vor knapp vierzig Jahren ausgesehen haben, als James Marshall Hendrix die diversen Bühnen betrat.
Und dieses Gefühl hielt während des ganzen Konzertes an. Die Bewegungen, die Stimme, die Musik - alles stimmte. Randy Hansen geht sogar
so weit, dass er als Rechtshänder eine Gitarre für Linkshänder spielt, um seinem großen Vorbild näher zu kommen, bei dem es ja bekanntlich genau andersrum war. Unwillkürlich gingen meine Gedanken in die Sechziger/Siebziger Jahre zurück, tauchten ein in den psychedelischen Nebel dieser Zeit, und das ganz ohne irgendwelche 'Hilfsmittel'! Volle Lotte ging es durch die Musikgeschichte, wobei im ersten Teil des Konzertes vorwiegend Songs der Jimi Hendrix Experience auf dem Programm standen. "Foxy Lady", "Manic Depression", "Fire" und "Are You Experienced" flogen nur so an mir vorüber. Und immer wieder diese Bewegungen - diese Körpersprache. Meine Foto-Linse kam nicht zur Ruhe.
Gar keine Frage, dass die Gitarre natürlich auch auf dem Rücken und mit den Zähnen gespielt werden musste, denn was wäre ein Konzert mit Hendrix-Musik ohne diese Showeinlagen. Ansonsten entwickelte Randy Hansen auf der Bühne ein ganz schönes Tempo. Ein ums andere Mal war er schneller als mein Auslöser der Kamera, und ich hatte einen möglichen Schnappschuss verpasst. Trotzdem behielt Randy immer eine gewisse Eigenständigkeit bei der Interpretation der Songs und baute eigene Soloeinlagen mit ein. Der Mann ist wirklich gut!
So ertönte im Mittelteil von "Voodoo Chile" eine längere Passage von "Eleanor Rigby", als hätte es nie eine andere Version gegeben. Auch "Purple Haze" begann mit einem ganz eigenen Intro, bevor es richtig zur Sache ging. Zu den stärksten Stücken gehörten für mich die beiden Dylan-Cover "All Along The Watchtower" und "Like A Rolling Stone", die mit einer unglaublichen Wucht herausgepowert wurden. Natürlich durfte auch "Star Spangled Banner" nicht fehlen, das aber nicht ins Uferlose ausgeweitet wurde. Schließlich verband Randy Hansen den Band Of Gypsys-Song "Freedom" noch dezent mit einem speziellen Gruß an George Bush. Tja, der Mann ist eben bei Jedem richtig beliebt.
Neben dem Hauptakteur sollen aber auch die beiden anderen Bandmitglieder nicht unerwähnt bleiben. So präsentierte sich Schlagzeuger Manni von Bohr (Ex- Birth Control, Ex- Alex Oriental Experience) in Höchstform. Nicht nur optisch wirkte sein Drumset mit den hochgezogenen Becken sehr ansprechend. Musikalisch lieferte er eine wirklich gute Leistung ab. Ich bezweifele mal, dass Mitch Mitchell diese Klasse erreicht hätte, aber das ist natürlich rein hypothetisch gemeint. Auch 'Ufo' Walter powerte aus vollen Leib, was das Zeug hielt. Er ist ja nun auch schon einige Jahre bei der Band und hat das Erbe von Horst Stachelhaus sehr erfolgreich übernommen.
Alles in allem war dieses Konzert ein wunderbarer Zeitsprung zurück in die Vergangenheit. Wenn es leider nicht mehr möglich ist, den Original-Jimi Hendrix auf der Bühne zu erleben, so halten Randy Hansen und seine Begleiter die Erinnerung auch heute noch wach, ohne als Coverband verschrien zu werden.
Psychedelic Impressions
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