Nachdem es zunächst in der 'Scheffetage' ausgiebig rotiert und dort für Begeisterung gesorgt hatte, landete das Doppel dann bei mir, der bislang wenig mit dem Desert-Rocker zu tun hatte. Der ausgeprägte rote Faden durch alle regulären Tracks ist die Gitarre von
Hopkins, eine pausenlos bis zum Anschlag aufgedrehte und dementsprechend verzerrte Gitarre, die zudem reichlich Feedback produziert. Daneben sind vor allem die den Beat betonenden Drums und die ausgiebig eingesetzten Harmony Vocals zur Lead-Stimme dominant. Die kreischende Gitarre erinnert schwer an
Mr. Angry beim Ausflippen. Schon eine seltsame Mischung, aber eindrucksvoll, wenn richtig laut aufgedreht wird. Dass die Frau des Hauses türknallend das Zimmer verlässt und die Katzen sich die Pfoten in die Ohren stopfen, muss man einfach ignorieren …
Es ist wohl einerseits von der allgemeinen Bereitschaft, sich solcher krachenden Mucke auszusetzen und anderseits auch von der momentanen Stimmung abhängig, wie man
Rich Hopkins und speziell dieses Album findet. Bei mir hat es etwas gedauert, bis ich da reinkam, es waren mehrere Anläufe erforderlich. Mit einem Plattenknistern aus der Vinyl-Ecke werden die Jahre weit zurückgedreht. "Dark Side Of The Spoon" - Klingel-Gitarre, verschleppter Gesang, psychedelischer Spätsechziger-Sound, flutscht gut ins Ohr. Mit "A Stone's Throw" folgt die erste Jam-Nummer und dann geht's erstmal so weiter in der Rock-Retrospektive. Auf sich ständig wiederholenden Grundrhythmen aus Schlagzeug, Bass und Gesang scheppern die Gitarren von Stück zu Stück. Aber irgendwann, so ab Nummer sechs, sieben baut sich langsam ein Groove auf, ein zäher Mahlstrom, der seine Wirkung nicht verfehlt. Da wird ein punkiges "Gloria"-Zitat (in "Strutter") eingestreut, "Alyeia Perez" qualmt borderlinemäßig aus allen Löchern und dann bläst der Desert-Sturm den Sand aus den Boxen, dass sich die winterliche Nachmittagssonne im Wohnzimmer verfinstert. "Friend Of The Shooter" heißt die über siebenminütige Monsternummer wieder in bester
Neil Young /
Crazy Horse-Manier. Danach eine endlose Gitarren-Feedback-Orgie, irgendwo zwischen
Hendrix,
Agitation Free und Luftschutzübung. Der Titeltrack kehrt ins gängige Songformat zurück und rollt schön durch die Bude. Ganz anders das sanfte Instrumental "Sweet Dreams, Lisa". Ein stimmungsvoller und für empfindlichere Ohren auch versöhnlicher Ausklang. Wer damit seinen Frieden gefunden hat, der sollte schnell ausschalten, sonst bekommt er nach einer (auf dem Display rückwärts gezählten) Minute noch mal eine akustische Störfeuer-Zugabe von viereinhalb Minuten auf die Löffel!
Rich Hopkins ist ein Rocker, dem die Lust auf Krach wohl nie vergeht. Dass er sich damit aber auch lautstark für sozial Benachteiligte einsetzt, sieht man, wenn man sich mit den Texten im Booklet und mit seiner Bio beschäftigt.
Die zweite CD ist wirklich reine Zugabe für Fans oder für den Hauptprotagonisten selbst. Rich Hopkins hat in den achtziger Jahren als Friedensaktivist in Paraguay gelebt und dort eine 'Familie' und Freunde, die er immer wieder besucht. Dabei wird auch Musik gemacht und öfters läuft ein Rekorder mit. Jedoch nicht nur akustische Lagerfeuerklampferei, die E-Gitarre samt Verstärker wird auch mit in den Wald geschleppt und losgejammt. Wir hören abwechselnd seine 'Familie', traditionelle Songs, Sounds aus dem nächtlichen Wald mit Zikaden und anderen Insekten, die rhythmisch lärmen und minutenlanges Jaulen aus übersteuerten Amps (z.B. das von der ersten Scheibe bekannte "Good Morning"). Das legt man als Außenstehender einmal ein und dann bleibt die Bonus-Scheibe im Köcher.
Das ganze Album wurde (wie fast immer bei Blue Rose) sehr wertig aufgemacht, dazu mit dem durchgestylten Artwork auch künstlerisch ansprechend.