Tom House / Winding Down The Road
Winding Down The Road Spielzeit: 45:16
Medium: CD
Label: Mud Records, 2012
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 27.08.2012


Markus Kerren
Tom House hängt der Ruf an, ein so genannter 'Songwriter's Songwriter' zu sein. Das sind meistens Leute, die selbst nicht groß herausgekommen sind (wie z. B. auch Spezialisten à la Guy Clark oder Townes Van Zandt), dafür aber massiven Einfluss auf viele andere Musiker hatten, die es dann geschafft haben. Auch der Poet House, der bisher ca. zwanzig Alben und hunderte von Gedichten veröffentlicht hat, genießt in den Vereinigten Staaten bisher lediglich einen gewissen Kultstatus. Der seit Mitte der Siebziger in Nashville ansässige Musiker legt nun mit "Winding Down The Road" sein brandneues Album vor, auf dem er elf spartanische Songperlen vereint hat.
Passend zum Titel kommt "Whiskey Sings Like Angels" mit einem mächtigen Gospel-Einschlag daher. Der Amerikaner hört sich hier dann auch tatsächlich so an, als würde er seinen eigenen Beerdigungs-Song zum Besten geben. Dabei schafft er es, sowohl Verzweiflung und Resignation als auch Hoffnung auszudrücken. Neben dem Gesang steht lediglich eine Gitarre an vorderster Front. Die weiteren Instrumente (wie etwa Bass und Schlagzeug) sind sehr weit in den Hintergrund gemixt und dienen lediglich zur Kreation der bedrohlich wie geradezu gespenstisch wirkenden Atmosphäre.
Auch "Someone's Digging In The Underground" sprüht nicht gerade vor Optimismus. Und dennoch haben diese Tracks eine starke Anziehungskraft, sie halten den Hörer durch eine seltsame Spannung bei der Stange. Regelrecht fröhlich dann im Vergleich "Pappy Closed The Book", wenn die Lyrics auch nicht unbedingt eine lange Lebenserwartung des besungenen Protagonisten vermuten lassen. Hier kommt u. a. auch die feine Blues-Harp von Marc Rochon zum Tragen. Aufgenommen wurde die Scheibe übrigens im kanadischen Lanark (Ontario) und Toms rechte Hand war dabei Brock Zeman, der nicht nur produziert, sondern auch noch verschiedene Instrumente übernommen hat.
Ebenfalls mit deutlich freundlicherer Aussage biegt der "Love Song" um die Ecke. Die Akustikgitarre agiert richtig flott und House hört sich von der Stilistik seines Gesanges hier ein wenig wie der junge Bob Dylan an. "Paradox With Suitcase" ist ein zu leiser, im Hintergrund laufender Musik rezitiertes Gedicht, an das sich dann umgehend "Jesse", wieder in Songform, anschließt. Nicht nur hier greift Tom House gerne auf traditionellen Folk zurück, was diese Songs teilweise wie aus einem anderen, längst vergangenen Jahrzehnt tönen lässt. Immer wieder werden Szenen im Leben von Einzelgängern heraufbeschworen, die sich abwechselnd hoffnungsvoll mit kühnen Plänen beschäftigen oder gerade vor dem großen, weiten Nichts stehen.
Erneut wie in einen Folksong aus den dreißiger oder vierziger Jahren fühlt man sich bei "Jericho" hineingezogen, was ganz alleine schon das Kopfkino des Hörers in Bewegung setzt. Diese Nummer kommt gar ganz ohne Instrumente über die Runden und wird lediglich von der starken Gesangsmelodie getragen. Der Titelsong beendet die Scheibe dann schließlich auf einer melancholischen Note. Ein weiteres Mal unterstützt sich House hier lediglich mit seiner Akustischen, bis gegen Ende dann doch noch die gesamte Band mit einstimmt. So karg die meisten Tracks auch instrumentiert wurden, man hört sie sich dennoch gerne an und macht sich so seine Gedanken über die (Un-) Wahrheit des großen amerikanischen Traums.
Das neue Album "Winding Down The Road" des mittlerweile 63-jährigen Tom House ist schon speziell, garantiert kein Radio-Futter und auch für den Freund der Singer/Songwriter-Musik nicht automatisch leicht zu genießen. Qualität, Intensität und Tiefe hat die Scheibe allemal, aber man muss sich darauf einlassen. Einfach nebenbei gehört wird einem diese Platte nicht viel geben, doch wenn man sich Zeit für sie nimmt, kann sie durchaus einen Gewinn für die heimische Sammlung darstellen. Reinhören vor dem Kauf würde sich also anbieten. Am besten in "Whiskey Sings Like Angels", "Postal Cards", "Pappy Closed The Book" oder "Winding Down The Road".
Line-up:
Tom House (vocals, acoustic guitars)
Brock Zeman (electric & acoustic guitars, electric & upright bass, piano, keyboards, harms & hollars)
Dylan Roberts (drums)
Blair Hogan (piano, organ, glock, mandolin, background vocals)
Greg Brown (fiddle)
Marc Rochon (harmonica)
Kelly Sloan (background vocals)
Tracklist
01:Whiskey Sings Like Angels
02:Someone's Digging In The Underground
03:Pappy Closed The Book
04:Postal Cards
05:Paradox With Suitcase
06:Jesse
07:Willie MacBroom
08:Love Song
09:Gradual Awakening
10:Jericho
11:Winding Down The Road
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